Zumindest im Handel wenig turbulent: die „PIGS“-Märkte

Wer von der günstigen Bewertung südeuropäischer Aktien überzeugt ist, sollte sein Geld nicht im Handel verschwenden. Der Morningstar Spread-Bericht. 

Facebook Twitter LinkedIn

ETFs sind günstig, aber … Zum Selbstverständnis der ETF-Branche gehört es, Investoren einen günstigen Zugang zu Risikoquellen zu verschaffen. Die ausgewiesenen Kosten sind im Vergleich zu denen aktiv verwalteter Fonds günstig. Während bei Aktienfonds im Schnitt Gesamtkostenquoten (TER) von 1,8 % jährlich anfallen, liegen die Kosten von Aktien-ETFs im Schnitt europaweit bei 0,46%.


Allerdings sind die TERs nur ein Teil des Bildes. Bei ETFs kommen Handelskosten hinzu, die im Gegensatz zum Ausgabeaufschlag von aktiven Fonds je nach Produkt, Zeit und Handelsplatz stark schwanken können. Insofern gibt die TER nicht das gesamte Bild der Kosten eines ETFs wider. Vor allem die Handelskosten eines ETFs können ins Kontor schlagen (lesen Sie hier mehr zum Thema "Kosten für ETF-Anleger").


Der Spread ist die Spanne zwischen An- und Verkauf eines Produkts, die sowohl im börslichen als auch im außerbörslichen Handel entsteht (Lesen Sie hier, wie die Handelsspannen bei ETFs zustande kommen). Um Anlegern einen besseren Überblick zu ermöglichen, berichten wir jede Woche über die Handelskosten einer ausgewählten ETF-Kategorie. Dabei prüfen wir den durchschnittlichen Spread, der an den vorangegangenen 5 Handelstagen angefallen ist. Der durchschnittliche Spread an den 5 Tagen setzt sich aus tausenden von Datenpunkten zusammen und bildet das Sortierkriterium unseres wöchentlichen Rankings. Bei der Auswahl entscheiden wir uns für den Börsenplatz in Europa mit den günstigsten Handelskonditionen.


In dieser Woche haben wir uns die sogenannten PIGS-Länder angeschaut. Das sind Portugal, Italien Griechenland und Spanien. (das „I“ steht in unserem Fall für „Italien“ und nicht für „Irland“, weil ETFs auf den irischen Aktienmarkt nicht vorhanden sind). 




Wir haben uns dabei nicht "trotz", sondern "wegen" der Eurokrise für die PIGS-Indizes entschieden: Für Value-Investoren, die vor allem die Bewertungen im Blick haben, könnte es Argumente für eine Beimischung in Südeuropa geben. Gerade für antizyklische Investoren spricht zunächst die Stimmung für die Euro-Problemkinder: Wenn sich die meisten Investoren abwenden, schlägt die Stunde derjenigen, die gegen den Strom schwimmen. Tatsächlich mussten die 4-PIGS-Börsen in den vergangenen 12 Monaten sehr hohe Verluste hinnehmen: Am „glimpflichsten“ kam der italienische MIB Index mit minus 24% weg, am schlechtesten der ASE in Athen mit minus 50%. (Der spanische Ibex verlor in den vergangenen 12 Monaten 31%, der PSI 20 in Portugal knapp 30%.) 


Darüber hinaus gehören viele der großen Konzerne in den Euro-Südländern zu den Weltmarktführern in ihren Branchen - BBVA, Santander und Inditex sind nur 3 Beispiele. Wegen des sehr hohen Risikos sollten allerdings auch risikobereite Investoren nicht alles auf eine Karte setzen und über mehrere Länder diversifizieren.


Doch nun zu unserem Ranking, das wir nicht nur nach der Höhe der Spanne zwischen An- und Verkauf, sondern in dieser Analyse auch nach Land sortiert haben. Im Falle Portugals haben die Anleger keine Qual der Wahl: Es gibt europaweit nur einen ETF auf den PSI 20. Gerade die Handelsdaten zum ComStage ETF PSI 20 zeigen indes, dass ETFs auch in schwierigen Zeiten mit günstigen Kosten im Handel punkten können. Der ETF der Commerzbank-Tochter brachte es an den fünf Handelstagen zwischen dem 5. Und 11 Juli auf einen durchschnittlichen Spread von nur 2 Basispunkten. Das ist ein Niveau, wie man es von sehr liquiden Standardwerteindizes der Industrieländer kennt. 


Dass trotz der Schuldenkrise die Spreads in den meisten Ländern nicht negativ beeinflusst zu sein scheinen, zeigt auch das Beispiel der Griechenland-ETFs, die allesamt den ATHEX abbilden. Mit nur einem Basispunkt kommt der Lyxor-ETF an der Börse Mailand auf die engste Handelspanne, gefolgt von 2 Produkten, die nur an der Börse in Athen gelistet sind. 


Auch die ETFs auf den italienischen FTSE MIB bestechen - bei den Produkten von Amundi und Credit Suisse mit Einschränkungen - durch enge Spreads. 


Apropos Listings: Dass es sich für deutschsprachige Investoren um Exoten-Märkte handelt, zeigt auch die Übersicht über die Spanien-ETFs: Nicht alle Produkte sind an den heimischen Börsen gelistet. Und gerade die nicht hierzulande kotierten Fonds punkten im Handel: Nur Acción als spanischer und ESAF als portugiesischer Anbieter konnten mit jeweils 2 Basispunkten „wettbewerbsfähige“ Spreads anbieten. Auf den db x-trackers Ibex 35 Index ETF entfielen Kosten von 12 Basispunkte, mit 23 bzw. 28 Basispunkten waren die Produkte von Lyxor und Amundi von allem PIGS-ETFs die teuersten im Handel. Zumindest bei einigen Anbietern scheint also die Krise in Spanien doch nicht spurlos vorübergegangen zu sein!


Außerdem ist es erwähnenswert, dass die synthetische Replikation für diese Märkte die bevorzugte Methode zu sein scheint. Obwohl man angesichts der relativ guten Liquidität ein ausgewogeneres Bild erwarten würde. Griechenland fällt dabei etwas aus der Reihe, da zwei der drei Produkte physisch repliziert sind. Da diese allerdings von griechischen Anbietern stammen, scheint hier der „Heimvorteil“ und nicht die Replikationsmethode entscheidend für die Kosten zu sein. Für den Portugal-ETF ist Lissabon die günstigste Börse und in Italien ist es Mailand.


Das letzte Wort gebührt den laufenden Kosten: ETFs auf diese Märkte weisen deutlich höhere TER auf als breit diversifizierte Euroland-ETFs und Produkte auf andere Länder-Aktienindizes, wie etwa den DAX 30, SMI oder FTSE 100. Teilweise sind die laufenden Kosten der PIGS-ETFs sogar mit denen von Schwellenländer-ETFs  vergleichbar. Umso wichtiger ist es für Anleger, nicht auch im Handel übermäßig hohe Kosten zu berappen. 

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich