Die Tücken der Durchschnitte oder der Triumpf des Einzelfonds

Einige Leser fragen, ob die gute Bilanz von MSCI World-Trackern einen Wechsel in ETFs nach sich ziehen sollte. Auch die Frage, welche globalen Aktienfonds in einer Baisse das Zeug zur Outperformance haben, ging jüngst bei uns ein. Das erfordert eine kurze und eine etwas längere Antwort.

Ali Masarwah 03.04.2018
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Kurz nach Veröffentlichung des Beitrags über die Bilanz passiv verwalteter Fonds in den großen Fondskategorien haben sich einige Leser bei uns mit Fragen gemeldet. Die beiden häufigsten lauteten: „Wenn ETFs, die den MSCI World abbilden, so gut sind, soll ich jetzt meinen aktiv verwalteten Aktienfonds aus dem Depot werfen?“; „Welche global investierenden Fonds haben heute in der Baisse das Zeug zur Outperformance?“.

Weil die Fragen von höchster Relevanz sind und zahlreiche Investoren betreffen dürften, wollen wir sie in einem größeren Forum beantworten.

Die einfache Antwort: Nicht verkaufen!

Die erste Frage ist schnell beantwortet: Nein, dass passive Fonds besonders gut abschneiden, heißt auf keinen Fall, dass man seine aktiv verwalteten Fonds aus dem Depot werfen sollte! Das gilt für global anlegende Aktienfonds wie für Fonds in anderen Kategorien auch. Die Begründung ist denkbar einfach: Es gibt jede Menge gute aktiv verwaltete Aktienfonds da draußen! Um im Beispiel der Kategorie „Aktien Standardwerte global“ zu bleiben: Die Tatsache, dass 96 Prozent der Fondsgelder, die in Indexfonds stecken (genauer gesagt: in der Morningstar Kategorie: Global Large-Cap Blend), ein Vier- oder Fünf-Sterne-Rating halten, ist zwar beachtlich. Denn es zeigt, dass die Indexfonds, die zumeist den MSCI World Index oder MSCI AC World Index abbilden, überdurchschnittlich gut sind.

Aber der Umkehrschluss gilt natürlich nicht: Im besagten Sample konnten 334 Produkte europaweit eine überdurchschnittliche gute risikoadjustierte Rendite, ausgedrückt in Vier- und Fünf-Sterne-Ratings, erzielen. (353 aktiv verwaltete Fonds schnitten unterdurchschnittlich ab, ausgedrückt in Ein- und Zwei-Sterne-Ratings). Wer also mit der Performance seines aktiv verwalteten Fonds zufrieden ist, sollte ihn auf keinen Fall verkaufen. Im Gegenteil: Unsere aktuelle Studie, die zeigt, dass man auch bei Outperformer-Fonds in einer 15-Jahres-Periode unter Umständen bis zu elf Jahren Underperformance ertragen muss, deutet an, dass die üblichen Halteperioden bei aktiv verwalteten Fonds viel zu kurz bemessen sind.

Anders formuliert: Bei großen Kategorien nähert sich die Performance aktiv verwalteter Fonds dem (Markt-)Durchschnitt an. Und da bei aktiv verwalteten Fonds Kosten entstehen, ist die Performance der großen Durchschnitte fast immer schlechter als die des Markets (also des Index). Aber diese Durchschnittswerte implizieren zwingend auch die Existenz von überdurchschnittlich guten Fonds. Wer also von seinem Fonds überzeugt ist, sollte unbedingt dabeibleiben! (Interessanterweise konnten aktiv verwaltete globale Aktienfonds 2017 erstmals seit 2009 auch im Durchschnitt den MSCI World übertreffen, was vor allem an der Übergewichtung des Euro bzw. der Untergewichtung von US-Aktien lag, aber das tut in diesem Zusammenhang nichts zur Sache.)

Die zweite Antwort erfordert viel Scroll-Aktivitäten: Bitte trotzdem weiterlesen!

Die zweite Frage ist tückisch. Auch wenn wir bei Morningstar über einen riesigen Datenkranz zu Investmentfonds verfügen, so sind wir keinesfalls im Besitz einer Kristallkugel, die uns sagt, welche Fonds in der derzeitigen Korrektur (sofern es sich heute überhaupt um eine handelt!), vorne liegen werden. Das tückische an Prognosen ist nun einmal, dass sie auf die Zukunft ausgerichtet sind, und was die bringt, weiß keiner.

Doch wir wollen uns auch nicht so sang- und klanglos aus der Verantwortung stehlen. Schließlich bewerten wir Fonds nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Im Gegensatz zum quantitativen Morningstar Sterne-Rating hat unser qualitatives Morningstar Analyst Rating den Anspruch, künftige Outperformer auszumachen. Auch wenn sich diese Prognose nicht auf dezidierte Baisse- oder Hausse-Phasen ausgerichtet ist, sondern auf einen ganzen Zyklus, so fällt auf, dass bestimmte Fonds in Abwärtsphasen dezidierte Eigenschaften aufweisen. Folgende fünf Fonds haben wir identifiziert, die über ein positives qualitatives Morningstar Analyst Rating verfügen und die in mindestens zwei der drei vergangenen Abwärtsphasen beim MSCI World unterdurchschnittliche Verluste hinnehmen mussten. Wir haben folgende Phasen identifiziert:

-        November 2007 bis März 2009;

-        August 2011 bis Juni 2012

-        August 2015 bis Februar 2016.

Folgende Fonds haben in mindestens zwei Phasen weniger verloren als der MSCI World Index (ohne in nachfolgenden Aufwärtsphasen hoffnungslos hinten zu liegen). Auch wenn wir natürlich keine Gewähr dafür übernehmen, dass diese Fonds auch künftig in einer Abwärtsphase vor Vergleichsgruppe und Index liegen, sollten sich Investoren bzw. Berater die Produkte näher ansehen. Der Fondsname ist mit einem Hyperlink unterlegt, der zu den jeweiligen Fondsportraits auf unserer Homepage führt.

Fundsmith Equity Feeder: Analyst Rating “Gold”

Das Original wurde 2010 in Großbritannien aufgelegt, Anleger auf dem Kontinent haben seit 2011 über einen Feeder-Fonds Zugang zu der Strategie, die Terry Smith managt. Smith stellt ein fokussiertes Portfolio aus Unternehmen zusammen, denen er eine hohe Qualität bescheinigt. Sein Basisszenario ist, dass er lebenslang in diese Unternehmen investieren wird. Tatsächlich ist sein Anlagehorizont einer der längsten unter den Managern, die wir qualitativ bewerten. Der jährliche Portfolioumschlag liegt bei unter fünf Prozent. Das begrenzt auch die Transaktionskosten, was Smith für sehr wichtig hält. Seine Unternehmenskenntnisse sind beeindruckend.

Auch wenn der Fonds durch seinen Anlagestil in den letzten Jahren viel Rückenwind bekam, so hat sich die Aktienauswahl ausgezahlt, selbst wenn man diesen Stileffekt herausrechnet. Auch wenn Smith ein fokussiertes Portfolio zusammenstellt, das deutlich vom Index abweicht, so wurden die Risiken in den vergangenen Jahren deutlich begrenzt. Besonders beeindruckend war die Outperformance 2011 bis 2012, aber auch 2015/16 lagen die Verluste des Fundsmith Equity deutlich unter den Verlusten beim MSCI World.

Veritas Global Focus: Analyst Rating “Gold”

Im deutschsprachigen Raum ist der von Andrew Headley und Charles Richardson gemanagte Fonds nur in der Schweiz verfügbar. Der Veritas Global Focus gehört nach wie vor zu den Favoriten unserer Fondsanalysten. Die Besonderheit des Ansatzes besteht darin, dass die Manager auf reale Renditen abzielen und dabei wenig auf das Benchmark-Risiko geben. Headley und Richardson nutzen einen thematischen Rahmen, um Industrien zu identifizieren, die von strukturellen Wachstumstrends profitieren. Dieser Top-down-Ansatz wird dann kombiniert mit der Suche nach Unternehmen mit dauerhaften Wettbewerbsvorteilen und starken, nachhaltigen Cashflows. Bei jeder Investition versuchen sie, möglichst genau die Sicherheitsmarge zu taxieren, die vor Kursrückschlägen schützt. In allen drei betrachteten Baisse-Phasen gelang es dem Fonds, die Verluste zu begrenzen.

Uni-Global Equities World: Analyst Rating “Silver”

Bei diesem Fonds wird das Risikomanagement großgeschrieben. Das hat die Performance des Fonds 2016 und 2017 etwas gebremst, hat sich a la longue aber ausgezahlt. Der Prozess verbindet quantitative Optimierungstechniken mit fundamentalen Risikobewertungen zu einem diversifizierten Portfolio mit geringer Volatilität und reduzierten Drawdowns im Vergleich zum globalen Aktienmarkt. Das Fondsmanager-Team wird von Alexei Jourovski geleitet. Die quantitativen Kennzahlen werden vom Team validiert, um mögliche Fundamental- oder Bewertungsrisiken zu vermeiden. Die Strategie wird ständig mit dem Ziel verfeinert, Risiken besser zu identifizieren und zu steuern. So berücksichtigt das Team beispielsweise die Zinssensitivität von Aktien und überwacht sorgfältig die teuersten Sektoren und Einzeltitel, um gegebenenfalls deren Gewichtung im Optimierungsmodell einzuschränken. Diesem Ansatz folgend weist das Portfolio eine Tendenz zu niedrigeren Bewertungen auf. In allen drei Zeiträumen verlor der Fonds mitunter deutlich weniger als der Marktindex.

Schroder International Selection Fund QEP Global Quality: Analyst Rating “Bronze”

Dieser Fonds wird von Justin Abercrombie seit Auflage im Oktober 2007 nach einem von ihm entwickelten quantitativen Modell verwaltet. Er wird von 15 Investment-Profis des QEP-Investment-Teams mit einer durchschnittlichen Erfahrung von elf Jahren unterstützt. Das hier angewandte Modell konzentriert sich ausschließlich auf hochwertige Wachstumswerte. Aktien mit Attributen wie hohem Beta bzw. hoher Volatilität, die übermäßig viel gehandelt werden, werden vermieden. Im Fonds landen Unternehmen mit hoher Rentabilität, Stabilität und Finanzkraft. Die Anlagephilosophie des Managers basiert auf der Kombination von Fundamentaldaten und gut recherchierten Verhaltensweisen, wobei der Portfolioaufbau und die Diversifikation von Top-Down-Risiken im Vordergrund stehen.

Schroder International Selection Fund QEP Global Core: Analyst Rating “Bronze”

Auch dieser Fonds wird von Justin Abercrombie verantwortet. Er wendet ein ähnliches Modell wie beim QEP Global Quality an, hat allerdings einen stärkeren Fokus auf günstig bewertete Aktien, wobei auch hier die Qualität der Unternehmen großgeschrieben wird. Der Quality-Ansatz wird auch hier durch den Fokus auf Rentabilität, Stabilität und Finanzkraft realisiert. Der Value-Faktor wird durch absolute und relative Größen erfasst mit Blick auf Cashflows, Umsätze und die Bewertung von Assets. Beide QEP-Ansätze haben sich in den vergangenen drei Korrekturphasen bewährt.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich