Perspektiven für Europa-Aktien: Auf die Wettbewerbsvorteile achten

Experten diskutierten auf der Morningstar Conference die Aussichten für Europa-Aktien. Es zeigte sich: Bewertungen sind nicht alles.

Ali Masarwah 03.11.2014
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Kursrückschläge sind im allgemeinen für Value-Investoren eine willkommene Gelegenheit. Die Trüffelsucher werden besonders dann fündig, wenn Unternehmen günstig an der Börse zu kaufen sind. So gesehen waren die Kursverluste im Verlaufe des Oktober eine notwendige Voraussetzung für einen günstigeren Einstieg von Anlegern, die auf Bewertungen achten. Doch Bewertungen sind nicht immer alles. „Es kommt auf die Frage an, ob das Geschäftsmodell eines Unternehmens die Cash-flows von morgen schützt“, sagte Alex Morozov, Director Equity Research bei Morningstar, auf unserer Investment-Konferenz in Zürich am 30. Oktober.   

Bei Morningstar verwenden wir den von Warren Buffett geprägten Begriff „Moat“, um qualitativ hochwertige Unternehmen ausfindig zu machen. Ein hohes Wide Moat Rating bekommen Unternehmen, die Wettbewerbsvorteile aufweisen, durch die sie über längere Zeiträume ihre Wettbewerber auf Distanz halten. Die Stärke des Geschäftsmodelles fungiert gewissermaßen als Burggraben (lesen Sie mehr zu unseren Wide Moat Ratings hier). 

Für Investoren weisen börsenkotierte Unternehmen mit einem Wide Moat Rating Vorteile auf: Sie sind im Durchschnitt weniger stark gehebelt als Unternehmen mit einem niedrigen oder keinem Moat Rating, weisen eine bessere Liquiditätslage auf und gehen deutlich seltener pleite.

Das Verhalten von qualitativ hochwertigen Unternehmen an der Börse ist auch für Investoren angenehm: ihre Kursverläufe sind im Durchschnitt weniger schwankungsintensiv, die Drawdowns sind niedriger, und sie tendieren seltener dazu, ihre Dividende zu senken oder zu streichen. Morozov: "Anleger sollten qualitativ guten Geschäftsmodellen, die angemessen bewertet sind, den Vorzug geben gegenüber solchen Unternehmen, die keine Wettbewerbsvorteile haben und dafür günstig bewertet sind." 

Tatsächlich sind Unternehmen mit einem Morningstar Wide Moat Rating in der Regel etwas höher bewertet als der Gesamtmarkt – so auch heute. Doch es gibt gute Nachrichten: Im Zuge des Kursrutsches an den globalen Aktienmärkten seit Juli 2014 sind auch die Bewertungen von qualitativ hochwertigen Unternehmen gesunken.

Die untere Grafik zeigt, dass das Kurs-Fair-Value-Verhältnis von Unternehmen mit einem Wide Moat Rating inzwischen unter dem Wert 1 gesunken ist, was auf eine leichte Unterbewertung hindeutet. Value und Qualität müssen also nicht im Widerspruch zueinander stehen. Zu den Favoriten der Morningstar Aktien-Analysten, die derzeit günstig bewertet sind, zählen Diageo, Elekta, Kering, Julius Baer, Sanofi und Swatch Group.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich