Geld und Moral

Wer heutzutage abseits der üblichen Wege investieren möchte, bekommt vermehrt so genannte nachhaltige Investments ans Herz gelegt. Aber was heißt Nachhaltigkeit? Werden Unternehmen dadurch zu besserem Verhalten angehalten? Und wie schneiden entsprechende Fonds gegenüber traditionellen Investmentstrategien ab?

Natalia Wolfstetter 10.08.2007
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Die Diskussion um Klimawandel, Hybridmotoren oder Biolebensmittel hat die Mitte der Gesellschaft erreicht. Auch die Geldanlage bleibt davon nicht ausgeklammert. Anleger können sich mittlerweile nicht mehr über eine mangelnde Auswahl an Investmentfonds mit nachhaltigem Anspruch beklagen.

Traditionelle Fonds investieren anhand finanzieller Kriterien. Die Manager nachhaltiger Investments gehen darüber hinaus. Sie lassen auch ökologische, soziale und ethische Aspekte in ihre Entscheidungen einfließen. Mögliche Fragen lauten dann: Wie genau nimmt es ein Unternehmen mit dem Umweltschutz? Wie schonend geht es mit Resourcen um? Welche Arbeitsbedingungen und Weiterbildungsmaßnahmen bietet es seinen Mitarbeitern? Wie sicher sind die Arbeitsplätze? Wie geht es mit Lieferanten und Kunden u

m? Wie transparent und nachvollziehbar ist die Unternehmensführung? Gibt es Maßnahmen gegen Korruption?

Warum nachhaltig wirtschaften und investieren?

Die Verfechter nachhaltiger Investments appellieren nicht nur an das Gewissen der Anleger. Sie verweisen auch auf Einsparpotentiale durch einen effizienteren Ressourceneinsatz. Und sie gehen davon aus, dass nachhaltig wirtschaftende Unternehmen weniger Risiken aufweisen. Sie riskieren weniger Skandale, die in Imageschäden (Bsp.: Kinderarbeit) oder Schadensersatzklagen (Asbest) münden können. Sie stehen bei einer Verschärfung von Umweltauflagen besser da als die Konkurrenz. In diesem Sinne ist ein Screening von Unternehmen nach Nachhaltigkeitskriterien auch als Risikomanagement zu verstehen.

Nicht zuletzt eröffnet die zunehmende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen auch neue Geschäftsmöglichkeiten. Als Paradebeispiel gilt die boomende Branche für erneuerbare Energien.

Nachhaltigkeit auf Kosten der Rendite?

Anleger fragen sich oft, ob sie für die Berücksichtigung von nachhaltigen Kriterien gegenüber traditionellen Investments auf Rendite verzichten müssen. Lohnt sich nachhaltiges Verhalten oder führt es zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber der Konkurrenz? Zumal jedem sicherlich Beispiele von ökologisch oder sozial fragwürdigen Unternehmen einfallen, mit denen sich bisher sehr gut Geld verdienen ließ.

Die Frage lautet also: Schlägt sich Nachhaltigkeit auch in den Aktienkursen nieder?

Zu diesem Thema gibt es mittlerweile zahlreiche empirische Studien. Die meisten beziehen sich auf Best-in-Class-Ansätze, die mit herkömmlichen, breit gestreuten Aktienstrategien verglichen werden. Genereller Tenor: Investoren mussten in der Vergangenheit keine Abstriche bei der risikobereinigten Rendite machen. Manche Untersuchungen kamen aber zum Ergebnis, dass die Risiken teilweise höher als bei konventionellen Investments ausfielen.

Fonds mit engerem Anlageschwerpunkt (z.B. Alternative Energien) haben in den vergangenen Jahren besonders gut abgeschnitten. Tatsachlich weisen einige empirische Studien auf einen Renditevorteil von Unternehmen aus besonders umweltverträglichen Branchen hin. Hier ist allerdings der Vergleich mit breit gestreuten traditionellen Fonds irreführend, da dies den Brancheneffekt außer Acht lassen würde.

Interpretationssache: Was macht Unternehmen nachhaltig?

Unabhängig von den Ergebnissen dieser Untersuchungen stellt sich die Frage, was eigentlich unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist. Eine einheitliche Definition gibt es nicht. Zwar sind die angewendeten Kriterien meist ähnlich, doch werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Ökologische Kriterien könnten leichter messbar sein als etwa soziale Gesichtspunkte. Letztendlich ist die Einschätzung der Nachhaltigkeit – wie es auch bei der Beurteilung eines Unternehmens nach finanziellen Maßgaben meist der Fall ist – ein Werturteil.

Ähnlich verhält es sich, wenn ein Urteil über Trends wie die zunehmende Popularität von Biokraftstoffen gefragt ist. Für Kraftstoffe aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen spricht einiges: Sie helfen u.a. dabei, die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen sowie die CO2-Emissionen zu reduzieren. Andererseits ist der Anbau wiederum mit zahlreichen Umweltbelastungen verbunden und steht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Die Netto-Bilanz ist also keineswegs klar.

Auch einzelne Unternehmen sind nicht schwarz oder weiß, sondern bewegen sich in einer Grauzone. Bei genauerem Hinsehen werden sich fast immer Geschäftsbereiche oder -aktivitäten finden, die zumindest strittig sind. Dies alles führt dazu, dass Kritiker der nachhaltigen Anlage eher Alibifunktion als echten Einfluss auf das Verhalten von Unternehmen zubilligen. Dazu sei auch das Anlagevolumen im Vergleich zu konventionellen Investments noch zu gering. In Deutschland liegt der Anteil nach Schätzungen bei 1%, in den USA sind es rund 10% - getrieben aber hauptsächlich durch institutionelle Investoren.

Anleger, die die Hände trotz dieser Schwierigkeiten nicht in den Schoß legen möchten, finden heutzutage eine Vielfalt an Nachhaltigkeitskonzepten. Inwieweit sie den eigenen Vorstellungen entsprechen, ist eine andere Frage. Darum sollte ein Blick hinter die Kulissen nie fehlen.

Nachhaltigkeit – breit gefasst

Wie funktioniert die Auswahl nachhaltiger Unternehmen in der Praxis? Viele Nachhaltigkeitsfonds investieren heutzutage nach dem „Best-in-Class“-Ansatz breit gestreut in nahezu alle Branchen und suchen darin nach Unternehmen, die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien besonders gut erfüllen. Zwar sind bestimmte Sektoren meist von Vorneherein ausgeschlossen (z.B. Tabak- oder Atomindustrie), doch kommen Unternehmen aus anderen eher „problematischen“ Bereichen (Energie) durchaus zum Zug. Allerdings werden an sie normalerweise höhere Anforderungen gestellt. So finden sich in Best-in-Class-Portfolios auch Werte, die mancher Anleger auf den ersten Blick nicht für besonders nachhaltig halten würde. Diese Fonds können jedoch durch ihre breite Ausrichtung mit traditionellen Anlagestrategien und den zugehörigen Indizes (z.B. MSCI World für weltweite Aktien) verglichen werden. Sie kommen als Basisinvestment für den Kern eines Portfolios in Frage. Wer allerdings auf eine stärkere Abgrenzung zu traditionellen Investments Wert legt, sollte auf Fonds mit strengeren Kriterien oder einem enger gefassten Anlageschwerpunkt achten.

Branchenfokus

Bei letzteren handelt es sich meist um Produkte, die auf viel versprechende Trends oder Neuentwicklungen setzen, z.B. Branchenfonds für erneuerbare Energien, Wasser oder Umwelttechnik. Die mit der Klimadiskussion auf den Markt gespülten „Klimafonds“ können im weitesten Sinne ebenfalls dazugezählt werden. Soziale oder ethische Kriterien kommen bei der Aktienauswahl allerdings nicht immer oder nur begrenzt zum Tragen.

Ohnehin sollte man bedenken: Je spezieller der Anlagefokus, desto kleiner ist das verfügbare Anlageuniversum und desto höher sind tendenziell auch die Wertschwankungen. Ein direkter Vergleich mit breit diversifizierten Fonds ist irreführend. Zudem investiert der Anleger tendenziell eher in kleine und mittelgroße Unternehmen, während Best-in-Class-Strategien auch auf Werte mit hoher Marktkapitalisierung setzen können.

Mehr über verschiedene Konzepte und die zugehörigen Produkte erfahren Sie hier.

„Nachhaltige Investments“ sind auch ein Thema auf der Morningstar Investment Konferenz am 6. und 7. November 2007 in Wiesbaden. Infos zum Programm und eine Anmeldemöglichkeit finden Sie hier.
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Über den Autor

Natalia Wolfstetter  ist Director Fund Analysis bei Morningstar