„Grosse Rotation“ von Obligationen zu Aktien? In Europa eher nicht

Absatzbilanz der europäischen Fondsbranche 2013 zeigt hohe Nachfrage nach Mischfonds. Aktienfonds zum Jahresende beliebter - wie auch Hochzinsfonds.

Ali Masarwah 04.02.2014
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Fondsanleger in Europa nehmen eine Sonderstellung ein, wenn man das Verhalten von Investoren in den globalen Kontext setzt. Während bei Publikumsfonds weltweit eine substanzielle Umschichtung von Bond- zu Aktienfonds 2013 zu konstatieren ist, halten sich Privatanleger in Europa noch bedeckt. Das geht aus der sehr hohen Nachfrage nach Mischfonds hervor, die in diesem Umfang weltweit einmalig ist. Man will sich auf dem Alten Kontinent offenbar nicht auf eine Asset-Klasse festlegen.

Kommen wir zunächst zum großen Überblick. Wie unsere Absatzschätzungen der Mittelflüsse in europaweit domizilierte Anlagefonds zutage fördern, verbuchten Mischfonds 2013 mit Zuflüssen von 94,65 Milliarden Euro den höchsten Nettoabsatz unter den großen Fondskategorien. Es folgten Aktienfonds mit einer Nettovertriebsbilanz von 80,52 Milliarden Euro und Obligationenfonds mit einem Zufluss von netto 61,44 Milliarden Euro. Alternative Fonds konnten ebenfalls substanzielle Zuflüsse verbuchen, wie auch Wandelanleihefonds. Unter den Langfristanlagen mussten nur Rohstoffprodukte Nettoabflüsse verkraften, wie aus der unteren Tabelle hervorgeht.

Geldmarktfonds mussten indes – im aktuellen Niedrigzinsumfeld wenig überraschend – Abflüsse in Höhe von 65,26 Milliarden Euro an Abflüssen hinnehmen.

Unter dem Strich verbuchten 2013 langfristig orientierte Publikumsfonds (ex Geldmarktfonds und ex ETFs) mit Domizil Europa Nettomittelzuflüsse von 275,91 Milliarden Euro. Das ist das höchste, jemals in einem Jahr gemessene Niveau. Zugleich erreichte das in Publikumsfonds verwaltete Vermögen mit der Marke von 4,91 Billiarden Euro nach 4,33 Billiarden per Ende 2012 ebenfalls einen neuen Höchststand.

Tabelle: Mittelflüsse in aktiv verwaltete Fonds 2013: Mischfonds liegen vorne

 

Spiegelbildlich dazu hatten ETFs in Europa ein schwaches Jahr. Die in Europa aufgelegten ETFs und ETCs verbuchten 2013 gerade einmal 10,49 Milliarden Euro an Nettomittelzuflüssen, weniger als die Hälfte des Vorjahresniveaus. Berücksichtigt man die Abflüsse aus Geldmarktfonds brachten es ETFs und ETCs auf einen Nettoabsatz von 12,42 Milliarden Euro. Doch egal, ob man Geldmarkt-ETFs einrechnet oder nicht: Die vermeintliche Wachstumsbranche sah 2013 noch weniger Nettoneugeschäft als im schwachen Jahr 2011. Dies geht auf die hohen Abflüsse aus Rohstoff-ETFs und ETCs wie auch auf die geringen Wachstumsraten bei Aktien-ETFs zurück.

Blickt man auf die großen Trends des abgelaufenen Jahres, dann sticht die Zweiteilung des Fondsjahres 2013 hervor. Eine Wegscheide markierte die erste Ankündigung der US-Notenbank Ende Mai, das Anleihekaufprogramm QE3 zurückschrauben zu wollen. Hiernach stiegen die US-Anleihezinsen, und die Aktienmärkte erlebten einen Dämpfer.

Dieser Bruch lässt sich auch für den europäischen Fondsmarkt ablesen. Standen Schwellenländer-Investments - vor allem Emerging Markets Bonds für lokale Währungen – bei Anlegern zu Jahresanfang hoch im Kurs, brach die Nachfrage generell nach Fonds für Schwellenländer-Investments nach Beginn der sogenannten Tapering-Debatte in den USA regelrecht ein. Auch globale Rentenfonds, die üblicherweise eine mehr oder weniger große Allokation in Schwellenländern aufweisen sowie Fonds für US-Anleihen wurden auf breiter Front ab Juni 2013 verkauft. 

Die Motivation dürfte bei Anlegern die gleiche gewesen sein: steigende Zinsen sind Gift gleichermaßen für die Kurse bereits emittierter Bonds, und Schwellenländer-Aktien, -Bonds und -Währungen werden unattraktiv, da Anleger aus den Industrieländern lohnendere Renditequellen in den Heimatmärkten finden und sich nicht mehr auf Renditejagd in den Emerging Markets begeben müssen.

Die höchsten Zuflüsse verbuchten 2013 Fonds der Morningstar-Kategorie „sonstige Bondfonds“, eine heterogene Gruppe, die vor allem Laufzeitprodukte und andere strukturierte Fonds umfasst. 19,75 Milliarden Euro flossen in diese Produkte, die vor allen im Bankenvertrieb in Spanien und Italien stark vertreten sind. Die zweithöchsten Zuflüsse verbuchten globale Aktien-Dividendenfonds, gefolgt von flexiblen USD-Obligatoinenfonds. Letztere konnten für das gesamte Jahr von den hohen Zuflüssen bis zur Jahresmitte zehren.

Tabelle: Rentenfonds und Dividenden-Fonds mit dem höchsten Absatz

 

Die unverändert hohen Zuflüsse in USD-Hochzinsfonds, die auch in der zweiten Jahreshälfte andauerten, können ebenfalls eine Indikation herhalten, dass Renditejäger nach wie vor einen Fokus auf Anleihen legen und nicht uneingeschränkt auf Aktienfonds setzen.

Andererseits zeigt die in der zweiten Jahreshälfte stark anziehende Nachfrage nach europäischen und japanischen Standardwertefonds, dass Anleger 2013 ehemals ungeliebte Aktienkategorien wiederentdeckt haben, wie aus der oberen Tabelle hervorgeht.

Die höchsten Abflüsse mussten demgegenüber diversifizerte US-Rentenfonds hinnehmen. Sie verbuchten Abgänge in Höhe von 12,14 Milliarden Euro. Wesentlicher Treiber dieser hohen Abflüsse war im Wesentlichen der massive Abverkauf eines einzigen Fonds, des PIMCO Total Return Bond Fund.

Stark verkauft wurden auch Fonds für Unternehmensanleihen, die auf Euro, US-Dollar und britisches Pfund lauten. Im Gegensatz zu Hochzinspapieren bieten Fonds, die in Anleihen höchster Bonität investieren, heute offenbar für viele Anleger keine attraktiven Konditionen.

Auf der Aktienseite spiegeln die hohen Abflüsse aus Lateinamerika-, Asien- und Chinafonds die aktuell schwache Nachfrage nach Schwellenländeranlagen wider. 

Tabelle: US-Rentenfonds und Schwellenländer waren 2013 nicht gefragt 

 

Hier gelangen Sie zur Übersicht der erfolgreichsten Anlagefonds und Fondspromotoren 2013.

 

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich