Schafft Grossbritannien den Turnaround?

Großbritannien hinkt den anderen Industriestaaten weiter hinterher. Doch es gibt zunehmend Grund zur Hoffnung auf Erholung der Wirtschaft. Wer mit ETFs einsteigen will, sollte auch auf die Kosten schauen. Der Morningstar ETF-Spread-Bericht.

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Unter den großen Industrieländern hat Großbritannien mit den Folgen der Finanzkrise am schwersten zu kämpfen. Die Wirtschaftsleistung liegt immer noch 2,6% unter dem Höchstwert von vor der Krise. Nur Italien ist mit 8,6% noch schlechter. Zum Vergleich, Deutschland liegt bereits 1,3% über dem Höchstwert, die USA sogar um 3,2%. Dennoch macht das Königreich langsam aber sicher Fortschritte. Die letzten Wirtschaftsdaten lagen meist über den Erwartungen, und auch der Arbeitsmarkt erholt sich langsam.

Die Arbeitsmarktdaten vom Mittwoch zeigten 8,000 weniger neue Arbeitslosenanträge, 29,8 Millionen Jobs und immer mehr offene Stellen. Auch der Einkaufsmanagerindex für den Monat Mai ist über der kritischen Grenze von 50, und die Royal Bank of Scotland erwartet ein Wirtschaftswachstum von 0,5% im zweiten Quartal. Dennoch, die Inflation liegt bei 2,4% und ist damit immer noch sehr hoch. Das Realeinkommen ist laut dem Wall Street Journal in den letzten fünf Jahren um 7% gefallen. Die britische Regierung hat also alle Hände voll zu tun, um der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.

Der Aktienmarkt wird zwar weiterhin mit einem Abschlag zum Euro Stoxx 50 Index gehandelt, in letzter Zeit verringert sich jedoch dieser – bei der Bewertung bleibt also noch etwas Luft nach oben. Wenn Sie bei der „Aufholjagd“ teilnehmen wollen, sollten Sie auch die Spreads im Auge behalten, um die Rendite zu maximieren.

Zum Hintergrund: Die Management-Gebühren sind bei den ETF-Kosten das Eine. Das andere sind die Gebühren, die beim An- und Verkauf anfallen, die Spreads. Gerade in illiquiden Märkten fallen häufig relativ hohe Kosten an. Wir haben schon häufiger darauf hingewiesen, dass Anleger neben der Management-Gebühr diese häufig übersehene Kostenkomponente beachten sollten (lesen Sie hier mehr).

Die ETF-Auswahl auf britische Aktienindizes ist mit 21 Produkten groß. Die Auswahl der Indizes ist bei den ETF-Anbietern jedoch etwas beschränkt. Investoren können bei Standardwerten zwischen dem FTSE 100, dem FTSE All-Share und dem MSCI UK Index auswählen. Wie der Name bereits verrät, deckt der FTSE 100 Index die 100 größten Standardwerte in Großbritannien ab und repräsentiert ca. 85% der dortigen Marktkapitalisierung. Der MSCI UK Index deckt mit 106 Unternehmen einen vergleichbaren Teil des Marktes ab. Der FTSE All-Share Index deckt hingegen alle Aktien ab, die an der London Stock Exchange gelistet sind und repräsentiert 98%-99% der Marktkapitalisierung. Derzeit besteht der Index aus 599 Unternehmen.

(Hier finden Sie die Tabelle der ETFs auf britische Standardwerte)

In den 30 Handelstagen vom 29. April bis 12. Juni weist der iShares FTSE 100 (IE) mit 4 Basispunkten den mit Abstand engsten Spread auf. Zudem ist der iShares ETF €1,2 Milliarden größer als alle anderen 20 Produkte zusammen – eine Hausnummer. Mit einem Spread von bereits 11 Basispunkten folgt der Lyxor ETF FTSE 100 auf dem zweiten Platz, dicht gefolgt vom HSBC FTSE 100 ETF mit 12 Basispunkten.

Danach geht es dann sukzessive weiter auseinander, bis zum Lyxor ETF FTSE All Share mit einem Spread von 130 Basispunkte. Zum einen liegt der Unterschied sicherlich darin, dass der Referenzwert 6 Mal so viele Aktien beinhaltet wie der FTSE 100 Index, dies kann aber nicht der einzige Grund sein. Der günstigste ETF auf den FTSE All Shares stammt von db X-trackers mit einem Spread von 15 Basispunkten. Damit ist dieser immer noch günstiger ist als viele andere Produkte auf den FTSE 100 Index.

Beim iShares-Produkt sieht man einmal mehr, dass das Domizil einen Unterschied machen kann. Im konkreten Fall ist der irische ETF mit 4 Basispunkten wesentlich günstiger als der in Deutschland ansässige mit einem Spread von 42 Basispunkten. Dies kann sicherlich auch durch die Größe erklärt werden, da der hiesige ETF nur ca. 2,5% des verwalteten Vermögens im Vergleich zum ETF aus Irland hält. Auch bei den Management-Gebühren gibt es einen großen Unterschied. Investoren sollten aber trotz den Kosten nicht die Steuern vernachlässigen. Die Steuererklärung für den in Deutschland ansässige ETF kann unter Umständen einfacher sein (Zu Steuerfragen kontaktieren Sie aber immer den Fachmann).

Aber auch die Management-Gebühren sollten Investoren bei der Kostenanalyse nicht vernachlässigen. Der irische iShares ETF hat zwar den engsten Spread, ist aber mit 40 Basispunkten Management-Gebühren eines der teuersten Produkte. Bei einer angenommenen Haltedauer von einem Jahr (und konstanten Spreads), ist der Vanguard FTSE 100 ETF mit 23 Basispunkten (13 Basispunkte Spread + 10 Basispunkte Management-Gebühren) mit Abstand am günstigsten. Zum Vergleich: der iShares ETF ist mit 44 Basispunkten fast doppelt so teuer. Wie immer gilt: je länger der Anlagezeitraum, desto wichtiger werden die Management-Gebühren. Je kürzer die Haltedauer, desto mehr sollten Sie den Spreads Gewicht beimessen.

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Über den Autor

Gordon Rose, CIIA, CAIA,

Gordon Rose, CIIA, CAIA,  war von 2011 bis 2014 Fondsanalyst bei Morningstar.