Mehr Anleihen für weniger Risiko im Portfolio?

Risk Parity: Alle reden darüber, aber wer versteht, wie dieser Mechanismus wirklich funktioniert? Wir haben uns das Prinzip der Risiko-Parität im Detail angeschaut und analysiert, ob und wie es Portfolios gegen Marktschwankungen schützen kann.

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Im ersten Teil unserer Serie zu Risiko-Management-Strategien haben wir die von Finanzkrisen verheerenden Auswirkungen auf ein Investmentportfolio geschildert. Heute schauen wir uns die Risk-Parity-Strategie im Detail an und analysieren, ob und wie diese Ihr Portfolio gegen Marktschwankungen schützen kann.

Es gibt einige Ansätze, die Investoren verwenden können, um ihr Vermögen gegen Tail-Risk-Events abzusichern. Bei vielen Strategien müssen Investoren jedoch im Vorfeld festlegen, wie viel Geld sie über einen bestimmten Zeitraum bereit sind zu verlieren. Außerdem sind einige dieser Ansätze mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden und somit nicht für jeden Investor praktikabel.

Die einfachste Möglichkeit zum Schutz des Portfolios ist der Kauf von Put-Optionen. Der Vorteil ist, dass man sich im Vorfeld über die Kosten und den maximal möglichen Verlust im Klaren ist – Investoren haben bei ihrer Anlagestrategie also Planungssicherheit. Es gibt jedoch auch eine Reihe von Nachteilen, die zu berücksichtigen sind. Zum einen sind Optionen sehr teuer, vor allem in volatilen Märkten. Denn je höher die Volatilität, desto teurer eine Option. Mehr zum Thema Optionen können Sie in dem Artikel „Innovative ETPs: Lyxor ETF Euro Stoxx 50 BuyWrite“ nachlesen. Investoren können jedoch die Gebühren reduzieren, indem sie gleichzeitig eine Call-Option über dem derzeitigen Portfoliowert verkaufen.

Anleger sollten sich aber im Klaren sein, dass sie dadurch auch einen Teil Ihrer Performance nach oben aufgeben. Außerdem sind Optionen nicht unendlich lange einsetzbar; sprich, jede Option hat nur eine kurze – normalerweise maximal 12 Monate – Laufzeit wonach die Option entweder ausläuft, gezogen wird und/oder eine neue Option gekauft werden muss. Schließlich sind Optionen für Privatinvestoren nur schwer zugänglich, da die meisten keine Termingeschäftsfähigkeit haben dürften. Solche Versicherungen funktionieren daher meist nur kurzfristig während Finanzkrisen, langfristig schmälern die Kosten jedoch die Portfoliorendite. Da langfristig die Kurse aufwärts streben, verliert man über die lange Sicht mit derartigen Absicherungsstrategien Geld – abhängig davon, ob man „long“ oder „short“ eine Put- oder Call-Option ist.

Es gibt aber eine Reihe an anderen Möglichkeiten, ein Portfolio gegen Tail-Risk abzusichern. Einfache und kostengünstige Strategien können am Besten in der Portfoliostruktur selbst implementiert werden.

Risk-Parity als Portfolioschutz

In Bezug auf Tail-Risks sollten Investoren das Thema Diversifikation neu überdenken. Wie die Finanzkrise jüngst gezeigt hat, kann die Korrelation zwischen den einzelnen Anlageklassen während Krisen steigen. Daher stellt sich die Frage, ob eine Diversifikation über das Risiko eher angebracht ist als über die Anlageklassen. Bei einem klassischen 60/40 Aktien-Renten-Portfolio ist der Aktienanteil für 80%-90% des Gesamtrisikos verantwortlich  – Diversifikation schaut anders aus. Ein Portfolio kann also so strukturiert werden, dass jede Anlageklasse das gleiche Risiko zum Gesamtrisiko des Portfolios beiträgt.

Basierend auf dem Risk-Parity-Prinzip habe ich hierzu ein Beispielportfolio konstruiert. Ausgehend von der Volatilität habe ich Aktien (MSCI World Index) und Anleihen (Barclays Global Aggregate Index) so gewichtet, dass jede Anlageklasse dasselbe Risiko zum Portfolio beisteuert. Die Gewichtung wurde jährlich, basierend auf den vergangenen 52 Wochen, überprüft und gegebenenfalls angepasst. Dieser Ansatz kann sicherlich optimiert werden, indem man zum Beispiel die Volatilität der letzten Wochen mehr Gewichtung beimisst als der Volatilität von vor 52 Wochen. Dieses Portfolio soll aber lediglich als einfaches Beispiel dienen und nicht als optimale Lösung – die es - beiläufig gesagt - sowieso nicht gibt.

Nachstehende Graphik vergleicht unser Risk-Parity-Portfolio mit einem klassischen 60/40 Portfolio, dass jährlich in seine Ausgangsgewichtung umgeschichtet wird. Seit 1991 konnte das Risk-Parity-Portfolio nicht nur eine bessere Rendite erwirtschaften, sondern erzielte diese zudem mit einer geringeren Volatilität.

Dieser Ansatz zeigt seine Stärken insbesondere über mehrere Marktzyklen. Investoren sollten die Strategie jedoch genau verstehen, bevor sie implementiert wird. Die Outperformance des Risk-Parity-Portfolios wird nicht durch Magie erzielt, vielmehr werden die Abwärtsbewegungen in Bärenmärkten nicht so stark mitgenommen, da die Aktienquote meist geringer ist als bei einem 60/40 Portfolio.  Dies hat aber zur Folge, dass die Strategie bei starken Aufwärtsbewegungen dem Markt hinterher hinkt. Die nächste Graphik verdeutlicht diesen Zusammenhang noch besser. Im Endeffekt handelt es sich bei unserem Risk-Parity-Ansatz um eine Low-Beta-Strategie – bezogen auf das 60/40 Referenzportfolio – und ist daher als langfristige Investmentstrategie über mehrere Marktzyklen am besten geeignet.

Der Risk-Parity-Ansatz schützt ihr Portfolio jedoch nicht gegen jegliche Verluste. In den letzten Wochen haben zum Beispiel Aktien und Anleihen deutliche Verluste eingefahren, was letztendlich auch Risk-Parity-Strategien teuer zu stehen gekommen sind; insbesondere bei Risk-Parity-Fonds, die ihrer Strategie noch einen Hebel aufgesetzte haben. Sobald die US-Zentralbank ihre Anleihenkäufe zurück fährt, werden zudem auch Treasuries an Boden verlieren. Dies kann sich kurzfristig negativ auf die Rendite einer solchen Strategie auswirken. Wie eingangs erwähnt, ist diese Strategie jedoch langfristig ausgelegt, und Investoren sollten sich von kurzfristigen Volatilitäten nicht beirren lassen. Generell kann dieser Ansatz auch über mehrere Anlageklasse aufgesetzte werden und ist nicht auf Aktien und Anleihen beschränkt.

Im nächsten Teil unserer Serie, analysieren wir ein Portfolio, dass anhand einer Ziel-Volatilität konstruiert und gemanagt wird; sprich, hinter diesem Ansatz steht die Prämisse, dass die Asset-Allokation so gewählt wird, dass die Volatilität konstant bleibt. Es handelt sich hierbei also um einen ähnlichen Ansatz – die Tücke liegt aber im Detail.

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Über den Autor

Gordon Rose, CIIA, CAIA,

Gordon Rose, CIIA, CAIA,  war von 2011 bis 2014 Fondsanalyst bei Morningstar.