Januar-Chaostage verunsichern Fondsanleger

Morningstar Absatzdaten für Fonds zeigen, dass Anleger Geldmarktfonds und andere sichere Asset-Klassen bevorzugt haben, in Einzelfällen aber durchaus ins Risiko gegangen sind. Indexfonds machen sich auch im Januar auf Kosten aktiver Anlagefonds breit.

Ali Masarwah 03.03.2015
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Der Monat Januar war wahrlich nichts für schwache Nerven: Die Ukraine- und Nahost-Krisen eskalierten, die Schweizer Nationalbank koppelte überraschend den Schweizer Franken vom Euro ab, und die Europäische Zentralbank verkündete ein umfangreicher als erwartetes Obligationenkaufprogramm. Fondsanleger haben auf dieses Mischmasch an Signalen viel weniger stringent reagiert als ETF-Anleger und sind eher auf Nummer sicher gegangen, wie unsere Mittelflussdaten zeigen. 

Zur Erinnerung: Bei ETF-Anlegern ist der Befund eindeutig: Im Januar sind sie in grossem Stil ins Risiko gegangen und haben so viel in Aktien-ETFs angelegt wie schon seit April 2008 nicht mehr. Energie-ETCs verzeichneten sogar Rekordzuflüsse (lesen Sie hier mehr zu Geldflüssen in ETFs im Januar 2015).

Diffuser sind die Signale, die europäische Anleger in aktive Fonds gesendet haben. Zunächst haben sie im Januar ein klares Risk-off Signal gesetzt, indem sie in grossem Umfang Geldmarktfonds genutzt haben. Auch wenn aggregierte Flows in Geldmarktfonds stark von Tagestrends beeinflusst werden, sind die Nettomittelzuflüsse in Höhe von gut 21 Milliarden Euro ein Indikator, dass etliche Anleger offenbar nicht das Risiko gesucht haben.

Aktive Aktienfonds sind out, ETFs und andere Indexfonds profitieren 

Die erneut enormen Zuflüsse in gemischte Fonds, die zum Grossteil ausgewogene und defensive Produkte ansteuerten, die hohe Nachfrage nach Fonds für Euro-Staatsobligationen sowie Abflüsse aus US-Hochzinsfonds sprechen ebenfalls für eine defensivere Einstellung von Anlegern in Europa. Last but not least scheinen auch die Abflüsse aus Aktienfonds in Höhe von 2,27 Milliarden Euro für einen Risk-off Modus im Januar zu sprechen. Einerseits.

Andererseits ist die Story nicht ganz so geradlinig wie sie auf den ersten Blick erscheint. So sollte man die Abflüsse aus Aktienfonds nicht nur als Risk-off-Faktor sehen. In den Abflüssen von 2,27 Milliarden Euro sind auch nicht-börsenkotierte Indexfonds enthalten. Diese Indexvehikel sahen Zuflüsse in Höhe von 2,65 Milliarden Euro und zählten damit neben Aktien-ETFs zu den Profiteuren. Das bedeutet, dass aktiv verwaltete Aktienfonds Abflüsse von 4,9 Milliarden Euro hinnehmen mussten; der Exodus aus diesen Fonds war also auch ein wichtiges Januar-Sujet.

Zudem haben Fondsanleger in Europa punktuell durchaus das Risiko gesucht: Stichwort Europa-Aktienfonds. Fonds dieser Kategorie sammelten netto gut 2,6 Milliarden Euro ein. Die neuerliche EZB-Bazooka hat Fondsinvestoren also nicht kalt gelassen.

Interessant ist auch, dass einzelne Aktien-Kategorien Rekordzuflüsse sahen, wie etwa Aktien Indien und schweizer Standardwertefonds. Letztere wurden vor allem von Anlegern aus der Schweiz gesucht, was darauf hindeutet, dass sie die Korrektur im Leitindex SMI mit seinen Export-Champions als Kaufchance gesehen haben. (Dass zugleich Schweizer-Nebenwertefonds substanzielle Abflüsse sahen, zeigt, dass Anleger in der Schweiz diskriminiert und den Schritt der SNB durchaus als folgenreich für eher lokal ausgerichtete schweizer Unternehmen erachtet haben.)

Die Zuflüsse in Rohstofffonds kamen breit streuenden Rohstoffkörben sowie Edelmetall-Fonds zugute, sodass sich hieraus kein Befund mit Blick auf das Risk-on/Risk-off-Paradigma ableiten lässt.


Tabelle: Mittelflüsse in Fonds (ex ETFs, ex Dachfonds) nach Asset Klassen


Kommen wir nun zu den Zuflüssen nach Morningstar Kategorie. Neben der bereits erwähnten hohen Nachfrage nach defensiven und ausgewogenen Mischfonds fällt auf, dass diversifizierte und flexible Obligationenfonds hohe Zuflüsse verbuchen konnten, ebenso wie alternative Multistrategiefonds. Hinter diesen Fonds verbirgt sich die hohe Nachfrage nach Einzelfonds bzw. Einzelstrategien vom Schlage der GARS Strategie von Standard Life Investments und des Fonds DWS Concept Kaldemorgen.

Tabelle: Die Morningstar Kategorien mit den höchsten Zuflüssen

Die höchsten Abflüsse auf Kategorie-Ebene mussten GBP-denominierte Unternehmens-Anleihen hinnehmen. Schwellenländer-Aktienfonds sahen ebenfalls hohe Abflüsse, wie auch US Hochzinsfonds, Garantiefonds und auch alternative Long-short-Bondfonds.

Tabelle: Die Morningstar Kategorien mit den höchsten Abflüssen

Ein Blick auf die Anbieter mit den höchsten Zuflüssen zeigt ein eher ungewohntes Bild: Credit Suisse führte mit Zuflüssen von gut 2 Milliarden Euro die Tabelle an, gefolgt von Allianz Global Investors, UBS, DeAWM und KBC. Erst danach findet sich das US-Haus BlackRock, das in den vergangenen Jahren die mit Abstand höchsten Zuflüsse in Europa verbuchen konnte. Auch PIMCO findet sich in der Liste der Top-Asset-Sammler, nachdem die erdrutschartigen Abflüsse aus den von Unternehmensgründer Bill Gross gemanagten Fonds deutlich zurückgegangen sind.

Tabelle: Die Anbieter mit den höchsten Zuflüssen

Die Anbieter mit den höchsten Abflüssen im Januar werden von der Standard-Life-Tochter Ignis angeführt, die vor allem aus britischen Bond-Fonds Abflüsse hinnehmen mussten. Aberdeen und Franklin Templeton sowie SKAGEN litten dagegen unter Abflüssen aus der Emerging-Markets-Ausrichtung ihrer Produktpalette.

Fonds von Carmignac, M&G und Standard Life gewinnen

Kommen wir zuletzt auf die grössten Anlagefonds am Markt. Das Ranking weiter unten ist nach verwaltetem Vermögen in Euro sortiert. An der Spitze steht nach wie vor der defensive Mischfonds M&G Optimal Income Fund, der unverändert sehr hohe Mittelzuflüsse verbucht, vor allem aus dem Euro-Raum. Im Januar belief sich die Nettovertriebsleistung auf 570 Millionen Euro. Mehr wurde nur in die britische Version des Standard Life Investments Global Absolut Return Strategies investiert. Zählt man die Zuflüsse in die Luxemburger GARS-Fondsvariante hinzu, beläuft sich das Januar-Plus sogar auf netto gut eine Milliarden Euro.

Die negativen Nachrichten zur Ukraine-Krise im Januar dürfte etliche Anleger in den beiden grossen Templeton Bond-Fonds nervös gemacht haben, die insgesamt gut 300 Millionen Euro an Abflüssen hinnehmen mussten, nachdem sie in den Vormonaten Zuflüsse verbucht hatten. Die US-Gesellschaft Franklin Templeton ist der grösste Investor in Ukraine-Staatsanleihen. Allerdings beläuft sich deren Anteil an den beiden Fonds Templeton Global Bond und Templeton Global Total Return auf maximal 3,5%, die zudem in auf US-Dollar lautende Bonds stecken, die naturgemäss nicht vom Totalabsturz der ukrainischen Währung Hrywnja betroffen sind.

Die hohen Abflüsse aus dem US-lastigen AB Global High Yield Portfolio spiegeln wiederum die Reaktionen auf den Kursverfall bei US-Hochzinsfonds wider, der europäische Investoren unverändert abschreckt. (Interessanterweise haben in den USA vertriebene Hochzinsfonds im Januar wieder Zuflüsse verbucht; offenbar sehen US-Investoren diese Papiere bei einem Spread von durchschnittlich rund 600 Basispunkte über Treasuries als attraktiv bewertet an.)

Dass es für den ausgewogenen Mischfonds Carmignac Patrimoine in den vergangenen 15 Monaten wieder deutlich besser läuft und die Makro-Ideen des französischen Asset Managers aufgehen (lesen Sie mehr dazu hier), scheint sich allmählich herumgesprochen zu haben. Der Megafonds verbuchte im Januar stattliche Zuflüsse von 380 Millionen Euro, so viel wie zuletzt im Juli 2012.

Tabelle: Absatzbilanz der größten Publikumsfonds (ex Geldmarktfonds)

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich