Auch wenn die Unsicherheit der Wahl jetzt überstanden ist, bleibt die große Frage, wie Lula die Probleme des Landes anpacken wird. Auf der einen Seite stehen die Hoffnungen der Millionen von Menschen, die ihn gewählt haben. Doch mehr als 100 Millionen Brasilianer leben von weniger als zwei Dollar täglich, und auf der anderen Seite steht die internationale Finanzgemeinschaft und besonders der Internationale Währungsfonds IWF.
Diese Aufgabe wird nicht einfach. Zuerst wird Lula die Zinssätze senken müssen, ohne der Landeswährung Real zu sehr zu schaden. In den vergangenen vier Wochen erhöhte die Zentralbank des Landes die Sätze von 18 auf 21 Prozent, um einen massiven Abfluss von Kapital zu vermeiden.
Dann wird er die internationale Finanzgemeinschaft überzeugen müssen, dass sein Plan funktioniert. Wenn er erfolgreich ist, wird der Real einen Teil der dramatischen Wertverluste von mehr als 40 Prozent gutmachen, die die Währung seit Jahresanfang erlitten hat. Auch die Risiken, im Land zu investieren, würden damit geringer.
Derzeit beträgt der sogenannte Spread, der Unterschied der Zinssätze, die auch als Landesrisiko bezeichnet werden, zwischen brasilianischen Regierungsanleihen und den Pendants in den USA rund 18 Prozent.
Auch ist es wichtig zu erwähnen, dass Lula trotz seines Siegs mit anderen Parteien verhandeln muss, um eine Mehrheit im Kongress zu erreichen. Dies könnte die politische Situation verkomplizieren.
Es ist schwierig einzuschätzen, in wie weit die Märkte die Landesrisiken in Brasilien und die möglichen Auswirkungen auf die übrigen Schwellenländer eingepreist haben. Klar ist jedoch, dass sowohl externe wie auch interne Faktoren die kurzfristige Entwicklung beeinflussen werden.
Die Stimmung der Investoren ist jedoch nicht sehr positiv. Europäische Fondsmanager sagten in der letzten Morningstar European Fund Trends Survey, dass Lateinamerika der schlechteste Markt der kommenden zwölf Monate werden könnte.