Risk-Parity: Was ist dran an der Risikokontrolle?

Das Portfolio anhand der Volatilität seiner Bestandteile zu strukturieren, soll das Risiko reduzieren. Grund genug, uns ETFs anzuschauen, die auf Risk-Parity-Strategien basieren. Unser wöchentlicher Bericht über Indizes, ETFs - und ihre Kosten.

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Nach der Finanzkrise und der Pleite von Lehman Brothers wurden so genannten Tail Risks – das hohe Risiko, das unvorhersehbare Ereignisse mit sich bringt – von Investoren in ein ganz anderes Licht gerückt. Nicht antizipierbare Risiken haben in der Portfoliokonstruktion einen immer höheren Stellenwert bekommen.

Es gibt einige Ansätze, die Investoren verwenden können, um ihr Vermögen gegen solche Tail-Risk-Events abzusichern. Bei vielen Strategien müssen Investoren jedoch im Vorfeld festlegen, wie viel Geld sie über einen bestimmten Zeitraum bereit sind zu verlieren. Außerdem sind einige dieser Ansätze mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden und somit nicht für jeden Investor praktikabel. In Bezug auf Tail-Risks sollten Investoren daher das Thema Diversifikation neu überdenken.

Neue Überlegungen zu gemischten Portfolios

Wie die Finanzkrise jüngst gezeigt hat, kann die Korrelation zwischen den einzelnen Anlageklassen während Krisen steigen. Daher stellt sich die Frage, ob eine Diversifikation über das Risiko eher angebracht ist als über die Anlageklassen. Bei einem klassischen 60/40 Aktien-Renten-Portfolio ist der Aktienanteil für ca. 90% des Gesamtrisikos verantwortlich  – Diversifikation schaut anders aus. Ein Portfolio kann also so strukturiert werden, dass jede Anlageklasse das gleiche Risiko zum Gesamtrisiko des Portfolios beiträgt.

Dieser sogenannte Risk-Parity-Ansatz zeigt seine Stärken insbesondere über mehrere Marktzyklen. Investoren sollten die Strategie jedoch genau verstehen, bevor sie implementiert wird. Die Outperformance von Risk-Parity-Strategien werden nicht durch Magie erzielt, vielmehr werden die Abwärtsbewegungen in Bärenmärkten nicht so stark mitgenommen, da die Aktienquote meist niedriger ist als bei einem 60/40 Portfolio.  Dies hat aber zur Folge, dass die Strategie bei starken Aufwärtsbewegungen dem Markt hinterher hinkt. Im Endeffekt handelt es sich bei unserem Risk-Parity-Ansatz um eine Low-Beta-Strategie – bezogen auf ein 60/40 Portfolio – und ist daher als langfristige Investmentstrategie über mehrere Marktzyklen am besten geeignet.

Neue Risikoansätze sind keine Wunderkinder

Der Risk-Parity-Ansatz schützt ihr Portfolio jedoch nicht gegen jedwede Verluste. Im Mai/Juni diesen Jahres haben zum Beispiel Aktien und Anleihen gleichermaßen deutliche Verluste eingefahren, was den meisten Risk-Parity-Strategien teuer zu stehen gekommen ist – insbesondere Risk-Parity-Fonds, die ihrer Strategie einen Hebel aufgesetzte haben, verzeichneten teilweise zweistellige Einbußen. Das könnte sich durchaus wiederholen. Sobald die US-Zentralbank ihre Anleihenkäufe zurück fährt, können Treasuries erneut an Boden verlieren. Dies würde sich negativ auf die Rendite einer solchen Strategie auswirken. Wie eingangs erwähnt, ist diese Strategie jedoch langfristig ausgelegt, und Investoren sollten sich von kurzfristigen Volatilitäten nicht beirren lassen. Generell kann dieser Ansatz auch über mehrere Anlageklassen aufgesetzte werden und ist nicht auf Aktien und Anleihen beschränkt. Mehr zum Thema Risk-Parity-Ansätze finden Sie hier.

In den letzten 1-2 Jahren sind auch ETF Anbieter zunehmend auf den Zug aufgesprungen und haben Risk-Parity-Ansätze in entsprechende Indexprodukte gegossen. Auf der diesjährigen Morningstar Investment Konferenz war das interessanterweise nicht unumstritten. Einige Verfechter aktiv verwalteter quantitativer Strategien haben vielmehr für komplexere Ansätze plädiert, in denen Risk Parity im Zuge prognosebasierter Strategien Einsatz zum Einsatz kommt. In ihrer reinen Form sind Risk-Parity-Strategien prognosefrei. Das heißt, dass sie nicht darauf geeicht sind, rechtzeitig auf mögliche Korrekturen am Rentenmarkt zu reagieren.

Auf unseren Diskussionen mit den Experten spielte auch die Frage nach dem Leverage eine wichtige Rolle. Verkürzt gesagt können Asset-Klassen mit einer niedrigen Volatilität mit dem Einsatz von Derivaten gehebelt werden, um die Performance zu steigern. Das kann jedoch erhöhte Risiken mit sich bringen, wie die Verluste vieler Risk-Parity-Strategien im Mai und Juni gezeigt haben. 

ETFs auf Aktienindizes dominieren

Insgesamt gibt es in Deutschland nur wenige ETFs, die ein Portfolio anhand des Risikos gewichten. Zudem ist ein „Apfel-mit-Apfel“-Vergleich schwierig, da jedes Produkt einen anderen Ansatz verfolgt bzw. einen anderen Referenzwert abbildet.

Kommen wir nun zu den Produkten am Markt, die in der unteren Tabelle abgebildet sind. Die beiden ETFs von Lyxor nehmen alle Bestandteile des jeweiligen Indexes, sprich den MSCI World Index bzw. den EURO STOXX 50 Index, als Grundgesamtheit und gewichten die einzelnen Aktien derart, dass jede Aktien das gleiche Risiko zum Portfolio beisteuert. Auch der UBS ETFs plc MSCI ACWI Risk Weighted verfolgt diesen Ansatz, hat jedoch den MSCI All Country Index, der neben dem MSCI World Index auch Schwellenländer berücksichtigt, als Ausgangsindex.

Tablle: Ein Überblick über die Risk-Parity-ETFs am Markt

Etwas anders ist der UBS ETF MAP Balanced 7 konzipiert. Im Gegensatz zu den oben genannten ETFs, bildet dieser nicht nur Aktien ab, sondern zusätzlich Rohstoffe und Anleihen, die so gewichtet werden, dass jede Anlageklasse dasselbe Risiko zum Gesamtportfolio beisteuert. Zudem strebt der Fonds eine jährliche Volatilität von 7% an.

Diversifizierte Ansätze hatten es in diesem Jahr schwer

Schaut man sich die Performance an, so wird schnell klar, dass Aktien ein besonders gutes Jahr hatten. Der Multi-Asset-Ansatz von UBS ist mit Rohstoffen und Anleihen im Portfolio am schlechtesten gelaufen. Erschwerend kommt hier noch hinzu, dass dieses Produkt erst im Juni dieses Jahres auf den Markt gebracht wurde und damit einen sehr kurzen Track-Record aufweist. Der MSCI ACWI hat wiederum unter der schwachen Performance der Schwellenländer gelitten.

Beim Risiko-Rendite-Profil gibt es hingegen ein gemischtes Bild. Der Lyxor ETF MSCI World Risk Weighted hat den MSCI World in den letzten 12 Monaten leicht underperformt, jedoch mit einer höheren Volatilität und hat damit das Ziel einer Risikoreduzierung verfehlt. Beim zweiten Produkt des französischen ETF-Anbieters ging die Strategie hingegen auf. Der Euro Stoxx 50 Index wurde geschlagen, und gleichzeitig lag die Volatilität unter der des Referenzwertes.

Der UBS ETFs plc MSCI ACWI Risk Weighted hat hingegen mit 6% den Referenzwert dieses Jahr massiv underperformt – und dies bei höherer Volatilität.

Generell sollte jedoch beachtet werden, dass der betrachtete Zeitraum lediglich 12 Monate beträgt und die Ergebnisse sollten daher mit Vorsicht betrachtet werden. Ein Aussagekräftiges Rendite-Profil vom Multi-Asset-ETF der UBS ist auf Grund der extrem kurzen Live-Performance von 5 Monaten nicht gegeben.

Kommen wir nun zu den Kosten. Bei ETFs fallen vielfältige Gebühren an. Die Management-Gebühren sind dabei das eine. Das andere sind die Gebühren, die beim An- und Verkauf anfallen, die Spreads. Wir haben schon häufiger darauf hingewiesen, dass Anleger neben der Management-Gebühr diese oft übersehene Kostenkomponente beachten sollten (lesen Sie hier mehr).  Neben den wichtigsten Kennzahlen der ETFs am Markt enthält unsere Tabelle auch eine Aufschlüsselung der Kostenkomponenten.

In den 30 Handelstagen vom 17. Oktober bis zum 27. November weist der Lyxor ETF Smart IX Euro iStoxx 50 Equal Risk mit 26 Basispunkten den engsten Spread auf. Dies dürfte angesichts des kleinen Referenzwertes von lediglich 50 Unternehmen wenig verwunderlich sein. Der extrem hohe Spread beim Multi-Asset-ETF von UBS kann teilweise dadurch erklärt werden, dass dieses Produkt mehrere Assetklassen abbildet und dadurch das Hedging teurer wird. Zudem handelt es sich hierbei um die Anteilsklasse für Privatinvestoren, die an der Börse kaum gehandelt wird.

Bei den Management-Gebühren liegen die Lyxor-Produkte nur unwesentlich über Plain-Vanilla-Produkten auf Standardindizes.  UBS drängt hingegen bei seinem MSCI ACWI-ETF mit 1,10% bereits in Regionen der  aktiven Fondsmanager vor und ist damit als ETF extrem teuer. Selbst der etwas komplexere Multi-Asset-ETF ist mit 75 Basispunkten um einiges günstiger.

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Über den Autor

Gordon Rose, CIIA, CAIA,

Gordon Rose, CIIA, CAIA,  war von 2011 bis 2014 Fondsanalyst bei Morningstar.