Wie sicher sind synthetische ETFs?

Investoren sollten die Swap-Kontrahenten ihrer ETFs kennen, die Zusammenstellung des Sicherheitenkorbes und wie oft der Swap zurückgesetzt wird.

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Seit die Finanzkrise 2007/ 2008 die globalen Kapitalmärkte getroffen hat, sind Investoren äußerst besorgt über Produkte, die sich derivativer Konstrukte bedienen: Swap-basierte ETFs sind hier keine Ausnahme. Die Hauptkritikpunkte dabei sind deren Komplexität und der Mangel an Transparenz. In diesem Artikel wollen wir daher versuchen, diese Fonds näher zu durchleuchten und aufzuzeigen, welchen Risiken Investoren ausgesetzt sind.

Im Gegensatz zu physisch replizierenden ETFs sind synthetische ETFs nicht in den Werten investiert, die den zu Grunde liegenden Index ausmachen. Stattdessen hält der synthetische ETF einen Sicherheitenkorb (Engl. collateral), der im Zweifel gänzlich anders aussehen kann als der Index, den der ETF abbildet. Auf diesen Wertpapierbestand können Investoren zurückgreifen, falls der ETF-Anbieter zahlungsunfähig wird. Neben dem Sicherheitenkorb hält der ETF einen Swap Kontrakt. Mit dieser Swapvereinbarung tauscht der ETF die Performance des Sicherheitenkorbes gegen die Performance des Referenzindizes, der das vermeintliche Underlying des ETFs darstellt. Üblicherweise ist der Kontrahent (die Gegenpartei) in einem solchen Swap eine Investmentbank.

Da diese Konstruktion den Tracking Error minimiert (die Abweichung vom Zielindex), geringere Kosten verursacht und den Marktzugang verbessert, ist sie in Europa weit verbreitet. Tatsächlich gibt es heute mehr ETFs, die sich der synthetischen Replikation bedienen als physisch replizierende, obwohl diese in Europa ein größeres Volumen haben. Auch wenn synthetische ETFs zahlreiche deutliche Vorteile haben, bergen Swap-basierte ETFs Kontrahenten- und Sicherheitenrisiken, die nicht übersehen werden dürfen.

Sicherheiten sollen möglichen Schaden abwenden

Bei Swap-basierten ETFs ist das sogenannte Kontrahentenrisiko schlicht die Gefahr, dass die Gegenpartei im Swap ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Gemäß UCITS III ist dieses Risiko auf 10% des Fondsvermögens begrenzt: Damit muss der ETF-Anbieter Sicherheiten im Wert von mindestens 90% des Nettoinventarwerts (NAV) des ETFs stellen. Dieser Sicherheitenkorb wird auf täglicher Basis zu Marktpreisen bewertet, um sicher zu stellen, dass sein Wert nicht unter die regulatorisch vorgeschriebene Grenze fällt. In der Praxis haben alle ETF-Anbieter ein Sicherheitspolster, dessen Größe von Anbieter zu Anbieter variiert. Sämtliche Anbieter halten Sicherheiten in unterschiedlicher Höhe (als Prozentsatz des Fondsvermögens) und setzten ihre Swaps bei unterschiedlichen Werten zurück.

Wir haben mit den wichtigsten Anbietern von ETFs in Europa gesprochen, um mehr über diese verschiedenen Varianten des Sicherheitenmanagements zu erfahren. Wie Sie in der unten angeführten Tabelle erkennen können, gibt es eine sehr große Bandbreite an Ausgestaltungen, abhängig von Anbieter und Assetklasse. Sicherheitenlevels können von 90% bei Lyxor bis zu 120% bei Aktien- und Alternativfonds von db x-trackers schwanken, woraus sich zu jedem beliebigen Zeitpunkt eine Unter- (<100%) oder Überbesicherung (>100%) ergeben kann.

Synthetic ETFs

Alle Anbieter setzten sich durchschnittliche Mindestwerte für die Sicherheiten ihrer ETFs. Jedes Mal, wenn deren Marktwert unter diesen Mindestwert fällt, setzt der ETF-Anbieter den Swapwert zurück und verlangt von der Gegenpartei die Lieferung zusätzlicher Sicherheiten (Cash  oder Wertpapiere). Das Zurücksetzten des Swap setzt auch das Kontrahentenrisiko zurück auf null, da üblicherweise so viele Sicherheiten gestellt werden, dass der Sicherheitenkorb wieder zu 100% dem Fondswert entspricht. Manche Anbieter, wie db x-trackers, ETF Securities und Comstage setzen den Sicherheitenkorb auf über 100% des Fondwertes zurück, sodass kein Kontrahentenrisiko mehr besteht, während Amundi ein Mindest-Kontrahentenrisiko von 2-3% beibehält und somit über eine permanente Unterbesicherung verfügt.

Diese Mindestwerte können sich von Assetklasse zu Assetklasse unterscheiden, je nach deren Volatilität (Schwankungsbreite). Rentenindizes haben typischerweise eine deutlich geringere Volatilität als Aktienindizes (durchschnittlich 5% gegenüber im Schnitt 20% bei Aktien). Daher haben Renten-ETFs auch niedrigere Mindestwerte. Die Anbieter behalten sich eine gewisse Flexibilität vor, was diese Werte angeht, solange die 90%-Grenze nach UCITS III (10% maximales Kontrahentenrisiko) nicht verletzt wird. In jedem Falle lässt sich festhalten, dass je höher das Level an Besicherung ist, desto höher ist auch der Schutz für die Investoren im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Swapkontrahenten.

Qualität der Sicherheiten und Häufigkeit der Swapresets

Bei der Bewertung der Investorensicherheit in Swap-basierten ETFs ist der Mindestwert der Sicherheiten nicht der einzige Faktor, der eine Rolle spielt. Zahlreiche andere Faktoren, wie die Qualität der Sicherheiten und die Häufigkeit der Swapresets, müssen beachtet werden.

Die Sicherheiten spielen eigentlich nur bei einer Insolvenz des ETF-Anbieters eine Rolle. In dieser Situation muss der Anbieter die Sicherheiten so schnell als möglich liquidieren, die vermutlich nur eine geringe Korrelation zum Referenzindex aufweisen. Daher setzt sich ein solcher Sicherheitenkorb normalerweise auch aus sehr liquiden Werten zusammen, wie zum Beispiel Blue Chip Aktien oder Staatsanleihen, die bevorzugt in der selben oder einer ähnlichen Zeitzone gehandelt werden wie der Referenzindex des ETFs selbst.

Anbieter Swap-basierter ETFs haben verschiedene Kriterien definiert, um zu entscheiden, was sie als Sicherheiten für den Sicherheitenkorb akzeptieren, wobei einige Anbieter dabei konservativer vorgehen als andere. Die Aktien-ETFs von Amundi und Lyxor beispielsweise halten nur europäische Aktien als Sicherheiten und schließen die Investition in japanische Werte aus. Während Source und db x-trackers diese sehr wohl halten können – manche db x-trackers ETFs haben bis zu 35% ihrer Sicherheiten in japanischen Aktien gehalten. Das Problem bei japanischen Aktien ist, dass sie im Insolvenzfall unter Umständen nicht zeitnah verkauft werden können, da sich die europäischen und die asiatischen Handelszeiten so gut wie nicht überschneiden.

Bis auf ETF Securities veröffentlichen alle ETF-Anbieter, mit denen wir gesprochen haben, Stichtagswerte der Sicherheiten auf einer jährlichen oder halbjährlichen Basis bzw. auf Anfrage. ETF Securities hingegen gibt nur bekannt, nach welchen Regeln Sicherheiten akzeptiert werden. In der Folge wissen Investoren nicht, wie vielen Kontrahenten (zwischen zwei und vier) in den ETFs des Anbieters involviert sind. In unseren Augen sollte sich die Firma transparenter zeigen: ETF Securities sollte die tatsächliche Zusammensetzung ihrer Sicherheitenkörbe und die Namen ihrer Kontrahenten bekannt geben.

Ein weiterer wichtiges Merkmal synthetischer ETFs ist die Häufigkeit des Swap Reset. Swaps werden üblicherweise aus drei Gründen zurückgesetzt,

  1. wenn das Kontrahentenrisiko den vom Anbieter festgelegten Grenzwert erreicht (siehe obige Tabelle),
  2. wann immer ein Kauf oder Verkauf von Anteilen auf Fondsebene stattfindet und/oder
  3. auf regelmäßiger Basis.

Das Zurücksetzen des Swaps reduziert zumindest Zeitweise das Kontrahentenrisiko auf null. Also ist es für die Investoren besser, um so öfter der Swap zurückgesetzt wird, auch wenn dies zu zusätzlichen Kosten für den ETF führt.

Noch viel Raum für Transparenz

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle führenden ETF Anbieter in Europa synthetische ETFs anbieten. Sogar iShares, die für ihre physisch replizierenden Fonds bekannt sind, haben 19 synthetische ETFs auf ihrer Münchener Plattform. Besseres Tracking und der Zugang zu neuen Assetklassen sind unbestreitbare Vorteile, jedoch müssen Investoren die zugehörigen Kontrahentenrisiken vollkommen verstehen und für sich das Maß an Risiko festlegen, das sie bereit sind einzugehen. Dazu müssen Anleger die relevanten Prospekte der ETFs auf die ETF Methode hin prüfen. Die Angaben im Prospekt und im Internet enthalten aber in vielen Fällen nicht genügend Informationen, um Investoren in die Lage zu versetzen, gut informierte Investitionsentscheidungen zu treffen. Während die meisten Anbieter uns gegenüber recht freizügig waren, was die operationellen Details ihrer Collateralregeln angeht, stellen sie diese Daten nicht auf ihren Webseiten und sonstigen Veröffentlichungen bereit. Bei den Sicherheiten sollten Anbieter sich zu völliger Transparenz verpflichten, da dies eines der wichtigsten Vorteile von ETFs überhaupt ist. Investoren sollten nicht von sich aus auf die Anbieter zukommen müssen, um einen Einblick in ihren Sicherheitenkorb zu erhalten. Die Identität der Swapkontrahenten, die Zusammensetzung des Collateralkorbes und wie oft der Swap zurückgesetzt wird sind Informationen, auf die Investoren ein Anrecht haben und die ihnen ohne weiteres zur Verfügung gestellt werden sollten. Es gibt also noch viel Raum für Verbesserung.

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