Es könnte noch dauern, bis die Anleihenblase platzt.

Interview: John Stopford, Anleihenchef bei Investec Asset Management, über überhitzte Anleihenmärkte und Chancen in den Emerging Markets.

Holly Cook 10.10.2010
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Holly Cook: Anleihen sind derzeit heiß begehrt und ziehen viel Anlegergeld an. Schon länger ist von einer Blase auf dem Anleihenmarkt die Rede. Sehen Sie das auch so?

John Stopford: Da ist etwas dran. Wenn man die Bewertung von Staatsanleihen betrachtet, so preisen diese sehr viele schlechte Nachrichten ein, quasi eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein Japan-Szenario. Das Problem bei Spekulationsblasen liegt darin, dass diese länger anhalten und größer werden können als man erwartet. Aus guten Gründen sehen wir meiner Meinung nach derzeit keine Wende am Markt. Der Hauptgrund liegt darin, dass die Notenbanken weiterhin zu einer lockeren Geldpolitik tendieren und die Zinsen niedrig halten. Daher könnte es noch 12 Monate oder länger dauern, bis die Blase platzt.

Cook: Wie beurteilen Sie generell die Aussichten für Anleihen?

Stopford: Staatsanleihen sehen relativ teuer aus, aber wir sehen noch Spielraum in anderen Anleihensegmenten, insbesondere bei Unternehmensanleihen – sowohl im Bereich Investment Grade als auch bei hochverzinslichen Papieren. Angesichts der verbesserten Fundamentaldaten der Unternehmen bieten Firmenbonds einen attraktiven Renditeaufschlag gegenüber Staatsanleihen. Außerdem ist es sinnvoll, sich nicht nur auf die traditionellen Märkte zu beschränken, sondern auch nach Investmentgelegenheiten in den Emerging Markets Ausschau zu halten. Hier sehen wir relativ gesunde Bilanzen, attraktive Zinsniveaus und ein sinkendes Risiko gegenüber den entwickelten Märkten. In diesem Zusammenhang bieten sich auch auf Währungsseite Chancen. Ein weiteres Segment, das wir interessant finden, sind inflationsgeschützte Anleihen, da die vorherrschende Geldpolitik letztendlich zu Inflation führen wird.

Cook: Wie spiegelt sich das in Ihren Fonds wieder?

Stopford: Z.B. haben wir vor kurzem Positionen in einigen Schwellenländerwährungen sowie im Australischen Dollar und der Norwegischen Krone aufgebaut. Im Gegenzug haben wir unser Dollar- und Euro-Engagement reduziert. Dies beruht auf unserer Einschätzung, dass die Schuldenproblematik in den USA und die strukturellen Probleme in Europa sich letztendlich auch auf die Währungen auswirken werden. Die Notenbanken, insbesondere die Fed, haben uns sogar grünes Licht dafür gegeben, US-Dollar zu verkaufen. Ein breit diversifiziertes Währungsengagement bietet somit auch eine Absicherung gegen Politikfehler in den entwickelten Märkten.

Cook: Man kann also sagen, dass das Renditepotential in naher Zukunft eher begrenzt ist, aber innerhalb des Anleihenmarkts durchaus Diversifizierungspotential besteht?

Stopford: Ja, in gewissem Maße. Sicherlich sind die Renditen stark rückläufig gewesen, so dass die Kurschancen der Vergangenheit so nicht mehr bestehen. Allerdings ist der Rentenmarkt keine homogene Anlageklasse. Es gibt viele Bereiche am Markt, die an unterschiedlichen Zeitpunkten des Konjunkturzyklus oder aufgrund einer abweichenden Bewertung gutes Renditepotential bieten, während man andere Bereiche eher meiden sollte. Wer darüber nicht selbst urteilen möchte, ist mit einem breit aufgestellten Anleihenfonds, in dem der Fondsmanager die Allokation aktiv managt, gut bedient und kann auch im Niedrigzinsumfeld vernünftige Renditen erwirtschaften.

Cook: Danke für das Gespräch.

Dieses Interview erschien ursprünglich auf www.morningstar.co.uk. Wir veröffentlichen es in Auszügen.

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Über den Autor

Holly Cook

Holly Cook  is Manager, Morningstar EMEA Websites