Ist die Wertpapierleihe ein Fall für die Finanzbehörden?

Ein Steuerschlupfloch, das zur Dividenden-Arbitrage genutzt wird, soll geschlossen werden. Die Morningstar ETF-Kolumne.

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Willkommen zur neuen Ausgabe der ETF Times! In unserer wöchentlichen Publikation für Deutschland, Österreich und die Schweiz diskutieren wir die Highlights der ETF-Märkte. Wir stellen die Gewinner und Verlierer unter den in Europa gelisteten ETFs vor und geben einen Überblick über die europaweit neugelisteten Indexprodukte.

ETF Markt

Seit der Veröffentlichung der jüngsten ESMA-Richtlinien Ende Juli dreht sich in der ETF-Branche alles um das Thema der Wertpapierleihe. Wie diese Woche bekannt wurde, soll ein Steuerschlupfloch geschlossen werden, das unter anderem bei ETFs für Dividenden-Arbitrage gerne ausgenutzt wird. Dabei werden Dividendentitel während des Ausschüttungstermins in Ländern mit niedrigeren Steuern verliehen, die Steuerersparnis wird dann zwischen den beiden Leihe-Parteien geteilt. Wie wir bereits in unserem Researchbericht zum Thema Wertpapierleihe geschrieben haben, ist Dividenden Arbitrage eine große Einnahmequelle bei ETFs (lesen Sie hier mehr).

Die Beratungsfirma Finadium schätzt, dass ca. 40-45% der Erträge aus Wertpapierleihe durch dieses Steuerschlupfloch generiert werden. Es wird also interessant sein zu sehen, wie ETF-Anbieter darauf reagieren. Insbesondere bei ETF-Anbietern, die Wertpapierleihe intern abwickeln, dürfte das Wertpapierleihgeschäft auch unter den neuen ESMA-Richtlinien attraktiv bleiben. Um weiterhin gleich viel Ertrag aus der Wertpapierleiehe zu generieren, müssten ETF-Anbieter dann eigentlich aktiver werden oder andere Portfoliooptimierungsansätze wählen. Die Frage, wie das Schlupfloch geschlossen werden soll, steht jedoch auf einem anderen Blatt.

Um beim Thema Wertpapierleihe zu bleiben. Nicht nur die ETF-Bestandteile können verliehen werden, sondern auch die ETFs selbst. Diese Woche wurde eine Studie zu diesem Thema veröffentlicht, in der es heißt, dass die nötige Infrastruktur für die ETF-Leihe fehlt, um diese voranzutreiben. In den USA ist dies bereits schon weit verbreitet, was zu erhöhter Liquidität und letzten Endes zu günstigeren Gebühren auf dem Sekundärmarkt führt. Sollte das Steuerschlupfloch könnten ETF-Anbieter ja vielleicht diesen Weg gehen, um Extraeinnahmen zu generieren?

Wie diese Woche bekannt wurde hat Lyxor die Gebühren für ihren Lyxor ETF Euro Cash von 8,5 auf 7,5 Basispunkte reduziert. Als Grund wurde die derzeitige Rendite des Referenzwertes angegeben. Die EONIA-Rate ist kürzlich von 11,5 auf 10,5 Basispunkten gefallen. Die neue Managementgebühr basierend auf dem NIW, spiegelt sich aber nicht unmittelbar in der Gesamtkostenquote, dem TER, wider. Der veröffentlichte TER basiert auf den laufenden Kosten (November 2010 bis Oktober 2011) und wird daher erst im Oktober 2012 angepasst.

In den letzten Wochen habe ich öfters auf die teilweise fragwürdige Indexflut der Anbieter hingewiesen. Diese Woche hat dann Stoxx den Vogel wohl abgeschossen. Der Index-Anbieter hat die globale Index-Familie um über 1.200 (sic!) neue Benchmarks erweitert. Sie umfassen Indizes auf Supersektoren, verschiedene Marktkapitalisierungen, regionale und Total-Market-Indizes erweitert. Diese Woche wurden ebenfalls die Indizes Stoxx China A-shares Total Market, Stoxx China B-shares Total Market, Stoxx China H-shares Total Market and Stoxx China Red Chips Total Market Indizes auf den Markt gebracht.

Für Investoren, die laut Morningstar Daten derzeit €45,8 Millionen im ComStage ETF SDAX investiert haben, sei erwähnt, dass die Deutsche Börse einen außerplanmäßigen Wechsel im SDAX vorgenommen hat. Aufgrund der Übernahme der Schuler AG durch die Andritz Beteiligungsgesellschaft liegt der Streubesitz des Unternehmens unter der Mindestgrenze von 10% und erfüll somit nicht mehr die Voraussetzungen für den Index. Die Änderung wird am 24. September 2012 gültig.

ETF Markt – Neuemissionen

Diese Woche war lediglich db X-trackers aktiv. Der Deutsche ETF-Anbieter hat drei neue Anleihen-ETFs an der Deutschen Börse gelistet.

Der db x-trackers MTS Ex-Bank of Italy BOT ETF repliziert den MTS Ex-Bank of Italy BOT (Buono Ordinario del Tesoro) Index, der die Entwicklung eines Portfolios aus italienischen Nullkuponanleihen mit einer maximalen Laufzeit von 12 Monaten abbildet. Mit dem db x-trackers MTS Ex-Bank of Italy BTP ETF bekommen Investoren Zugriff auf die Wertentwicklung von italienischen festverzinslichen Anleihen aller Laufzeitenbereiche. Der dritte ETF, der db x-trackers MTS Ex-Bank of Italy Aggregate ETF, bietet Investoren Zugriff auf die Wertentwicklung eines Indexes bestehend aus dem BOT (italienische Nullkuponanleihen mit maximaler Laufzeit von 12 Monaten), dem CTZ (italienische Nullkuponanleihen mit einer Laufzeit von 18 bis 24 Monaten), dem BTP (italienische festverzinsliche Anleihen aller Laufzeiten) und dem CCT (variabel verzinsliche italienische Anleihen aller Laufzeiten). Die Indizes wurden ehemals von der italienischen Zentralbank berechnet und tragen deshalb die Bezeichnung „Ex-Bank of Italy“ im Namen.

ETF Markt – Gewinner und Verlierer

Auf der Gewinnerseite sehen wir diese Woche ein eher gemischtes Bild, wobei Konsumgüter und Dienstleistungs-ETFs, insbesondere Nahrungsmittel, konnten sich ein wenig herausheben.

Auf der Verliererseite finden wir diese Woche ausschließlich Öl-ETPs. Das schwarze Gold ist diese Woche über 7% eingebrochen. Viele Analysten sahen den Preisrückgang jedoch längst als überfällig, da Investoren den Preis in Erwartungen auf weitere geldpolitische Maßnahmen seit Juni um 30% in die Höhe getrieben haben. Diese Woche wurde vielen jedoch klar, dass es keine schnelle Lösung der Weltwirtschaftskrise gibt und nahmen dementsprechend Gewinne mit.

 

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Über den Autor

Gordon Rose, CIIA, CAIA,

Gordon Rose, CIIA, CAIA,  war von 2011 bis 2014 Fondsanalyst bei Morningstar.