iShares behauptet im ersten Halbjahr Marktführerschaft

Anbieter von Swap-ETFs verlieren unverändert Marktanteile/ETF-Geschäft in Europa schwächelt/Der Morningstar ETF-Absatzbericht (II).

Ali Masarwah 20.07.2012
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Die Bilanz der Anbieter von Swap-basierten ETFs kann zur Jahresmitte nur lauten: Es ist nicht alles gut im Staate Europa. Immer noch nicht. Hatten Emittenten wie die Deutsche Bank und Lyxor zum Jahreswechsel noch darauf gesetzt, dass die Stabilisierung der europäischen Banken und eine damit einhergehende Eindämmung der Eurokrise die Abflüsse aus ihren ETFs stoppen würden, sehen sie sich nun, sechs Monate später eines Besseren belehrt. Die Zweiteilung der ETF-Branche setzt sich fort; die Anbieter physisch replizierender ETFs, allen voran iShares, eilen davon. Dass sich das Tempo der Abflüsse aus Swap-ETFs verlangsamt hat, ändert nichts Grundsätzliches an diesem Befund. 


Wie aus der Absatz- und Volumenstatistik von Morningstar zum Halbjahr hervorgeht, hat Platzhirsch iShares seine Marktführerschaft 2012 weiter ausgebaut. Mit Nettomittelzuflüssen von 2,94 Milliarden Euro setzte sich iShares an die Spitze der ETF-Branche und steigerte ebenfalls seinen Marktanteil auf gut 40%. Dagegen mussten die beiden größten Anbieter Swap-basierter Produkte in Europa, db x-trackers und Lyxor, mit 740 Millionen bzw 772 Millionen Euro die höchsten Abflüsse hinnehmen, gefolgt von weiteren Anbietern Swap-basierter Produkte wie der Commerzbank, EasyETF und BNP Paribas, die mittlere bis niedrige dreistellige Millionen-Euro-Beträge an Abgängen aus ihren Indexfonds verzeichnen mussten. 


Zu den weiteren Profiteuren in diesem Jahr zählen Source und ETF Securities, die vor allem mit Nischenprodukten wie Volatilitäts-ETFs und aktiven ETFs bzw Rohstoff-ETCs punkten. Sie sammelten in den ersten 6 Monaten 1,22 bzw 1,0 Milliarden Euro ein. Auch State Street und UBS konnten deutliche Zuflüsse verzeichnen. 


Das Motto von Investoren lautet in diesen Tagen offenbar: Im Zweifel für die voll replizierenden ETFs. Das zeigt sich sowohl bei Produktkategorien, die gefragt waren als auch bei solchen, die überwiegend verkauft wurden. 


Beispiel Euro-Unternehmensanleihen: Die 4 ETFs mit den höchsten Nettomittelzuflüssen dieser stark nachgefragten Produktkategorie waren in den ersten 6 Monaten allesamt iShares-ETFs, die zusammen knapp 1,3 Milliarden Euro einsammelten. Erst auf Platz 5 folgt der Lyxor ETF Euro Corporate Bond ETF mit Zuflüssen von 115 Millionen Euro. 


Beispiel ETFs für deutsche Standardwerte: Die einzigen Produkte, die in diesem insgesamt wenig nachgefragten Aktiensektor Zuflüsse verzeichnen konnten, waren voll replizierende Produkte: Die beiden ETFlab-Dax-ETFs und der Comstage ETF DAX FR waren die einzigen ETFs, die nennenswerte Nettoneugelder verbuchen konnten. Bei den Abflüssen stachen - neben dem iShares Dax – vor allem die Swap-ETFs von db x-trackers, Lyxor, Comstage und Amundi hervor. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Produkten, die den Euro Stoxx 50 Index replizieren. 


Vor diesem Hintergrund geht auch die Schere beim Volumenwachstum deutlich auseinander: Marktbedingt konnten die großen Swap-ETF-Anbieter das verwaltete Vermögen im ersten Halbjahr im Schnitt um rund 2,8% steigern. Demgegenüber lag die Wachstumsrate bei iShares bei rund 10%. 


Ungeachtet dieses gemischten Bildes gibt sich die ETF-Branche zuversichtlich. Erst in der vergangenen Woche vermeldete der Vermögensverwalter BlackRock, zu dem auch ETF-Marktführer iShares gehört, die ETF-Industrie habe weltweit im ersten Halbjahr Zuflüsse „in noch nie dagewesener Höhe“ verbucht. Seit Jahresbeginn hätten Indexprodukte 105 Milliarden US-Dollar an Nettoneugelder angelockt, ein Plus von 16% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 


Wer allerdings das Wachstum in Europa sucht, muss der Statistik schon fast mit der Lupe zuleibe rücken. Laut den Morningstar-Halbjahreszahlen flossen der europäischen ETF-Branche nur 4,74 Milliarden Euro zu, ein Bruchteil der globalen Zuflüsse. Gefragt waren dabei vorwiegend Bond-Produkte. Auf diesem Segment sowie auf Rohstoffen ruhen die Hoffnungen der ETF-Anbieter. Im Interview mit Morningstar äußerte UBS-ETF-Chef Clemens Reuter etwa die These, das Anlegerverhalten habe 2012 eine neue Qualität gewonnen: Waren klassische ETF-Anleger bisher Aktieninvestoren, befänden sich derzeit Rohstoffe und Bonds im Mittelpunkt des Interesses (sehen Sie hier das Video-Interview mit Clemens Reuter). 


iShares sieht in der Nachfrage nach Bonds sogar einen säkularen Trend: In den kommenden zehn Jahren werde das Vermögen in Renten-ETFs weltweit von derzeit 302 Milliarden US-Dollar auf über 2 Billionen US-Dollar anwachsen, so eine iShares-Prognose. Davon würden 1,4 Billionen US-Dollar auf Bond-ETFs in den USA entfallen, die verbleibenden 600 Millarden US-Dollar würden auf die Regionen Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA) sowie Asien verteilt werden. Dass freilich auch die Bond-Story in diesen Zeiten kein Selbstläufer ist, das Investitionsverhalten der Anleger in Europa im Juni: Bond-Produkte haben wegen Abflüssen aus Euro-Renten-ETFs eine negative Vertriebsbilanz verzeichnet (lesen Sie hier mehr zum pan-Europäischen ETF-Absatz hier)

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich