A, B, H und G

Das Jahr 2005 stand in China im Zeichen von Kapitalmarktreformen. Nach einer langjährigen Durststrecke setzten die Inlandsbörsen tatsächlich zu einer Erholung an. Auch die kürzlich erfolgte Korrektur an den Emerging Markets überstanden sie besser als andere Schwellenländer.

Natalia Siklic, 23.06.2006
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Inlandsmärkte von globalen Trends abgekoppelt

Ausländischen Anlegern hilft dies allerdings erst mal wenig. Denn die chinesischen Inlandsmärkte in Shanghai und Shenzhen, an denen die so genannten A-Aktien (das bei weitem größte Segment) sowie die B-Aktien gehandelt werden, sind ihnen kaum zugänglich. Zwar sind die B-Shares für internationale Investoren gedacht, zeichneten sich bisher aber vor allem durch geringe Liquidität aus. A-Shares sind eigentlich den Inländern vorbehalten, stehen ausländischen Anlegern aber im Rahmen des Programms für qualifizierte ausländische institutionelle Investoren (QFII) offen. Allerdings sind die zugeteilten Quoten so gering, dass sie die Nachfrage nicht befriedigen können.

Ausländer investieren in H-Shares

Dies führt zu einer gewissen Abkoppelung der inländischen Märkte von globalen Trends. Außerdem zwingt es internationale Investoren meist dazu, den Umweg über Hong Kong zu gehen. Die führenden chinesischen Unternehmen sind ohnehin überwiegend an der dortigen Börse notiert und als H-Shares bekannt. So wickelte auch die Bank of China, das zweitgrößte Kreditinstitut in der Volksrepublik, kürzlich einen der weltweit größten Börsengänge in Hong Kong ab. Noch für dieses Jahr ist zudem die Erstnotierung der größten chinesischen Bank, Industrial and Commercial Bank of China, geplant. Die Entwicklung der wichtigsten H-Shares bildet der Hang Seng China Enterprise Index ab. Aufgrund hoher Rechnungslegungstandards gelten H-Shares als sehr viel transparenter als die im Inland gehandelten chinesischen Aktiengesellschaften.

Auch in den in Deutschland verfügbaren Investmentfonds zum Thema China spielen H-Shares die größte Rolle. So stößt man immer wieder auf die bekannten Namen, etwa den Ölkonzern PetroChina, den Versicherer China Life Insurance oder Telekomanbieter China Mobile. Anleger müssen zudem zwischen Fonds unterscheiden, die vorwiegend in chinesische Unternehmen investieren und solchen, die auch in deutlichem Ausmaß Aktiengesellschaften aus Hong Kong und Taiwan („Greater China“) beimischen. Hintergrund ist die starke Verflechtung der beiden Märkte mit dem chinesischen Festland. Erstere sind in der Morningstar Kategorie „Aktien China“ enthalten, letztere in der Vergleichsgruppe „Aktien Greater China“. In der Tendenz weniger volatil sind die breiter gefassten Greater-China-Fonds. Diese wiederum sind um einiges schwankungsanfälliger als breite Asienfonds. Daher wird es für die meisten Anleger naheliegender sein, einen entsprechenden Regionenfonds zu wählen. Solch ein Fonds bietet mehr Diversifizierung und überlässt die Entscheidung über die Gewichtung chinesischer Titel dem Fondsmanager.

Chinafonds werden meist mit einem nahezu unschlagbaren Argument angepriesen: dem chinesischen Wirtschaftsboom. Wer angesichts dieser Wachstumsmaschine glaubt, an den chinesischen Aktienmärkten etwas verpasst zu haben, muss zwischen Hong Kong und den Inlandsbörsen unterscheiden. Lange Zeit war von der volkswirtschaftlichen Dynamik an den Inlandsbörsen nichts zu spüren. Erst mit den im letzten Jahr eingeführten Kapitalmarktreformen gab es wieder Lebenszeichen von den Börsen in Shanghai und Shenzhen.

Neue Regeln

Denn in 2005 traten neue Regeln für die Inlandsbörsen in Kraft. Hintergrund war der Überhang an Aktien im Staatsbesitz. Die Furcht vor einer Verkaufswelle lähmte den Inlandsmarkt, von dem sich zwei Drittel in staatlicher Hand befanden und nicht für den freien Handel zur Verfügung standen. So erhielten die Eigentümer der betroffenen Unternehmen (d.h. zentrale und lokale Behörden) die Erlaubnis, ihre bisher nicht notierten Anteile in handelbare Aktien umzuwandeln. Um den Verkaufsdruck abzufedern, wird die Zustimmung der meisten Minderheitenaktionäre vorausgesetzt. Sie wurden zudem mit kostenlosen Bonusaktien, in bar oder in Form von Kauf- und Verkaufsoptionen entschädigt. Die Unternehmen, die den Wandel vollzogen haben, wurden zu so genannten G-Shares. Allerdings sind die umgewandelten Aktien mit zeitlichen Verkaufsbeschränkungen versehen, so dass es noch einige Jahre dauern wird, bis der Anteil in staatlicher Hand tatsächlich in nennenswertem Umfang abgebaut wird.

Im Zusammenhang mit der neuen Regulierung wurden auch die verlustträchtigen chinesischen Brokerhäuser angegangen. Diese waren nicht nur durch eine vierjährige Börsenflaute angeschlagen und behindern die Weiterentwicklung des Kapitalmarkts. Die Regierung half in 2005 einigen der gesünderen Häuser auf die Beine, teils mit Hilfe internationaler Investoren. Andere wurden geschlossen oder zusammengelegt.

Kaum Ermüdungserscheinungen

Was nun die chinesische Wirtschaft betrifft, so haben die Abkühlungsmaßnahmen, seit sie im Jahr 2004 eingeführt wurden, nur begrenzte Wirkung gezeigt. Auch im laufenden Jahr wurden neue Schritte angekündigt, um die Wirtschaft zu bremsen, darunter Restriktionen für die Kreditvergabe. In diesem Zusammenhang hob die chinesische Zentralbank nach 18 Monaten erstmal wieder die Zinsen um 0,27% an. Insbesondere die Investitionen steigen weiterhin, womit die Sorge um eine Überhitzung noch lange aktuell bleiben dürfte. Eine Regierungskommission hat Überkapazitäten in vielen Branchen ausgemacht: dazu zählen Eisen und Stahl, Kupfer, Automobile, Zement und Textil.

Zudem ist mit dem Exportboom der Handelbilanzüberschuss weiter gestiegen – zum Leidwesen der Amerikaner, die dafür die unterbewertete chinesische Währung verantwortlich machen. Die Devisenreserven aus dem Exportgeschäft treiben aufgrund der fixierten Währung die Inflation an. Das Land steckt in einem Dilemma: Eine boomende Wirtschaft schafft dringend benötigte Arbeitsplätze und hilft, soziale Spannungen unter Kontrolle zu halten. Fehlgeleitete Investitionen sind allerdings nicht dazu angetan, den hohen Anteil notleidender Kredite im staatlichen Bankensystem zu verringern. Die Schätzungen über deren Höhe schwanken je nach Quelle: Eine Studie von Ernst & Young kommt für die 4 großen Staatsbanken auf doppelt so hohe Zahlen wie die Regierung.

Für Risiken und Chancen ist also gesorgt, und wer sich davon nicht abschrecken lässt, findet auf dem deutschen Markt etwa 40 Fonds, die einen Schwerpunkt auf chinesische Aktien legen.

Mit dem Baring Hong Kong China Fonds erwirbt der Investor trotz des anders lautenden Namens überwiegend chinesische Titel. Aktuell machen sie 80% des Fondsvermögens aus. Meist handelt es sich um Unternehmen, die in Hong Kong gehandelt werden. Fondsmanagerin Lilian Co ist seit 2001 mit dem Fonds betraut und setzt derzeit auf den inländischen Konsum, von dem sie über Autohersteller und Einzelhändler profitieren möchte. Sie erwirbt Finanz- und Immobiliengesellschaften, um an der allgemeinen wirtschaftlichen Dynamik teilzuhaben. So findet sich die China Construction Bank, eine der vier großen chinesischen Staatsbanken, die im Oktober 2005 an die Börse ging, unter den zehn größten Positionen im Portfolio. Auch Rohstofftitel gehören weiterhin zu ihren Favoriten, größter Titel im Fonds ist der führende chinesische Kupferproduzent Jiangxi Copper. Weniger anfreunden kann sie sich mit Exporteuren, deren Gewinnmargen durch hohe Rohstoffpreise und die potentielle Aufwertung der Landeswährung unter Druck stehen.

Ähnlich lautet der Tenor im Invesco GT PRC Equity Fund. Fondsmanagerin Samantha Ho bevorzugt Unternehmen, die am Aufschwung der Binnenwirtschaft partizipieren. Als langfristiges Thema gilt ihr zudem der Aufbau der Infrastruktur. Hier sieht sie Autobahn- und Hafenbetreiber in einer guten Position. Am stärksten untergewichtet sind dagegen Telekomunternehmen. Grund ist die hohe Wettbewerbsintensität in dieser Branche. Desweiteren will sich die Fondsmanagerin angesichts der Reform bei den A-Shares verstärkt am Inlandsmarkt engagieren.

Mit einem breiteren Anlageuniversum ist der CA Funds Greater China ausgestattet. Die französische Crédit Agricole lässt den Fonds in Hong Kong managen. Das Fondsvermögen verteilt sich derzeit jeweils zur Hälfte auf Unternehmen aus China und Hong Kong. Taiwan ist gegenwärtig gar nicht berücksichtigt. Bei chinesischen Werten werden H-Shares bevorzugt. Der Fondsmanager hält Inlandsaktien für zu teuer. Bei diesem Fonds fällt zudem die hohe Gewichtung von Finanzwerten auf. Finanzdienstleister sind die am stärksten vertretene Branche in China-Anlageuniversum. Im Schnitt legen entsprechende Fonds ein Viertel ihres Anlagevermögens hier an. Im CA Funds Greater China sind es derzeit sogar über 50%. Darunter fallen auch Immobiliengesellschaften. Zu den Favoriten zählen auch in diesem Portfolio die Konsumgüterhersteller, während der Anteil an Telekomwerten rückläufig ist.
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