Wer mag, der kann immer Gründe finden, nicht in europäische Unternehmen zu investieren. Ja, Amerika wächst schneller; ja, die fortdauernde Eurokrise hat die hässlichen Seiten der europäischen Politik und der auf Konsens basierenden politischen Kultur offengelegt. Und dennoch: Trotz des Griechenland-Dramas ist Europa nach wie vor ein attraktives Investmentuniversum. In vielen Teilen des Kontinents ist die Wirtschaft in Ordnung. Zugleich sind die Bewertungen europäischer Aktien im Vergleich zu US-Unternehmen moderat. Gut möglich, dass die angestiegene Volatilität an den Märkten bzw. die laufende Korrektur überzogen ist. Im STOXX Europe 50 ist die Volatilität (VSTOXX) zuletzt erneut gestiegen und notiert mittlerweile auf einem Niveau von über 30 Punkten, Mitte April lag sie noch um einen Wert von 14 Punkten. In den USA ist der „Angst-Index“ dagegen kaum gestiegen.
Europäische Aktien erleben quasi seit Sommer 2012 einen Aufschwung, nachdem EZB-Präsident Mario Draghi die Spekulationen um den Zusammenbruch des Euro beendet hatte („Whatever-it-Takes-Statement vom Juni 2012). Bis Ende März 2015 legte der STOXX Europe 50 über 60% zu, und die extrem lockere Geldpolitik gab den Aktienmärkten Anfang 2015 einen zusätzlichen Schub. (Der freilich seit dem Wiederaufflammen der Griechenland-Krise deutlich an Schwung verloren hat.)
Der europäische Markt ist dabei keinesfalls als monolithischer Block zu betrachten. Hinter dem STOXX 600 bzw. MSCI Europe stehen Länder mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Beispielsweise sind in Grossbritannien und Spanien die grosskapitalisierten Unternehmen vornehmlich Finanzwerte, die noch immer einen signifikanten Teil ihrer Umsätze auf dem jeweiligen Heimatmarkt erzielen. In der Schweiz sind Pharmawerte und Konsumgüter-Hersteller global tätig; der Umsatz in der Schweiz macht nur einen kleinen Anteil aus.