„König der Bonds“ ist kein Selbstläufer (mehr)

Während sich PIMCO im November stabilisiert, muss sich der neue Bill-Gross-Ansatz bei Janus noch etablieren. Anleger sollten allerdings die Geschichte hinter der Geschichte im Blick haben: 2015 könnte an den Bond-Märkten ein Gezeitenwechsel anstehen.  

Ali Masarwah 17.12.2014
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Der König ist tot, es lebe der König! Ginge es nach den Dramaturgen im Hause Janus, dann könnte so der Titel des an Spannung kaum zu überbietenden Wechsels von Bill Gross von PIMCO zu Janus lauten. Am 26. September wurden die Märkte mit der Meldung über den Abgang des PIMCO-Gründers regelrecht überrumpelt. Gross verantwortet seitdem den Janus Global Unconstrained Bond Fund. Der König hat also sein Reich gewechselt und schickt sich an, seinen spektakulären Erfolg, den er bei PIMCO seit 1971 erzielte, bei Janus zu wiederholen. Ende, aus, fertig? Gemach. Ganz so gradlinig ist die Geschichte nicht. 

Doch gehen wir zunächst einen Schritt zurück. Wir erinnern uns an die Folgen der spektakulären Personalie: Vor allem in den USA zogen Anleger unmittelbar nach dem Wechsel von Gross zu Janus sehr viel Geld aus PIMCO-Fonds ab. Im September waren es 20,93 Milliarden Euro, im Oktober mit 39,89 Milliarden Euro - fast doppelt so viel. Vor allem die von Gross verantworteten Flaggschiffe PIMCO Total Return Bond und PIMCO Unconstrained Bond mussten bluten. Im September und Oktober flossen aus diesen beiden US-Fonds 47,45 Milliarden Euro ab. (Die Abflüsse aus den PIMCO ETFs sind hier nicht eingerechnet!)

Hüben wie drüben: Der Abgang von Gross bewegte die Märkte in USA und Europa

In den europäischen PIMCO-Fonds spiegelte sich dieser Effekt ebenfalls wider. Hier schlug sich der Abgang des Unternehmensgründers mit Abflüssen von 2,44 Milliarden Euro im September und 8,66 Milliarden Euro im Oktober nieder. Auch hier zu Lande mussten der Total Return Bond und der PIMCO Unconstrained Bond die höchsten Abflüsse hinnehmen.

So unbestreitbar der „Bill Gross Effekt“ mit Blick auf die Abflüsse aus PIMCO Fonds war, so weniger markant fiel er auf der Janus-Seite markant durch Zuflüsse auf. Die US-Version des Janus Global Unconstrained Bond verbuchte im September Zuflüsse von gerade einmal 52,6 Millionen Euro; im Oktober waren es 290,2 Millionen Euro.

So unbestreitbar der „Bill Gross Effekt“ mit Blick auf die Abflüsse aus PIMCO Fonds war, so weniger markant fiel er auf der Janus-Seite durch Zuflüsse auf.

Wie aus unseren Fondsabsatzdaten hervorgeht, hat sich dieser unspektakuläre Absatztrend im November fortgesetzt. 617,4 Millionen Euro flossen in den US-Gross-Janus-Fonds. Das ist natürlich viel Geld, aber verglichen mit den hohen Abflüssen aus den PIMCO-Fonds im September und Oktober sind die Zuflüsse alles andere als beeindruckend.

Auch in Europa läuft der Vertrieb des Janus Global Unconstrained Bond schleppend an. Der Fonds, der seit Ende Oktober auch in Europa zu Vertrieb zugelassen ist, verzeichnete im Oktober Zuflüsse von gerade einmal 59.000 Euro; im November waren es dann 7,4 Millionen Euro. Viele Ex-PIMCO-Anleger halten also die Füsse still.

Zugleich halten auch immer mehr PIMCO-Bestandsanleger die Füsse still: Im November verlangsamten sich die Abflüsse aus den PIMCO-Fonds merklich – 10,97 Milliarden Euro zogen US-Anleger netto im November ab, und auch in Europa fielen die Abflüsse mit 1,91 Milliarden Euro deutlich geringer aus als in den Monaten zuvor.

Die Personality-Story sollte den Blick der Anleger nicht trüben

Natürlich sind diese Zahlen eine Momentaufnahme. Bill Gross ist nach wie vor ein hochangesehener Bond-Manager, und es bedarf keiner prophetischen Gabe, um ein deutliches Wachstum des Vermögens des von ihm verantworteten Fonds zu prognostizieren; etliche Anleger, die heute noch an der Seitenlinie stehen, dürften in den kommenden Monaten in den neuen Janus-Fonds investieren. (Dass der mittel- und langfristige Erfolg des Janus Global Unconstrained Bond an den Performance-Fähigkeiten des Fondsmanagers Bill Gross hängt und die Vorschusslorbeeren nur ein Anfang sein können, ist ebenfalls klar.)

Anleger sollten allerdings die „Geschichte hinter der Geschichte“ zur Kenntnis nehmen - und diese auch richtig deuten. Wer alles auf eine Personality-Show verengt, läuft Gefahr, die tektonischen Verschiebungen an den Bond-Märkten zu übersehen. Jetzt, wo sich der Pulverdampf um den Gross-Wechsel etwas verzogen hat, ist ein nüchterner Blick auf den US-Bondmarkt angebracht.

Die US-Wirtschaft ist aus der Talsohle entstiegen, das Wachstum zieht deutlich an und auch viele andere Makro-Indikatoren weisen nach oben. Die US-Notenbank kann diese Entwicklung nicht ignorieren. Sie wird aller Voraussicht nach 2015 die Zinsen erhöhen – vermutlich werden Anleger zum Abschluss der zweitägigen FED-Sitzung am heutigen Mittwoch nach dem Börsenschluss in den USA bereits Hinweise auf die geldpolitische Richtung der Notenbank erhalten.

"Unconstrained" wird bei Bonds zur Notwendigkeit - doch wer kann das?

Der langjährige Bullenmarkt am Obligationenmarkt könnte also im kommenden Jahr tatsächlich zu Ende gehen. Und genau darauf basiert die Vertriebsstory der immer beliebteren „Unconstrained“ Bond Fonds am Markt, die häufig auch - je nach angewendeten Instrumentarien - als alternative Long-Short-Obligationenfonds zählen oder den flexiblen Obligationenfonds-Kategorien zugerechnet werden. Diese Produkte haben den Anspruch, auch bei fallenden Bond-Kursen einen positiven Ertrag zu liefern. Gross wird bei Janus übrigens nicht nur einen neuen Fonds managen. Er baut vielmehr auch einen neuen Geschäftsbereich Global Macro Fixed Income auf, der das Ziel hat, mit diversifizierten Produkten positive Renditen im globalen Bond-Markt zu erzielen.  

Doch genau das ist derzeit der Knackpunkt: Die bisherige Bilanz vieler Produkte lässt Anleger an den Absolute Return Qualitäten der Long-Short-Produkte zweifeln. Dies illustriert übrigens auch die bisherige Bilanz des PIMCO Unconstrained Bond. Wie etliche andere dieser nicht-traditionell verwalteten Bond-Fonds auch ist dieser Fonds Anlegern den Beweis schuldig geblieben, dass er unter erschwerten Bedingungen am Bond-Markt seine Flexibilität gewinnbringend nutzen kann. Als die Bond-Renditen in den USA im Sommer 2013 abrupt in die Höhe schnellten, wurde dieser Fonds davon kalt erwischt. Auf Dollar-Basis verlor er 2,66% im Jahr 2013 und lag im 84. Perzentil der US-Morningstar Kategorie „Nontraditional Bond“.

Dass Anleger nicht in Scharen vom neuen Janus-Fonds angelockt werden, sollte also nicht an der Person Bill Gross festgemacht werden, sondern als auch Beleg für die Verunsicherung der von der 30-jährigen Hausse am Bond-Markt reichlich verwöhnten Anleger gelten. Unconstrained Bond Fonds sind – wie viele andere alternative Fonds auch – eine verheissungsvolle Versprechung; was sie zu liefern vermögen, wird erst die Zeit zeigen. Fest steht allerdings, dass sich die Fondsanbieter diese Verheissung über die Zukunft bereits heute fürstlich vergüten lassen: Die europäische Privatanleger-Tranche des PIMCO Unconstrained Bond kostet pro Jahr 1,8%, für den Janus Global Unconstrained Bond werden pro Jahr sogar 2,25% fällig - und das bei einer Geldmarktbenchmark.

Insgesamt dürften PIMCO und Janus für die „neuen Zeiten“ am Obligationenmarkt gut gerüstet sein. Das zeigt die Star-Besetzung ihrer beiden „Unconstrained“-Produkte. Gegenspieler von Janus-Fondsmanager Gross ist kein anderer als der PIMCO Chief Investment Officer Dan Ivascyn, der nebst Saumil Parikh und Mohsen Fahmi den PIMCO Unconstrained Bond seit dem Abgang von Gross von PIMCO verantwortet. Man darf auf das "Unconstrained"-Duell im Jahr 2015 also gespannt sein - möge der bessere "Makro View" gewinnen!

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich