3 Europafonds für die Großbritannien-Skeptiker

Anleger, die in europäische Aktien investieren möchten, zugleich aber einen Brexit für wahrscheinlich halten, finden eine ordentliche Auswahl an guten Europa, die einen Bogen um Großbritannien-Aktien machen. Wir stellen drei davon vor.

Ali Masarwah 01.06.2016
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Sind Großbritannien-Aktien wegen der Brexit-Gefahr für Europa-Fondsmanager ein rotes Tuch? Nicht wirklich, wie wir anhand der Positionierung der Fonds der Fondskategorie "Aktien Europa Standardwerte Blend" festgestellt haben. Tenor unserer Auswertung: Großbritannien-Aktien sind zwar grundsätzlich weniger stark in europäischen Fonds vertreten, als es die Benchmark-Zusammensetzung nahelegen würde. Aber diese Untergewichtung ist in der Kategorie eine Konstante, von einer Fondsmanager-Flucht 2016 kann keine Rede sein. Möglicherweise wollten ja viele Manager in diesem Frühjahr britische Aktien nicht weiter reduzieren, um nicht mehr relative Risiken einzugehen (lesen Sie hier mehr)?

Wie dem auch sei: Wir kommen nun zur Produktebene. Zunächst hatten wir drei Europafonds präsentiert, die gemäß der uns vorliegenden Portfoliodaten ein Übergewicht in Großbritannien aufweisen und über ein positives Morningstar Analyst Rating verfügen. Solche Fonds sind für Anleger einen Blick wert, die in Europa investieren möchten und nicht von einem Abschied Großbritanniens aus der Eurozone glauben bzw. die Folgen nicht für schwerwiegend erachten (lesen Sie hier mehr).

Für Anleger, die ein anderes Szenario für wahrscheinlicher halten, haben wir drei gut bewertete Europa-Fonds herausgefiltert, die nicht oder nur in sehr begrenztem Maße in Großbritannien investieren. Hier gibt es eine Fülle von Auswahlmöglichkeiten. Die Ironie an der Sache: Derartige Fonds werden fast ausnahmslos von britischen Fondshäusern angeboten. Der Grund ist, dass Anleger in Großbritannien - Stichwort: splendid isolation - typischerweise Kontinentaleuropa meinen, wenn von "Europa" die Rede. Sie trennen also heimische Investments von den kontinentaleuropäischen.

Entsprechend verfahren die Asset Manager auf der Insel so, dass sie Europa-Aktienfonds ex Großbritannien auf der einen und Großbritannien-Aktienfonds auf der anderen Seite anbieten. Dieser Umstand kommt nun Anlegern im deutschsprachigen Raum zugute, die auf Nummer sicher gehen wollen und wegen der Brexit-Gefahr ein Europa-Engagement anstreben, ohne in Großbritannien investieren zu müssen.    

Folgende Fonds aus der Kategorie "Aktien Europa ohne Großbritannien Standardwerte" haben wir auf dem Radar: 

Henderson Gartmore Cont Euro R€ Acc 

Dieser Fonds wird von John Bennett verantwortet, den unsere Fondsanalysten für einen der besten Europa-Fondsmanager erachten. Er verbrachte zunächst 17 Jahre bei GAM, wo er sich einen starken Track Record aufbaute, bevor er 2010 zu Gartmore ging und auch nach der Übernahme durch Henderson 2011 an Bord blieb (und diesen Fonds unter neuem Namen weiterführte).  

Bennett leitet das Europa-Team, das aus vier weiteren Portfolio-Managern und fünf Analysten besteht. Bennett achtet auf makroökonomische Trends, um den Einfluss von Industrietrends und Börsenzyklen auf europäische Aktien zu taxieren. Bennett identifiziert langfristige Investmentthemen und wählt dann die größten Profiteure aus. Dabei geht es ihm um günstig bewertete Wachstumsfirmen. Hinzu kommen kurzfristige Opportunitäten, die er wahrnimmt. Hier steht der Versuch im Vordergrund, Anomalien an den Märkten für kurzfristige Gewinne auszunutzen.

Aktuell sind im Henderson Gartmore Continental Europe auf Länderebene Deutschland, die Schweiz und vor allem Schweden im Vergleich zu Benchmark und Peer Group übergewichtet; deutlich untergewichtet sind Frankreich, Spanien und Italien. Auf Sektorebene setzt Bennett vor allem auf Gesundheit, Energie und Luxusgüter. Untergewichtet sind Finanztitel, Industrie- und Rohstoffaktien.  

Der Fonds verfügt über ein quantitatives Vier-Sterne-Rating, was ein überdurchschnittlich gutes Rendite-Risiko-Profil andeutet. Im qualitativen Morningstar Analyst Rating bringt es der Fonds auf die zweitbeste Stufe "Silver". 

JOHCM Continental European A EUR

Auch der JOHCM Continental European weist ein Vier-Sterne-Rating sowie das Analyst Rating "Silver" auf. Fondsmanager Paul Wild managt den Fonds seit April 2010 und war zuvor seit 2003 der Co-Manager an der Seite von Rod Marsden. Der Investment-Prozess startet zunächst mit einer Top-down-Analyse der großen Wirtschaftstrends. Daraus wird die Gewichtung der Sektoren abgeleitet, dann erfolgt die Titelauswahl. Hier setzt Wild auf Unternehmen mit nachhaltigem Wachstum, einer positiven Gewinndynamik und hohen Cash-Flows.  

Der Fondsmanager hat allerdings auch die Zusammensetzung der Benchmark im Blick, was auch zur Folge hatte, dass der Fonds in volatilen Märkten weniger als der Index verlor. Den Anspruch, über einen Börsenzyklus die Benchmark zu übertreffen, ist Wild bisher gut gelungen.

Aktuell ist der JOHCM Continental Europe auf Branchenebene in den Sektoren Industrie und Energie übergewichtet, untergewichtet vor allem bei Health Care und IT. Auf Länderebene sticht die deutliche Übergewichtung französischer und niederländischer Aktien hervor. Die Schweiz ist dagegen markant untergewichtet, was kein Wunder ist angesichts der geringen Health-Care-Quote. Schweden-Aktien, immerhin mit gut 6,5% im Index vertreten, finden sich im Fonds derzeit nicht.

Schroder International Selection Fund European Equity (Ex UK)

Ebenfalls vier Sterne sowie ein "Bronze" Rating hält der von Steve Cordell verantwortete Schroder European Equity. Cordell übernahm den Fonds erst im Juni 2013, als sein Vorgänger, Chris Rice, die Verantwortung abgab. Der Ansatz zeichnet sich durch Pragmatismus aus, basiert aber vorwiegend auf der Analyse von Fundamentaldaten. Das Management achtet vor allem auf die Profitabilität und des Wachstums im Industrievergleich sowie auf Cash-Flow-Renditen aus Investments.

Wie bei den beiden Fonds von JOHCM und Henderson kommen auch hier Makro-Analysen zum Tragen. So wird das Aktienuniversum in sieben Stil-Gruppen aufgeteilt (defensive Wachstumswerte, zyklischer Konsum usw.). Je nach Marktumfeld werden die sieben Stile unterschiedlich gewichtet. Aktuell sind Finanzaktien deutlich gegenüber der Benchmark übergewichtet wie auch Industrie- und Telekom-Aktien. Untergewichtet sind dagegen vor allem IT- und Gesundheitstitel.

Auf Länderebene ähnelt die Zusammensetzung des Schroder-Fonds die seines Pendants aus dem Hause JOHCM: Frankreich ist stark Übergewichtet, Schweden und die Schweiz sind unterrepräsentiert. Im Gegensatz zu den beiden oberen Fonds sind dagegen deutsche Aktien klar unter- und italienische deutlich übergewichtet.  

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich