Emerging Markets Fonds: Was von der Performance übrig blieb

Zum Abschluss unserer Serie zu Schwellenländern blicken wir auf die Wertentwicklung der grössten und am stärksten nachgefragten Fondskategorien. Eine vordergründig ordentliche Bilanz, doch der Teufel steckt im Detail – und im Anlegerverhalten.

Ali Masarwah 29.09.2016
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Wir kommen zum Abschluss unserer Serie zu Emerging Markets Investments auf die Wertentwicklung zu sprechen. Im ersten Teil unseres Artikels haben wir auf die bemerkenswerte Trendwende in diesem Jahr hingewiesen. Anleger in Europa haben eine alte Liebe wiederentdeckt. Sie kaufen im Zuge der Erholung der Emerging Markets die passenden Fonds als gäbe es kein Morgen mehr. 

Im zweiten Teil haben wir die Dynamik der Mittelflüsse analysiert und ins Verhältnis gesetzt zu Bewertungen (aktienseitig) bzw. zum Ausfallrisiko der Emittenten (Bond-seitig). Das Ergebnis war überwiegend beruhigend: Das Gros der Zuflüsse steuert breit diversifizierte Kategorien wie globale Schwellenländer-Aktien und -Obligationen an. In der Breite sind Aktien moderat bewertet. Einzelne Märkte mögen teuer sein, etwa Indien und – weniger stark ausgeprägt – Lateinamerika, aber insgesamt sind die Zuflüsse nicht dramatisch hoch. Auf der Bond-Seite ist die Bonität zwar nicht gut, aber die Zinsänderungsrisiken sind nicht übermässig hoch.

Wie haben die grossen und "heissen" Kategorien abgeschnitten?

Kommen wir nun zur Performance der Fonds. Wir blicken auf die bereits in den ersten beiden Teilen des Artikels angesprochenen Fonds-Gruppen: zum einen die Kategorien mit der höchsten Dynamik bei den Mittelzuflüssen. Zum anderen die Kategorien mit dem höchsten verwalteten Vermögen. Die 15 Kategorien finden Sie in der unteren Tabelle. 

So lesen Sie die Tabelle: Sortierkriterium ist die relative Rendite der vergangenen drei Jahre. Vergleichsmassstab ist der jeweilige Kategorie-Index, den wir den Fonds zugewiesen haben. Global investierende Schwellenländerfonds für Standardwerte müssen sich beispielsweise am MSCI Emerging Markets Index messen lassen. 

In der Tabelle finden Sie neben den Daten zu Out- und Underperformance für die Ein- und Dreijahres-Perioden die absolute Performance sowie Angaben zum jeweiligen Kategorie-Index. Die Trend-Angaben weiter rechts beziehen sich auf den Grad der Under- bzw. Outperformance (hoch, mittel, niedrig). 

Zu beachten ist, dass unsere Fonds-Kategorien sowohl aktiv verwaltete Fonds als auch Indexfonds (ETFs und nicht-börsenkotierte Fonds) umfassen. Die Tabelle gibt also Aufschluss über die Performance des gesamten europäischen Publikumsfondsmarktes der jeweiligen Kategorie. Einerseits. Andererseits kann sie auch als Proxy für die Bilanz der aktiv verwalteten Fonds gesehen werden; sie machen rund 90 Prozent des Fondsuniversums aus in Europa aus.

Tabelle: Die Performance-Bilanz der wichtigsten Schwellenländer-Fondskategorien

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Aus der oberen Tabelle ist bei einigen Fondskategorien das ungewohnte Phänomen zu beobachten, dass die Performance im Durchschnitt besser ausfällt als die Index-Rendite. Das ist ungewöhnlich, weil Fonds Kosten schultern müssen, die beim Index nicht anfallen. Zu nennen sind vor allem Verwaltungsgebühren und Transaktionskosten. Hinzu kommt, dass auch vor Kosten viele aktive Manager aufgrund von aktiven Entscheidungen schlechter abschneiden als der Index. 

Typischerweise liegen Fondsrenditen auf Kategorien hinter der Benchmark-Performance. Das war in den vergangenen drei Jahren bei vier Gruppen indes nicht der Fall: Aktien Indien, die relativ neue Kategorie der Schwellenländer-Nebenwerte, Aktien China und Aktien Asien ex Japan. Sie lagen mehr oder weniger deutlich vor den jeweiligen MSCI Indizes. 

Allen voran konnten die grösstenteils aktiv verwalteten Indien-Fonds den MSCI India mit einem annualisierten Plus von 6,6 Prozentpunkten regelrecht deklassieren. Auch risiko-seitig überzeugten aktive Fonds gegenüber der Benchmark. Indien gilt nach wie vor als ineffizienter Markt, nicht zuletzt wegen Bilanzierungspraktiken, die nicht immer internationalen Standards genügen. Auch machen Kapitalkontrollen globalen Anlegern das Leben mitunter schwer. 

Dieser positive Befund gilt auch für Schwellenländer-Fonds, die in Aktien aus der zweiten Reihe investieren. Immerhin um jährlich 1,9 Prozentpunkte konnten Nebenwertefonds den Index im Schnitt übertreffen. Auch diese Märkte gelten als ineffizient --  kleinere Unternehmen werden deutlich weniger von Analysten beachtet als grosse. Profitiert haben die Fonds von der Untergewichtung Chinas. Auch Finanz- und Rohstofftitel wurden typischerweise zugunsten der Branchen Basis- und Luxuskonsum untergewichtet. 

Auch bei einigen Underperformern sieht es nicht immer schlecht aus … 

Doch auch bei den Kategorien, deren Fonds im Schnitt hinter dem Index liegen, sieht es auf den ersten Blick nicht immer schlecht aus. Global investierende Schwellenländer-Aktienfonds lagen zwischen September 2013 und August 2016 um 0,22 Punkte pro Jahr hinter dem MSCI Emerging Markets Index. Das ist kein schlechtes Ergebnis, bedenkt man, dass diese Fonds im Schnitt Management-Kosten von gut 1,6 Prozent pro Jahr an die Anleger weitergeben. Transaktionskosten sind dabei nicht inkludiert. Für die relativ gute Performance dürften Allokations-Entscheidungen, vor allem die langfristige Untergewichtung Chinas, die wichtigste Rolle gespielt haben. 

Auch eine jährliche Underperformance von durchschnittlich 1,2 Punkten pro Jahr, wie es bei Lateinamerikafonds seit 2013 der Fall war, stellt vor diesem Hintergrund kein übermässig schlechtes Ergebnis dar. Dies dürfte in erster Linie mit der Untergewichtung brasilianischer Aktien zusammenhängen, was in diesem Jahr freilich – alles hat nun mal auch seine Kehrseite! - der Grund für die signifikante Underperformance gewesen sein dürfte. 

Eindeutig schwach und somit nicht nur mit Fondskosten wegzudiskutieren war dagegen das Ergebnis von Schwellenländer-Mischfonds, deren Benchmark hälftig aus dem JPMorgan EMBI Plus und dem MSCI Emerging Markets besteht. Sie lagen in den vergangenen drei Jahren pro Jahr 5,4 Punkte hinter der zusammengesetzten Benchmark. Auch Fonds für Bonds (Hartwährungen, vorwiegend US-Dollar) sowie Brasilien-Aktienfonds büssten deutlich mehr ein als ihre Benchmarks. Hier dürften Manager-Entscheidungen den grössten (negativen) Performance-Beitrag geleistet haben. Für Schwellenländer-Mischfonds gilt dabei der identische Befund wie bei anderen Mischfondskategorien auch: Benchmarks, die monatlich auf die Ausgangslage zurückgeführt werden und ansonsten ein (logischerweise) statisches Profil aufweisen, sind von aktiv verwalteten Fonds nur sehr schwer zu schlagen. 

… oder doch? Es ist alles eine Frage des Massstabs 

Doch wie sind diese Zahlen zu deuten? Zunächst gilt der bereits erwähnte Befund, dass die Kritik an aktiv verwalteten Fonds in heutiger Zeit oft überzogen ist. Ja, aktiv verwaltete Fonds hinken ihrem Index im Schnitt hinterher, aber in vielen Fällen nicht übermässig. Wenn Aktienfonds für Schwellenländer en gros lagen 0,22 Punkte hinter dem MSCI Emerging Markets liegen und dabei Kosten von mindestens 1,6 Prozent schultern müssen, dann lässt sich ihre Bilanz vor Kosten sehen. Zumal ETFs eben nicht ihre Indizes 1:1 abbilden. Auch bei Indexfonds schlagen Kosten zu Buche. ETFs, die den MSCI Emerging Markets abbilden, lagen p.a. in den vergangenen drei Jahren im Schnitt rund 0,7 Punkte hinter dem Index. Der Schluss liegt also nahe, dass aktive Manager im Schnitt keinen schlechteren Job machen als ETFs. Einerseits. 

Andererseits gilt zu beachten, dass der Anspruch der aktiven Manager nun einmal lautet, nach Kosten einen adäquaten Index zu übertreffen - und nicht den durchschnittlichen ETF auf einen adäquaten Index. Am Ende des Tages läuft es darauf hinaus, dass Anleger und Berater aktiv verwaltete Fonds an ihrem eigenen Anspruch messen müssen. Und hier scheitert die Mehrzahl der Manager. (Freilich kann ein Blick auf die Performance-Bilanz von ETFs dazu beitragen, dass die sprichwörtliche Kirche im Dorf gelassen wird.) 

Doch wir wollen noch etwas tiefer bohren und dem Performance-Profil aktiv verwalteter Fonds auf die Spur gehen. Das exerzieren wir an der Gruppe Schwellenländer Aktien global Standardwerte durch. Per 31. August standen 170 Gewinnerfonds, die den MSCI Emerging Markets (nicht risikoadjustiert) outperformten, 237 Verlierer gegenüber. Die Erfolgsquote lag also bei knapp 41,8 Prozent. Dabei übertrafen die Gewinnerfonds ihre Benchmark seit 2013 im Schnitt um 1,82 Prozentpunkte jährlich. Der beste Fonds übertraf den Index um 8,1 Punkte.

Hingegen underperformten die Verliererfonds den MSCI Emerging Markets im Schnitt um 2,34 Punkte. Das Risiko, einen Verlierer-Fonds zu wählen, belief sich also auf 60 Prozent. Verliererfonds büssten zudem in den vergangenen drei Jahren stärker ein, als der durchschnittliche Gewinner zulegen konnte.  Der schwächste Verliererfonds lag pro Jahr 12,51 Punkte hinter dem Index. 

Die Toten Fonds müssen in die Bilanz einbezogen werden 

Hinzu kommt ein weiterer Umstand, der die Chancen von Beratern und Anlegern beim Fonds-Picking verschlechtert. Erweitert man die Rechnung um die Fonds, die im Verlauf der untersuchten Periode vom Markt genommen wurden, dann sinkt die Erfolgsquote aktiv verwalteter Fonds erneut. Bereinigt man das Sample um die Fonds(-Tranchen), die zwischen September 2013 und August 2016 liquidiert oder fusioniert wurden, sinkt die Erfolgsquote der aktiv verwalteten Fonds von 41,8 auf 33,5 Prozent.

Für Fonds-Picker ist das Glas ist also, je nach Betrachtungsweise, zu Zweidritteln leer oder zu einem Drittel voll. 

Wer die Chance von Investoren, einen guten Fonds zu erwischen, ausloten möchte, muss die Fonds berücksichtigen, die zu Beginn der Investmentperiode zur Verfügung standen. Erfolgreich waren also Investoren, die im September 2013 einen der 170 Fonds auszuwählen, die bis Ende der Periode nicht aufgehört hatten zu existieren und ihre Benchmark übertrafen. Die Grösse des Samples liegt also nicht bei 407, sondern bei 507 Produkten. 

Hinter der relativen Performance von minus 0,22 Punkten versteckt sich also eine vielschichtige Story, an deren Ende die ernüchternde Erkenntnis steht, dass ein beherzigter Griff in die Grabbelkiste der Schwellenländerfonds Anfang September 2013 per Ende August 2016 eine Erfolgschance von etwas über einem Drittel beschieden war. Für Fonds-Picker ist das Glas ist also, je nach Betrachtungsweise, zu Zweidritteln leer oder zu einem Drittel voll. 

Doch die Geschichte endet nicht hier. Wer jetzt seine Hoffnung auf den aktiven Fondsmanager setzt oder die Flinte ins Korn wirft und einen ETF kauft, hat seinen Job als Investor noch längst nicht zu Ende gebracht. Anleger müssen vielmehr ihre „Animal Spirits“, ihre Emotionen, die Affekte, die sie prägen, in den Griff bekommen. Denn es sind die Investoren höchst selber (und vermutlich auch viele Berater) die wesentlich dazu beitragen, dass die reale Rendite, die im Depot unter dem Strich übrigbleibt, regelmässig schlechter ausfällt, als es die üblichen Renditezahlen vermuten lassen. Das Geheimnis liegt im Unterschied zwischen dem Total Return, der zeitgewichteten Rendite, und dem Investor Return, der geldgewichteten Rendite. Auf dieses ohne Übertreibung dramatisch zu nennendes Problem wollen wir in der kommenden Woche eingehen. 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich