Europas Investoren im „QE-Fieber“

Im Februar wurden europäische Asset Klassen regelrecht mit Geld überschüttet. Gewinnmitnahmen dagegen bei USA-Aktienfonds. Der Morningstar Fonds-Absatzbericht.

Ali Masarwah 07.04.2015
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Europäische Langfristfonds sind im Februar regelrecht mit Geld überschüttet worden. Nachdem die Europäische Zentralbank Ende Januar die Details ihres Anleihekaufprogramms enthüllt hatte -- es wird seit dem 9. März in die Tat umgesetzt --, haben Anleger in großem Stil Fonds für europäische Vermögenswerte gekauft. Dies geht aus den europäischen Morningstar Absatzzahlen für den Monat Februar hervor. (Unsere monatliche Detailstatistik umfasst keine ETFs, mehr zum Absatz von ETFs in Europa im Februar finden Sie hier.)

Etliche Fondskategorien verbuchten Rekordabsatzzahlen. Besonders gut lief es erneut für Mischfonds. Diese Produktgruppe verzeichnete im Februar Nettoneugelder in Höhe von 19,27 Milliarden Euro. Dies war der höchste jemals gemessene Nettoabsatz für diese Gruppe seit dem Beginn unserer Erhebung von Mittelflussdaten in Europa auf Industrieebene im Jahr 2007.

Auch alternative Fonds, die Hedgefonds-ähnliche Techniken anwenden, verbuchten mit Zuflüssen von 6,61 Milliarden Euro einen Absatzrekord. Rohstofffonds sahen die höchsten Zuflüsse seit Februar 2008. Sehr hoch waren auch die Zuflüsse in Obligationenfonds, die sich auf netto 18,46 Milliarden Euro beliefen.

Schwaches Wachstum macht aktiven Aktienfonds zu schaffen

Bescheidener war indes die Nachfrage nach Aktienfonds. Sie sammelten netto 3,72 Milliarden Euro ein. Wie groß die Diskrepanz zwischen der Nachfrage nach Aktienfonds und anderen langfristigen Vermögensanlagen ist, lässt sich an der organischen Wachstumsrate ablesen, die Sie in der linken Spalte der unteren Tabelle finden. Während Aktienfonds in den ersten beiden Monaten des Jahres Performance-bereinigt nur um 0,06% wuchsen, legten die anderen Fondsgruppen Wachstumsraten zwischen 1,14% (Immobilienfonds) und 9,8% (Rohstofffonds) hin.

Für aktiv verwaltete Aktienfonds, die zuletzt aufgrund bescheidener Performance-Daten in die Kritik von Investoren geraten sind, lief es zwar im Februar etwas besser als in den Vormonaten -- sie erreichten immerhin positives Absatzterrain. Grund für Entwarnung besteht allerdings nicht. Von den Zuflüssen entfielen 2,04 Milliarden Euro auf (nichtbörsenkotierte) Indexfonds. Dass Aktienprodukte durchaus wachsen können, zeigt die Bilanz von Aktien-ETFs, die in den ersten beiden Monaten 2015 auf Euro-Basis eine sehr beachtliche Wachstumrate von 5% hinlegten (entspricht Zuflüssen von gut 13 Milliarden Euro).

Interessanterweise verbuchten Geldmarktfonds europaweit im Februar beachtliche Zuflüsse von 12,98 Milliarden Euro. Üblicherweise steigen die Zuflüsse in diese kurzfristigen Anlagevehikel eher in Risk-off-Marktphasen. Zum Teil kann dies allerdings auf die hohen Zuflüsse in Geldmarktfonds zurückgeführt werden, die in Frankreich vertrieben werden. Dort haben Geldmarktfonds, auch aus steuerlichen Gründen, einen höheren Stellenwert als im übrigen Europa.

Tabelle: Mittelflüsse im Februar nach den grossen Fondsgruppen

Das Ausmass der Geldflut, die sich im Februar über europäische Vermögensanlagen ergoss, wird bei der näheren Analyse nach Morningstar Fondskategorien deutlich. 7 der 10 Kategorien mit den höchsten Zuflüssen (siehe unten), konzentrieren sich auf europäische Assets. Dabei verbuchten 5 dieser 7 Europa-Kategorien sogar Rekordzuflüsse. Nur EUR flexible Mischfonds und EUR diversifizierte Rentenfonds lagen im Februar – nur leicht! – unter den jeweils stärksten Absatzmonaten seit Beginn unserer Aufzeichnungen.

Die höchsten Nettozuflüsse entfielen auf europäische Standardwertefonds (blend), die insgesamt ein Plus von 4,59 Milliarden Euro verbuchten. Die drei Top-Seller Fonds dieser Kategorie waren der MFS Meridian European Value, UBS (LUX) ES European Opportunity Unconstrained und der Invesco Pan European Structured Equity.

Stichwort Mischfonds: Defensive Vehikel bleiben die Favoriten der Anleger in Europa. Beide defensiven EUR Mischfondskategorien – wir unterscheiden zwischen global anlegenden und vorwiegend europäisch orientierten Mischfonds – kommen zusammen auf 6,17 Milliarden Euro im Februar. Die höchsten Zuflüsse unter den rentenlastigen Produkten verbuchte der Ethna Aktiv mit gut 500 Millionen Euro.

Ausgewogene sowie flexible EUR Mischfonds waren ebenfalls gefragt wie auch „sonstige“ Mischfonds. In der letztgenannten Kategorie findet man vor allem Laufzeitfonds, die derzeit in erster Linie in Italien vertrieben werden.

Tabelle: Die 10 Langfrist-Kategorien mit den höchsten Februar-Zuflüssen

Kommen wir nun zu den Kategorien mit den höchsten Abflüssen. Hier fällt vor allem auf, dass Anleger bei US-Aktienfonds in großem Still Gewinne mitgenommen haben. Neben Kursgewinnen konnten Euro-Anleger in diesem Jahr vor allem vom starken US-Dollar profitieren, der die Performance ihrer Fonds nach oben trieb. Vor allem Fonds in den drei Kategorien für US-Standardwerte standen auf der Verkaufsliste europäischer Investoren.

Die höchsten Abflüsse mussten im Februar EUR Kurzläufer sowie Garantiefonds hinnehmen, was angesichts des nicht vorhandenen Zins in Europa wenig überrascht.

Tabelle: Die 10 Langfrist-Kategorien mit den höchsten Februar-Abflüssen

Die grossen Profiteure kamen im Februar aus Italien. Eurizon Capital, die Tochtergesellschaft von Intesa Sanpaolo, und Pioneer Investments (UniCredit) waren vor allem mit Laufzeit-Mischfonds erfolgreich, die in erster Linie im italienischen Bankenvertrieb abgesetzt werden.

Der Vertriebserfolg von BlackRock und UBS stand indes auf breiteren Füssen. Während der europäische Markführer unter anderem mit flexiblen USD Rentenfonds, europäischen Dividenden-Aktienfonds und alternativen Debt Arbitrage-Fonds erfolgreich war, punktete das Schweizer Haus vor allem mit europäischen Aktienfonds, Anlagefonds der Kategorie GBP Bonds diversifiziert sowie – gegen den allgemeinen Markttrend – US-Standardwertefonds (blend).

Fidelity wiederum sah die höchsten Zuflüsse in europäische Aktienfonds. Allerdings konzentrierten sich diese vor allem auf den FF European Larger Companies; der grösste Europafonds der Amerikaner, der FF European Growth, litt unverändert unter Abflüssen, die bereits seit vielen Jahren andauern.

Tabelle: Die 10 erfolgreichsten Anbieter in Februar (ex Geldmarktfonds)

Hohe Abflüsse mussten im Februar dagegen F&C, Aberdeen, Franklin Templeton, Russell und Swiss&Global hinnehmen. Besonders hoch waren die Anteilsscheinrückgaben beim britischen Anbieter F&C, der in diesem Jahr Performance-bereinigt bereits gut 40% seiner Assets durch Abflüsse verlor. Dahinter dürfte ein Mandatswechsel von Friends Life (ehemals Friends Provident) mit einem Gesamtvolumen von über 12 Milliarden GBP stehen. Der Finanzdienstleister, der voraussichtlich von Aviva übernommen wird, hatte bereits 2014 angekündigt, zahlreiche Mandate von F&C an Schroders übertragen zu wollen.

Aberdeen litt vor allem unter hohen Abflüssen aus asiatischen und globalen Emerging Markets-Aktienfonds, während Russell vor allem Abflüsse aus globalen Standardwertefonds hinnehmen musste.

Bei Swiss&Global gingen die Abflüsse vor allem auf das Konto von Long-short-Obligationenfonds. Wie die Muttergesellschaft GAM Holding bereits per Ende 2014 berichtete, stammen diese Rückgaben vor allem aus dem Vertriebskanal der Intermediäre, die „sensibel auf Performance-Schwankungen“ reagierten. Der grösste Fonds dieser Produktgruppe, der JB BF Absolute Return Bond, musste im Februar 652 Millionen Euro an Abflüssen hinnehmen – in den ersten 2 Monaten des Jahres sank das Vermögen dieses Fonds bereinigt und auf EUR-Basis um gut 16%.

Tabelle: Die 10 Anbieter mit den höchsten Februar-Abflüssen (ex Geldmarktfonds)

Kommen wir zum Schluss zur Absatzbilanz der 10 grössten Anlagefonds in Europa. Hier sehen wir zunächst einen Favoritenwechsel. Per Ende Februar war die britische Tranche des Standard Life Investments Global Absolute Return Strategies mit einem Vermögen von 34,37 Milliarden Euro der größte Wertpapierfonds in Europe. Er verwies den defensiven Mischfonds M&G Optimal Income Fund auf Rang zwei. Grund hierfür war vor allem der Verfall des EUR gegenüber dem GBP und weniger Mittelzuflüsse (hier lag der M&G Fonds mit 633 Millionen nach wie vor an der Spitze der 10 grössten Fonds). Nimmt man die rund 10,4 Milliarden Euro hinzu, die im Luxemburger SICAV der GARS-Strategie stecken, dominiert die SLI-Strategie die Konkurrenz noch stärker.

Die Abflüsse aus den beiden grossen global anlegenden Obligationenfonds von Franklin Templeton, Templeton Global Bond und Templeton Global Total Return, die beide von Michael Hasenstab verwaltet werden, beschleunigten sich auf insgesamt 856 Millionen Euro im Februar.

Zu den Profiteuren zählte dagegen der ausgewogene Mischfonds Carmignac Patrimoine, der im Februar die höchsten Zuflüsse seit Juli 2012 verbuchen konnte. Anleger suchten im Zuge einer deutlich verbesserten Performance 2014 und einem sehr starken Auftakt 2015 (lesen Sie hier mehr) offenbar den (Wieder-)Einstieg nach einer längeren Durststrecke im Vertrieb.

Tabelle: Absatzbilanz der 10 grösste Langfristfonds im Februar

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich