Kein Geld mit Geld

In wenigen Kategorien gibt es auf den ersten Blick einen so eindeutigen Sieger wie bei den Finanzfonds. Und dieser ist offiziell nicht einmal ein Branchenfonds. Für die meisten Anleger stellt sich jedoch die grundsätzliche Frage nach dem Sinn von Branchenfonds.

Adriaan Bonauer, 23.08.2002
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In der Kategorie Branche Finanzen finden sich – alle Fondsklassen eingerechnet – 14 Produkte. 5 davon haben ein Rating. Der einzige mit fünf Sternen liegt in jedem verfügbaren Zeitraum bei der Wertentwicklung ganz vorn: der Vontobel US Value Equity A. Nach zehn Jahren erreicht er ein kumuliertes Plus von über 342 Prozent.

In vielen reinen Performance-Vergleichen in den Medien wird dieser Fonds der Kategorie Nordamerika zugerechnet. Doch über die vergangenen Monate enthielt sein Portfolio über 80 Prozent Werte aus der Finanzbranche. Nach dem aktuell uns vorliegenden Portfolio zum 31. Mai liegt dieser Prozentsatz noch bei 76,9 Prozent. Bis wir aktuelle Daten erhalten, bleibt er in der Kategorie.
Der Fonds hält eine Barquote von vergleichsweise hohen 22 Prozent und nur 21 Titel

im Bestand. Dass ein solch konzentriertes Portfolio nicht zwangsläufig zu einem viel höheren Risiko führen muss, beweist seine Standardabweichung, auch Volatilität genannt. Mit 20,4 Prozent entspricht sie beinahe genau dem Kategorie-Durchschnitt von 20,3 Prozent. Sorgen machen jedoch die 22 Prozent, die in bar gehalten werden. Zwar federt dies einen Wertverlust bei sinkenden Kursen ab. Jedoch bremsen sie bei einer Erholung.

Die bisherige Wertentwicklung spricht trotzdem für den Vontobel-Fonds. Im Ein-Jahres-Vergleich hielt er sich mit minus 4,8 Prozent erstaunlich stabil.
Der Zweitplatzierte in diesem Zeitraum verlor bereits fast 16 Prozent. Der Merrill Lynch World Financials Fund A existiert erst seit März 2000, deshalb hat er noch kein Rating. Wie der Vontobel stehen auch bei Merrill Lynch große, konservativ bewertete Titel im Vordergrund, wie die Style Box beweist. Zudem investiert er weltweit und hält 101 Aktientitel. Die Standardabweichung kann noch nicht berechnet werden, denn dafür wird, wie beim Rating, eine Historie von mindestens drei Jahren vorausgesetzt.

Doch es geht auch schlechter: Einer der gerateten Fonds bekommt nur einen Stern: der Credit Suisse Global Financials B. Die Wertentwicklung liegt nach drei Jahren bei knapp minus 24 Prozent. Auch im Ein-Jahres-Vergleich kann er mit über 29 Prozent Verlust nicht überzeugen, vielmehr ist er in diesem Zeitraum auf dem letzten Platz. Bei der Auswahl der Titel scheint der Fondsmanager keine glückliche Hand gehabt zu haben.

Für die Mehrzahl der Anleger dürften diese Branchenfonds wenig sinnvoll sein. Denn viele in Europa oder weltweit anlegende Produkte investieren zu einem Teil auch in Finanzwerte. Zum Beispiel finden sich in der Kategorie Aktien weltweit allein 43 Fonds(klassen), die als größten Sektor das Finanzwesen ausweisen. Bei Europa Standardwerte sind es immerhin noch 32 Anlagen, deren größter Sektor sich aus diesen Werten zusammen setzt.

Ein Investor, der mit seinem Portfolio die wichtigsten Anlageregionen abdeckt, findet sich zwangsläufig – zu einem höheren oder niedrigeren Teil – im Sektor wieder. Wenn er nun zusätzlich einen Finanz-Branchenfonds in den Bestand aufnimmt, steigt dessen Anteil am Gesamtportfolio.

Um dies aufzudecken, ist das Portfolio X-Ray sinnvoll, das sich nach dem Einrichten eines Musterportfolios nutzen läßt.
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