Bond-ETFs: Was von der Hausse übrig blieb

Euro-Staatsobligationen waren die grossen Profiteure der EZB-Euro-Rettung ab Sommer 2012. Nach der drastischen CHF-Aufwertung im Januar erleben Euro-Bond-ETFs erneut ein Quartal des Grauens. Eine Übersicht über die aktuelle Performance-Bilanz von EUR Staatsobligationen.

Ali Masarwah 22.05.2015
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Insbesondere die Schlagzeilen in den deutschen Medien zur Korrektur am Rentenmarkt erinnern fast schon an das Platzen der grossen Tech-Blase ab dem Jahr 2000: „Blitz-Crash bei Staatsanleihen“, „Flash Crash bei Bundesanleihen“, „dramatischer Kursverfall“, sind nur einige Beispiele. Die jüngste Korrektur am Obligationenmarkt in der Eurozone hat tatsächlich erhebliche Ausmasse erreicht. Die Umlaufrendite, also die durchschnittliche Rendite der im Umlauf befindlichen deutschen Obligationen mit einer Laufzeit von mehr als 4 Jahren, schnellte vom Rekordtief von 0,05% (!) am 17. April auf 0,61% am 7. Mai. Eine vergleichbare Korrektur hatte es in so kurzer Zeit bis dato nicht gegeben.

Auch Normalsterbliche konnten die Bond-Bubble sehen

Ob nun der Tweet von Bill Gross (Bunds als „the short of a lifetime“) der Auslöser war, wie spekuliert wird, ober ob normalsterbliche Investoren von sich aus zur Erkenntnis gelangt waren, dass deutsche (und andere Euro-)Staatsobligationen die mit am deutlichsten überbewerteten Wertpapiere am Kapitalmarkt sind, ist unerheblich. 

Dabei traf die Korrektur die Euro-Bond-Märkte zu einer Zeit, in der viele Anleger offenbar darauf gesetzt haben, dass die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) die Kurse immer weiter in schwindelerregende Höhen bzw. in negativ rentierliches Terrain treiben würden. Auch wenn die Renditen seit dem Hoch in der ersten Mai-Woche wieder etwas gefallen sind, ist mitnichten klar, dass Bond-Investoren nun wieder zum gemütlichen QE-Alltag übergehen können: Der Mehltau, der sich ab 2012/13 auf den Euro-Bond-Markt gelegt hatte, ist bis auf weiteres auf dramatische Weise weggewischt worden.

Alle 77 ETFs waren im zweiten Quartal unter Wasser

Wir wollen zurückblicken, was die scharfe Korrektur am Markt für EUR-Staatsanleihen für Folgen für ETFs hatte. Diese Kategorie handelt sich um eine der wichtigsten Segmente am Bond-ETF-Markt – europaweit stecken derzeit 19,14 Milliarden Euro in 77 ETFs der Morningstar Kategorie EUR Staatsanleihen.

Wir haben Ein Blick auf die Gewinner und Verlierer des laufenden zweiten Quartals geworfen. Die untere Tabelle enthält die 10 ETFs der Kategorie EUR Staatsanleihen, die von Anfang April bis zum 20. Mai die höchsten Verluste hinnehmen mussten.

Spiegelbildlich haben wir in der Tabelle darunter die „Top“-Performer abgetragen, was hier freilich mit Verlustbegrenzern gleichzusetzen ist – unter den 77 Bond ETFs für EUR Staatsanleihen konnte sich kein Produkt vor Kursverlusten schützen!

Neben der Performance in diesem Quartal haben wir in beiden Tabellen den maximalen Verlust zwischen dem 19. April und 16. Mai aufgeführt sowie die Performance ab Anfang Juli 2012, also kurz nachdem EZB-Präsident Mario Draghi sein legendäres „Whatever it takes“-Statement zur Euro-Rettung abgegeben hatte, was der Startschuss war für die fulminante Bond-Rally der vergangenen Jahre.

Tabelle: Die EUR Staatsobligationen-ETFs mit den höchsten Verlusten im 2. Quartal

Kommen wir nun zur Deutung der Tabellen mit den Tops -- und Flops -- der vergangenen Wochen. Ungeachtet der Tatsache, dass Bond-Anleger ein mehr oder weniger ausgeprägtes Quartal des Grauens erlebt haben, zeigt die Tabelle ein gewissermaßen beruhigendes Bild. ETF-Anleger haben, nüchtern gesagt, das bekommen, was sie beim Kauf ihrer Produkte erwarten konnten: Langläufer-ETFs und Spread-Produkte zählten zu den grossen Verlierern in diesem Quartal. Sie waren spiegelbildlich die grossen Gewinner von Juli 2012 bis März 2015.

So musste der Amundi ETF Government Bond EuroMTS Broad Investment Grade 10-15 einen Verlust von gut 5,9% im laufenden Quartal hinnehmen. Das sollte nicht verwundern, da es sich um einen ETF handelt, der auf Restlaufzeiten von zwischen 10 und 15 Jahren setzt. Die modifizierte Duration liegt bei 9,94 Punkten. Das bedeutet, dass bei einem Zinsanstieg von 1% der Preis des ETFs um knapp 10% nachgibt.

Spiegelbildlich illustriert der Amundi-ETF den phantastischen Lauf, den die Papiere dieses Laufzeitensegments seit 2012 hatten. Kumuliert legte der ETF zwischen Juli 2012 und März 2015 um 33,8% zu. Das entspricht einer annualisierten Rendite von gut 11,2%! Diese Performance inkludiert den Währungsverlust, den nicht-abgesicherte Anleger aus dem CHF-Raum Anfang des Jahres im Zuge der Aufwertung des Franken hinnehmen mussten (wir hoffen, dass dies nicht allzuviele waren!)

Nicht rechtzeitig an den Markt kam dagegen der im Februar 2013 aufgelegte Lyxor ETF Bono 10 Y MTS Spain Government Bond. Er verliert aktuell satte 4,9%, konnte aber nicht die volle Spread-Einengung bei spanischen Bonds seit Mitte 2012 ausschöpfen. Die Performance im zweiten Quartal zeigt, dass bei Euro-Peripherie-Bonds eben nicht nur Spread-Einengung an der Tagesordnung ist! Hinzu kommt, dass dieser ETF zu 100 Prozent die zinssensitiven (7-10 Jahre) bzw. sehr zinssensitiven (10 bis 15 Jahre) Laufzeitenbänder abdeckt.

ETFs, die den belgischen und italienischen Bond-Markt abbilden, zählten ebenfalls zu den großen Verlierern in diesem Quartal, hatten zuvor jedoch zwischen 2012 und 2015 eine ordentliche Performance erzielt.

Tabelle: Die ETFs, die den Schaden am besten begrenzen konnten

Kommen wir nun zu den Gewinnern in diesem turbulenten Quartal. Hier steht ein ETF im Vordergrund, der den wenigen Anlegern, die in diesem Produkt investiert sind, über die Jahre wenig Freude bereitet hat: Der Lyxor UCITS ETF EuroMTS Highest Rated Macro-Weighted Government Bond 1-3 Y. Dieser ETF, der nur auf „AAA“-Ratings setzt, wurde auf dem Höhepunkt der Eurokrise als „sichere“ Alternative zur üblichen Gewichtungslogik von Bond-ETFs auf den Markt gebracht. Er vereint folgende Gewichtungsprinzipien: Schuldenquote, Leistungsbilanz, BIP-Wachstum und langfristiger Zinssatz. Die Restlaufzeit liegt bei zwischen einem und drei Jahren.

Der „Preis“ der Sicherheit war zwischen 2012 und 2015 hoch, bzw. die Performance dieses stockkonservativen Ansatzes entsprechend tief: Auf kumuliert  minus 11,98% belief sich die Performance. Freilich begrenzte dieser ETF die Verluste seit Anfang April auf ein Minus von vernachlässigenswerten 0,18%.

Sicherheit und Performance-Verzicht brachten zuletzt Vorteile

Der Lyxor ETF befindet sich in derselben Liga wie der Amundi ETF Government Bd HR EuroMTS Inv Grd 1-3, UBS ETF (LU) Markit iBoxx € Sovereign 1-5 und der ComStage iBoxx€ Sovereign Germany Cpd 1-5 TR ETF. In den vergangenen drei Jahren brachten diese Produkte angesichts der Minizinsen am kurzen Ende nicht viel mehr als den Erhalt des Kapitals. Ungehedgt mussten Frankenanleger Anfang 2015 eine böse Überraschung erleben. Die Fokussierung auf die kurzen Laufzeitenbänder machte sich allerdings in diesem Quartal bisher bezahlt.

Und die Moral der Geschichte? Wir haben bereits vor einigen Wochen auf die Gefahren der hohen Granularität der passiven Bond-Produkte am Markt aufmerksam gemacht (lesen Sie hier mehr) – Anleger, die von der hohen Performance geblendet in riskante Bond-ETFs - auch AAA-Papiere können ein hohes Zinsänderungsrisiko aufweisen! – nach 2013 investiert haben, dürften es heute besser wissen.

Die hohen Verluste quer durch die Bonitätsschattierungen in Euroland zeigen, dass Privatanleger am besten in ETFs auf breit diversifizierte Indizes aufgehoben sind. Dass bedeutet freilich nicht, dass ETFs auf derartige Indizes, wie etwa der Barclays Euro Aggregate Bond, vollkommen ungeschoren davongekommen wären. Kapitalmarktprodukte beinhalten nun einmal die den Kapitalmärkten inhärenten Risiken.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich