Diese 5 Aktien haben den deutschen Aktienmarkt 2024 auf Rekordhöhe getrieben

Antje Schiffler 21.11.2024
Facebook Twitter LinkedIn

illustration of a flag with chart icons and time series lines.

Der deutsche Aktienmarkt kann auf ein fulminantes Jahr zurückblicken – den jüngsten Rücksetzern zum Trotz. Am 18. Oktober markierte der Morningstar Germany Index sein Allzeithoch bei 3269,76 Punkten. Zwar folgten seitdem Abschläge, doch alles in allem liegt das Plus seit Jahresbeginn bei 13,37%.

Welche Aktien treiben die Rallye?


Angetrieben wurde die Index-Performance vor allem von einem Titel: SAP SAP. Der Walldorfer Technologiekonzern – mit einer Marktkapitalisierung von rund €265 Mrd das bei weitem größte börsennotierte deutsche Unternehmen – trug allein 6,45 Prozentpunkte zu dem Indexplus von 13,37% bei, geht aus Daten von Morningstar Direct hervor. Der Technologie-Konzern profitiert, wie seine Branchenkollegen, von der KI-Welle. Im dritten Quartal 2024 schlugen die Walldorfer die Erwartungen und hoben die Prognose an, die Aktie kletterte auf ein Allzeithoch von €224,60. Insgesamt liegt der Titel seit Jahresbeginn über 50% im Plus.

Der zweite große Titel, der den deutschen Aktienmarkt in diesem Jahr anschob, war die Deutsche Telekom DTE, die ein Gewicht von 6,64% im Morningstar Germany Index hat. Die Aktie des Kommunikationsdienstleisters legte in diesem Jahr bisher knapp 30% zu. Die Telekom war laut EY in der aktuellen Berichtssaison das gewinnstärkste DAX-Unternehmen. Die Bonner erwirtschafteten einen operativen Gewinn von €6,1 Mrd, vor der Allianz (€3,9 Mrd) und Siemens (€2,9 Mrd).

Einsame Spitze in Sachen Kursgewinn ist indes Siemens Energy ENR. Das Unternehmen konnte endlich das Schlimmste im Windturbinen-Sektor rund um Siemens Gamesa hinter sich lassen. Die Aktie legte fulminante 273% zu.

Morningstar-Einschätzungen zu den Top 5 Aktien

Hier ist die Einschätzung unserer Analysten zu den Top 5 Aktien nach Veröffentlichung der jüngsten Quartalsergebnisse.

SAP SAP

Analystin: Julie Bhusal Sharma


„Wir erhöhen unsere Fair Value-Schätzung für SAP von €141 je Aktie auf €150 je Aktie, nachdem das Unternehmen Ergebnisse für das dritte Quartal vorgelegt hat, die deutlich über unseren Erwartungen liegen, und den Ausblick für den Rest des Jahres angehoben hat“, schrieb Morningstar-Aktienanalystin Julie Bhusal Sharma am 22. Oktober in einer Research Note. „Die Stärke des Cloud-ERP-Geschäfts ist vor allem auf den Gewinn bestehender und neuer Kunden zurückzuführen. Trotz der erfreulichen Quartalsergebnisse und des rosigeren Ausblicks halten wir die Aktie nach wie vor für überbewertet. Letztendlich bleiben wir vorsichtig, da die Umstellung von Bestandskunden auf die Cloud noch lange nicht abgeschlossen ist. Dies birgt das Risiko, dass Kunden das SAP-Schiff ganz verlassen, selbst wenn SAP auf dem Weg dorthin eine solide Kundenbasis behält.“

Deutsche Telekom DTE

Analyst: Javier Correonero


Die Ergebnisse der Deutschen Telekom für das dritte Quartal entsprachen dem vom Unternehmen ermittelten Konsens. Das bereinigte EBITDA nach Leasinggeschäften lag bei €11,1 Mrd. und damit 6,2% über dem Vorjahreswert, was erneut auf T-Mobile US zurückzuführen ist, schrieb Morningstar-Aktienanalyst Javier Correonero in einer Research Note vom 14. November. „Das Management hob die Prognose für das Gesamtjahr leicht an und erwartet nun ein bereinigtes EBITDA nach Leasingverträgen in Höhe von €43 Mrd, verglichen mit €42,9 Mrd. im letzten Quartal, was unseren Schätzungen entspricht. Wir halten an unserer Fair Value-Schätzung von €28 fest und sehen die Aktie als fair bewertet an, da sie sich im bisherigen Jahresverlauf besser entwickelt hat als die europäischen Wettbewerber.“

Allianz Group ALV

Analyst: Henry Heathfield, CFA


Die Allianz erzielte im dritten Quartal und in den ersten neun Monaten 2024 nach Einschätzung unseres Analysten Henry Heathfield starke Ergebnisse. „Das Unternehmen hat sein operatives Ergebnis in jeder Sparte zwischen einer mittleren einstelligen und einer soliden zweistelligen Rate gesteigert, während es für die ersten neun Monate einen operativen Konzerngewinn von €11,85 Mrd auswies“, heißt es in seiner Research Note vom 13. November. „Die Zahlen für das dritte Quartal liegen in fast allen Geschäftsbereichen mit Ausnahme der Vermögensverwaltung über dem vom Unternehmen ermittelten Konsens. Mit den Zahlen für die ersten neun Monate liegt das Unternehmen gut im Rennen um sein Jahresziel von €14,8 Mrd., plus oder minus €1 Mrd. Wir halten an unserer Fair Value-Schätzung von €310 und unserem „No Moat“-Rating fest.“

Siemens Energy ENR

Analyst: Matthew Donen, CFA


Die Performance von Siemens Energy überzeugte unseren Analysten Matthew Donen. „Wir erhöhen unsere Fair Value-Schätzung für die Aktie von Siemens Energy von €24 auf €27,50, nachdem das Unternehmen das Geschäftsjahr 2024 gut abgeschlossen hat“, so der Analyst am 13. November. „Der Rekordauftragsbestand des Konzerns in Höhe von €123 Mrd. untermauert die Prognose für das Umsatzwachstum im Geschäftsjahr 2025 in Höhe von 8-10%, womit unsere ursprüngliche Prognose von 3%, die wir auf 8,8% korrigiert haben, deutlich übertroffen wird. Wir erhöhen auch unsere Schätzung für die durchschnittliche Gewinnmarge vor Sonderposten über vier Jahre von 6,2% auf 7,3%, um eine Verbesserung der Marge für den Auftragsbestand des Konzerns widerzuspiegeln.“ Allerdings ist die Aktie nach der jüngsten Rallye stark überbewertet. „Wir bleiben vorsichtig, was das Ausmaß des Turnarounds bei Siemens Gamesa angesichts der Wettbewerbsfähigkeit der Branche angeht“, gibt Donen zu bedenken.

Siemens SIE

Analyst: Matthew Donen, CFA


Siemens („Wide Moat“) meldete einen starken Abschluss des Geschäftsjahres 2024 und übertraf im vierten Quartal bei den meisten operativen Kennziffern den vom Unternehmen ermittelten Konsens. „Die Prognose für das Geschäftsjahr 2025 für das Umsatzwachstum von 3%-7% entspricht unserer Schätzung von 6%, gestützt durch säkulare Wachstumsthemen im Bereich der intelligenten Infrastruktur und einen gesunden Auftragsbestand in der Mobilitätssparte, der dazu beiträgt, die anhaltende Schwäche im Automatisierungsgeschäft zu mildern“, schreibt Analyst Matthew Donen in einer Research Note am 13. November. Er hält an der Fair Value-Schätzung von €198 fest. „Wir halten die Aktie für leicht unterbewertet, bevorzugen aber Schneider Electric SND in diesem Sektor“, so sein Fazit.

Rekordhoch bei Aktien, Konjunktur am Boden – wie passt das zusammen?

Deutsche Aktien auf Rekordhoch, gleichzeitig gehören Negativnachrichten rund um die deutsche Konjunktur zur Tagesordnung – das ist kein Widerspruch. Schließlich erwirtschaften die großen deutschen Unternehmen rund 80% ihres Umsatzes im Ausland und hängen somit mehr an der Weltkonjunktur als an der deutschen Wirtschaft.

Zudem gibt es Zeichen nach Einschätzung der DWS Anzeichen der Hoffnung für die Belebung der Wirtschaft hierzulande. „Wir nehmen eine Normalisierung der Entwicklung der europäischen Wirtschaft wahr“, sagte Johannes Müller, Chief Economist der DWS, am 19. November vor Journalisten. „Wir sehen, dass das europäische und auch das deutsche verarbeitende Gewerbe den Tiefpunkt durchschritten haben könnte“, so Müller anlässlich des Jahresausblicks 2025. Auch hätten die Konjunkturdaten im Euroraum zuletzt eher positiv überrascht.

Für welche Aktien lief es 2024 nicht gut?

Zu den Titeln, die den Morningstar Germany Index bisher am stärksten ausbremsten, gehören neben Bayer BAYN vor allem die Automobilwerte. So schmälerte BMW BMW die Index-Performance um 0,6 Prozentpunkte, Mercedes-Benz MBG und Volkswagen VOW3 um jeweils 0,3 Prozentpunkte.

Denn es läuft einfach nicht gut für die Branche – der verpasste Anschluss bei der Elektromobilität, Absatzflaute in China und nun auch noch Sorgen um mögliche Zölle sorgen für Unmut. Die sechs im DAX notierten Autozulieferer bzw. -hersteller verzeicheten in der aktuellen Berichtssaison zusammen ein Umsatzminus von 6%, der Gewinn brach sogar um 45% ein, konstatiert EY. „Die Automobilindustrie ist Deutschlands Leitindustrie. Wenn es ihr schlecht geht, bekommen das früher oder später die meisten anderen Industriebranchen, aber auch Dienstleister und nicht zuletzt der Staat durch sinkende Steuereinnahmen zu spüren“, gibt Mathieu Meyer, Partner bei EY, zu Bedenken. Zudem werfe die derzeitige Autokrise auch Fragen auf in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland: „Die Rekordmargen, die die Autokonzerne im Nach-Corona-Boom erwirtschaften konnten, haben tiefliegende strukturelle Probleme des Standorts Deutschland verdeckt. Deutschland steht in einem scharfen Wettbewerb mit Ländern, die eine erheblich bessere Kostenstruktur aufweisen. In guten Zeiten kann man darüber hinwegsehen, in schlechten wird das zum Problem.“

Was bedeutet Trump und Ampel-Aus für den deutschen Aktienmarkt?

Und die Zeiten sind schlecht in der Branche. Genau genommen reißen die Negativ-Nachrichten für die Autobauer nicht ab. Mit der Wahl von Donald Trump zum künftigen US-Präsidenten mehren sich die Sorgen vor Zöllen, die die Autokonzerne besonders treffen könnten. „Das Engagement der europäischen Autohersteller in den USA schwankte 2023 zwischen 10% und 30% in Bezug auf den Fahrzeugabsatz“, kommentierte unsere Aktienanalystin für den Sektor Rella Suskin. Da die meisten Unternehmen aber auch in den USA produzieren, sind dies die Auswirkungen möglicher Importzölle unter einer Trump-Regierung begrenzt. Porsche P911 allerdings könnte es hart treffen, denn das Unternehmen verfügt über keine Produktionskapazitäten in den USA, erklärt Suskin.

Die Schwäche der Automobil-Aktien war maßgeblich für den Rückgang am gesamten deutschen Aktienmarkt seit dem ereignisreichen 6. November – jenem Tag, an dem der Wahlsieg Trumps klar wurde und an dem abends die Ampel-Koalition zerbrach. Der Morningstar Germany Index verlor seitdem 3,61%, und damit etwas weniger als der entsprechende Index für die Eurozone, der mit 4,56% stärker im Minus liegt. Ein Grund könnte der verhaltene Optimismus sein, der sich nach dem Ampel-Aus an den Kapitalmärkten breitmachte. Der Markt schöpfe Hoffnung auf eine Reform der Schuldenbremse und auf eine wirtschaftsfreundlichere Regierung, so die DWS.

Die Finanzmärkte in den USA zeigen sich von den Perspektiven der Trump-Wahl erfreut, umgekehrt ließ der DAX am Wahltag nach, schrieb auch Deka-Chefvokswirt Ulrich Kater in seinem Blog am 15. November. Den Euroraum belastete indes die Aussicht auf weitere Zölle.


Der Autor/Autorin oder die Autoren besitzen keine Aktien der in diesem Artikel erwähnten Wertpapiere. Informieren Sie sich über die Redaktions-Richtlinien von Morningstar.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.