Anlegerfreundlichkeit auf dem Prüfstand: Die globalen Fondsstandorte im Vergleich

Die Morningstar Untersuchung "Global Fund Investor Experience Study" zeigt positive Veränderungen für Investoren weltweit auf, doch bleibt einiges zu tun. Die Schweiz befindet sich im Mittelfeld des globalen Rankings.

Ali Masarwah 09.06.2015
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Welche Erfahrungen machen Fondsanleger in unterschiedlichen Ländern und wo gibt es Verbesserungsspielraum? Diesen Fragen gehen wir seit 2009 in der Global Fund Investor Experience Studie nach. Die globale Analyse, die Morningstar alle zwei Jahre durchführt, ist die mittlerweile vierte und nimmt insgesamt 25 Länder in Europa, Nordamerika, Asien und Afrika unter die Lupe. Dafür wurden in jedem Land vier für Fondssparer relevante Bereiche untersucht: Regulierung & Besteuerung, Offenlegungspflichten, Gebühren, Vertrieb & Medien.

Im Allgemeinen bieten diejenigen Länder für Fondsanleger ein gutes Umfeld, die über eine unabhängige und proaktive Aufsichtsbehörde verfügen, wo sich die steuerliche Belastung in Grenzen hält und langfristiges Investieren fördert, wo eine hohe Transparenz herrscht, das Gebührenniveau moderat ist, Fonds über verschiedene Vertriebskanäle verfügbar sind und Anleger in den Medien umfangreiche Informationen über unterschiedliche Investmentmöglichkeiten vorfinden.

Die wichtigsten Ergebnisse unserer diesjährigen Studie

  • Fondsanleger in den USA sind am besten gestellt, doch hat mittlerweile auch Südkorea ins Spitzenfeld aufgeschlossen. Dagegen kommen Fondssparer in China am schlechtesten weg.
  • Die Niederlande und Großbritannien haben sich in der Rangliste verbessert. Dies war maßgeblich durch die eingeführten Provisionsverbote, vielfältige Vertriebsstrukturen und treuhänderische Tests für Anlageberater bedingt.
  • Die Regulierung wurde in fast allen Märkten weiterentwickelt. Weniger Aktivität war in den USA und Kanada zu verzeichnen, die in diesem Bereich unterdurchschnittlich abschneiden.
  • Die Besteuerung für Fondsanleger fällt in den asiatischen Märkten weiterhin am geringsten aus.
  • In Bezug auf die Transparenz und Offenlegung erhalten die USA, Taiwan und Kanada die besten Noten. Südafrika, Singapur und Frankreich hinken hinterher.
  • Immer mehr Länder verpflichten Fondsanbieter mittlerweile zur Offenlegung der Managernamen, darunter China, Indien, Kanada, Neuseeland, Südkorea, Taiwan, Thailand und die USA.
  • In den USA, Australien, Südafrika und den Niederland sind typischerweise keine Vertriebskosten in den laufenden Fondsgebühren enthalten, was zu einem Rückgang bei den veröffentlichten Fondsgebühren führt. Falls Anleger jedoch zusätzlich für die Beratung und Verwaltung zahlen, erhöht das die Gesamtkosten des Besitzes eines Fonds um weitere 1,0 bis 1,5 Prozent.
  • In 22 der 25 bewerteten Länder sind Banken und Versicherungen der dominierende Vertriebskanal. Der nächsthäufigste Vertriebsweg, der in sieben Ländern aufgeführt wird, sind die unabhängigen Berater.

Die wichtigsten Ergebnisse für die Schweiz auf einen Blick:

Mit der Note „B-“ liegt die Schweiz im Mittelfeld der untersuchten Länder und sticht somit weder positiv noch negativ hervor.

Die nationale Regulierung wird im Zuge des Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) umgesetzt. Die massgebliche Aufsichtsbehörde für Fondsinvestoren ist die FINMA. Auch wenn die Schweiz nicht Mitglied der Europäischen Union ist und somit nicht im Anwendungsbereich des Fondsregimes UCITS oder der Vertriebsrichtlinie MIFID liegt, wurde die Regulierung in grossen Teilen faktisch den EU-Standards angepasst. Die steuerlichen Rahmenbedingungen für Investoren können stark von Kanton zu Kanton variieren, allerdings ist die steuerliche Belastung von Fondsinvestoren aufgrund der fehlenden Spekulationssteuer und der tiefen Vermögenssteuer (Dividenden bzw. Zinsen werden besteuert) im Vergleich zu den meisten anderen Fondsstandorten gering. Insgesamt erhält die Schweiz in der Kategorie „Regulierung & Besteuerung“ die Note „B-“.

Die Anlegern zur Verfügung stehenden Produktinformationen bewertet Morningstar in der Schweiz mit der Note „C+“. Diese leichte Verschlechterung erfolgt im Zuge der Einführung der Schweizer KIID in Anlehnung an die in der EU eingeführten „Wesentlichen Anlegerinformationen‘. Für die meisten Schweizer Anlagefonds werden monatliche Portfolioholdings veröffentlicht, manche Fondsgesellschaften publizieren auch für Retail-Investoren Informationen zum Fondsmanagement. Mit Blick auf den Zeitverzug bei der Veröffentlichung dieser Informationen besteht indes Verbesserungsbedarf.

Die laufenden Gebühren bewegen sich im globalen Vergleich im Mittelfeld. Die in der Schweiz domizilierten Fonds weisen im Schnitt allerdings deutlich tiefere Kosten auf als ausländische Fonds mit Vertriebszulassung Schweiz. Asymmetrische Erfolgsgebühren (d.h. Gebühren auf die Outperformance) sind, wie in vielen anderen Länder auch, zulässig. Berater werden in der Regel über Retrozessionen vergütet, insofern besteht hier Verbesserungsbedarf. Es wird allerdings erwartet, dass künftig im Zuge der Verbreitung der Honorarberatung zunehmend Fonds ohne Kickbacks erhältlich sein werden. Beim Punkt Gebühren erhält die Schweiz die Note „B-".

Die Schweiz schneidet in der Kategorie ‚Vertrieb und Medien‘ insgesamt überdurchschnittlich ab. Die grossen Banken dominieren den Fondsvertrieb, aber Anleger haben Zugang zu unabhängigen Beratern bzw. Vermögensverwaltern. Schätzungsweise werden rund 50% der vertriebenen Fonds in einem System der ‚Open Architecture‘, d.h. unter Berücksichtigung von Fremdfonds, angeboten. Die traditionelle Praxis, hauseigene Fonds im Vertrieb nach vorne zu stellen, wird im Zuge der Debatte um Retrozessionen zunehmend aufgeweicht. Die Berichterstattung in den Medien zu Anlagefonds als Langfristinvestments ist verbesserungswürdig, zumal die Bedeutung von (tiefen) Gebühren als wichtige Performance-Quelle für Anleger häufig nicht hervorgehoben wird.

Die Gesamtergebnisse für alle betrachteten Länder zeigt die folgende Aufstellung. Dabei werden Länder in Form der Noten A bis F bewertet, wobei A die Bestnote darstellt, die Noten D und F für ungenügend bzw. mangelhaft stehen.

Die Noten für das Jahr 2015 lauten (in absteigender und dann alphabetischer Reihenfolge):

Korea: A
USA: A
Niederlande: A -
Taiwan: A -
Vereinigtes Königreich: B +
Schweden: B
Australien: B -
Dänemark: B -
Finnland: B -
Norwegen: B -
Schweiz: B -
Deutschland: C +
Indien: C +
Kanada: C +
Neuseeland: C +
Thailand: C +
Belgien: C
Frankreich: C
Hong Kong: C
Singapur: C
Südafrika: C
Spanien: C
Italien: C -
Japan: C -
China: D +

Die Gewichtung der einzelnen Kategorien wurde gegenüber der Studie 2013 angepasst, um das Gewicht der Kategorie ‚Vertrieb und Medien‘ stärker mit den anderen bewerteten Kategorien in Einklang zu bringen:

Darüber hinaus wurde mehr Gewicht auf quantifizierbare Daten gelegt, da dies den Vergleich über Ländergrenzen hinweg erleichtert.

Details sind in der ausführlichen Fassung des ‚Global Fund Investor Experience Report 2015‘ nachzulesen. Dieser kann hier als PDF (englischsprachiges Dokument) heruntergeladen werden.

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich