Das Bond-Rätsel prägt unverändert den europäischen Fondsmarkt

Netto-Investitionen in Aktienfonds gehen im März zurück, Risikobereitschaft bei Anleihen unverändert hoch. Der Morningstar Fondsabsatzbericht.

Ali Masarwah 30.04.2013
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Europas Fondsanleger befinden sich unverändert auf Renditejagd. Ungeachtet zwischenzeitlicher politischer Turbulenzen in Gestalt von unergiebigen Parlamentswahlen (in Italien im Februar) und der Enteignung von Sparern in der Euro-Peripherie (Zypern im März) erreichten die Netto-Neuinvestitionen in Publikumsfonds einen neuen Rekordwert im ersten Quartal.

Wie aus den Morningstar-Absatzdaten hervorgeht, wurden von Januar bis März 115,12 Milliarden Euro netto in Langfristanlagen investiert (Publikumsfonds ex Geldmarktfonds), mehr als je zuvor in einem Quartal gemessen wurde (unsere Absatzdaten reichen zurück bis ins Jahr 2007).

Grafik: Auf ein sehr gutes viertes Fonds-Quartal folgt ein hervorragendes erstes

 

Ein Blick auf die einzelnen Asset-Klassen zeigt ein aufschlussreiches Bild: Die oft prognostizierte „große Rotation“ von Anleihen hin zu Aktien lässt weiter auf sich warten. Die Zuflüsse in Aktienfonds gingen im März erneut gegenüber dem Vormonat zurück, sodass die sehr hohen Zuflüsse in Aktienfonds im Januar bisher eine Ausnahmeerscheinung darstellen. Im März flossen netto 4,17 Milliarden Euro in Aktienvehikel.

Unverändert hoch war dem gegenüber die Nachfrage nach Rentenfonds. Gut 15,13 Milliarden Euro flossen im März in Bond-Fonds, was für das erste Quartal eine klare Tendenz zutage fördert: 46,27 Milliarden Euro gingen netto Rentenfonds zu, 30,22 Milliarden wurden in Aktienfonds investiert. Vervollständigt wird das Triumvirat mit Mischfonds: Aktien-Renten-Fonds sammelten netto 27,38 Milliarden Euro im ersten Quartal ein, was ebenfalls ein Rekordwert für diese Fondsgruppe darstellt.

Alle anderen Langfrist-Anlageklassen mit der Ausnahme von Rohstofffonds sahen Netto-Zuflüsse im ersten Quartal. Geldmarktfonds litten indes unter Abflüssen. "Risk on", lautet also das Motto in diesem Jahr.

Tabelle: Die Geldflussbilanz nach Asset-Klassen

Ein Blick auf die Fondskategorien mit den höchsten Zu- und Abflüssen zeigt, dass US-Hochzinsfonds im März ein Come-back feierten. Sie verbuchten Nettozuflüsse in Höhe von 1,6 Milliarden Euro. Die Risikobereitschaft der Bond-Anlager wird auch durch die hohen Zuflüsse in andere Hochzinskategorien illustriert, wie aus der unteren Tabelle hervorgeht.

Seid umschlungen, Neuemissionen!

Die Renditen befinden sich auf einem extrem niedrigen Niveau, und insbesondere in den USA nutzen viele Firmen den Gunst der Stunde und refinanzieren sich zu sehr günstigen Konditionen. Apple beispielsweise hat angekündigt, erstmals seit 17 Jahren wieder eine Anleihe zu begeben, um ein Aktien-Rückkaufprogramm zu stemmen. Zur Erinnerung: Apple ist derzeit schuldenfrei und sitzt auf einem Cash-Berg von gut 140 Milliarden US-Dollar! Auch wenn die Konditionen der Apple-Emission derzeit noch nicht feststehen, dürften angesichts des guten Aktien-Ratings (Morningstar bewertet die Apple-Aktie mit "AA-") die Zinsen mikrig ausfallen. Apropos mikrige Zinsen: Viele Fondsmanager richten ihre Bond-Portfolios angesichts der wenig auskömmlichen Renditen zunehmend auf niedrigere Rating-Stufen aus und verlängern auch die Duration: die Risiken auf der Bond-Seite dürften auf Sicht weiter steigen!  

Doch der Bond-Boom verlief im März nicht linear, bei einigen Anleihekategorien hielten sich Anleger zurück. So war die Nachfrage nach Schwellenländer-Anleihen im März etwas gedämpft. Fonds für globale Schwellenländeranleihen in Hartwährungen (vorwiegend US-Dollar-Anleihen) sahen lediglich Zuflüsse von 922 Millionen Euro im März, Fonds für lokale Schwellenländerwährungen fielen deutlicher zurück und waren mit Zuflüssen von 606 Millionen Euro im März nicht unter den Top 15 Kategorien vertreten, die weiter unten tabellarisch aufgeführt sind.

Tabelle: Die Fondskategorien mit den höchsten Zuflüssen im März

Auf der Aktienseite sank die Nachfrage nach Fonds für globale Schwellenländerfonds im März auf den niedrigsten Stand seit August 2012. Wurden im Januar noch Rekordzuflüsse von 4,57 Milliarden bei Emerging Markets Aktienfonds gesehen, waren es im März nur noch 987 Millionen Euro. Dass der Risikoappetit der Anleger auf der Aktienseite derzeit gedämpft erscheint, illustrieren auch die hohen Geldabflüsse aus Eurozonen-Aktienfonds im März. Deutete sich im Januar noch eine Erholung an, musste diese Kategorie im März wieder hohe Abflüsse in Höhe von 717 Millionen Euro hinnehmen, sodass die Nettovertriebsbilanz für diese Fondskategorie in den vergangenen 12 Monaten unverändert tiefrot bleibt.

Hohe Abflüsse mussten im März auch diversifizierte Bond-Fonds sowie Fonds für britische Standardwerte hinnehmen.

Tabelle: Welche Fondskategorien im März überwiegend verkauft wurden

Mit Blick auf die Vertriebsbilanz auf Einzelfondsebene lassen sich etliche Kontinuitätslinien feststellen: Der Templeton Global Total Return sowie der Templeton Global Bond – letzterer ist Europas größter Wertpapierpublikumsfonds mit einem Vermögen von knapp 37 Milliarden Euro – sahen erneut hohe Zuflüsse im März. Die beiden von Michael Hasenstab verwalteten Fonds hatten im Jahr 2011 unter einer Schwächephase zu leiden, was Anleger mit Zurückhaltung im vergangenen Jahr quittierten. Weil sich die Performance der Fonds aber seit 2012 verbessert hat, überschütten Anleger diese Fonds im laufenden Jahr wieder mit Geld - ein Beispiel für die gleichermaßen gängige wie bedauerliche Praxis von Anlegern, der Vergangenheits-Performance hinterherzujagen!

Im Gegensatz dazu musste der von Bill Gross verantwortete PIMCO GIS Total Return Bond Fund im März erneut hohe Abflüsse hinnehmen, ebenso wie der PIMCO GIS Global Investment Grade Credit. Die beiden größten Fonds der Allianz-Tochter in Europa mussten auch über das gesamte erste Quartal hohe Abflüsse hinnehmen.

Erneut gefragt waren die Mischfonds JPMorgan Asia Pacific Income und der M&G Optimal Income Fund. Beide Fonds dominieren ihre jeweiligen Kategorien Mischfonds Asien und Mischfonds EUR konservativ mit Blick auf das verwaltete Vermögen. Es sind also vor allem die großen Tanker, die in der Gunst der Anleger weit vorne stehen.

Tabelle: Welche Fonds im ersten Quartal im Vertrieb glänzten

Tabelle: Die Fonds im ersten Quartal mit den höchsten Abflüssen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich