Interview: Für eine globale Rezession sind die Fundamentaldaten zu stark

Ziehen die Leitzinsen an, werden am wenigsten solche Obligationen getroffen, die eine kurze Laufzeit haben. Der populäre Mischfonds M&G Optimal Income Fund ist bereits seit geraumer Zeit entsprechend defensiv positioniert. Ein Interview mit M&G-Fondsmanager Wolfgang Bauer über die Perspektiven am Bond-Markt.

Ali Masarwah 12.02.2016
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Mit einem Fondsvolumen von rund 19 Milliarden Euro per Ende Januar ist der M&G Optimal Income der grösste Fonds in der Morningstar Kategorie Mischfonds defensiv. Von unseren Fondsanalysten ist er mit dem zweithöchsten Morningstar Analyst Rating „Silver“ ausgezeichnet.

Die letzten beiden Jahre waren jedoch alles andere als freundlich, und die ein Schweizer Franken gehedte Tranche des Fonds schloss die Jahre 2014 und 2015 im untersten Drittel der Kategorie ab. Einer der Gründe ist seine defensive Positionierung über die letzten Jahre. Das bedeutet, dass er eher am kurzen Ende der Laufzeitkurve positioniert ist. Das hat der Performance in Zeiten kontinuierlich fallender Renditen nicht gut getan. 

Seit Juni 2015 verzeichnet der Fonds Abflüsse aus den CHF-Tranchen, in die per Ende Januar 2016 ein Vermögen von gut 150 Millionen Franken investiert ist. Wolfgang Bauer, Mitglied des Managementteams beim M&G Optimal Income, im Interview über tiefe Zinsen, irrationale Märkte und die Konjunktur-Perspektiven in den USA. 

Herr Bauer, welches Bondsegment favorisieren Sie im heutigen Null-Zinsumfeld?

Man muss im Obligationenmarkt grundsätzlich trennen zwischen Zins- und Kreditrisiken, sonst läuft man Gefahr Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Hinsichtlich des Zinsrisikos sind wir bearisch, gerade in den  USA sehen wir erhöhte Zinsrisiken; der Arbeitsmarkt ist stark, und der Dienstleistungssektor zeigt sich auch von seiner robusten Seite. Deshalb haben wir hier eine kurze Durationsposition. Anders beim Kreditrisiko, da sehen wir Wertschöpfungspotential, vor allem bei Investmentgrade US Dollar Obligationen und hier im Rating-Bereich „BBB“ und langen Laufzeiten. Hier liegen die Spreads bei 340 Basispunkten. Das ist für dieses Segment sehr viel und entspricht dem Niveau vom Höhepunkt der Eurokrise und nach Platzen der Dotcom Blase.

Sollte der Leitzins in den USA tatsächlich bis auf 2% im nächsten Jahr steigen, ist das gut oder schlecht für Unternehmensobligationen?

Das kommt darauf an, wie die Zinsanhebung gemanagt wird. Wenn es in einem freundlichen Konjunkturumfeld passiert, dann kann es zwar kurzfristig zu Volatilitäten kommen, aber per Saldo erwarten wir dann eine Einengung der Spreads. Allerdings muss die FED das gut kommunizieren und der Markt sicher sein, dass die FED gegensteuern muss, um eine Erhitzung zu verhindern.

Ist die Konjunktur in den USA wirklich so robust, wie es die meisten Auguren sehen?

Ja, vor allem der US-Arbeitsmarkt stimmt uns optimistisch; die Arbeitslosigkeitsrate ist von 10% im Jahr 2009 auf unter 5% gesunken. Wenn die Quote weiter sinkt, dann wird es zu einer Lohninflation kommen, und das schlägt sich auf die Teuerung in der Gesamtwirtschaft durch. Einige Marktteilnehmer sind zwar pessimistischer und beziehen sich auf Indikatoren wie den ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe, der unter den Wert von 50 gefallen ist. Aber der ISM für das nichtverarbeitende Gewerbe liegt bei über 50, und das stimmt mich zuversichtlich. Denn die Stärke des Dienstleistungssektor ist viel bedeutender als die negativen Signale aus der Industrie. Die US-Wirtschaft ist eine Dienstleistungsgesellschaft, und dem Sektor geht es gut.

Der Energiesektor ist derart unter Druck gekommen, dass man sich die Frage bei den Bonds stellt: jetzt oder nie?

Wenn man von einem Anstieg des Ölpreises ausgeht, dann gibt es bessere Optionen als die Bonds von Ölfirmen zu kaufen. Wir setzen in unseren Fonds lieber auf den Zusammenhang von Ölpreis und Inflation. Inflation ist heute sehr günstig bewertet, und man kann sich sehr günstig vor Inflation schützen. Der Break-even bei fünfjährigen TIPS (US inflationsindexierte Obligationen, Anmerkung Morningstar) liegt bei unter einem Prozent. Hier sehen wir die Möglichkeit von Überraschungen nach oben. Treasuries mit Inflationsindexierung machen inzwischen 4% des Vermögens des Optimal Income Fund aus. Unser Exposure zum Energiesektor ist mit 1,8% sehr gering. Wir halten kaum Förderer, sondern vorzugsweise BBB-Papiere von Midstream-Unternehmen aus den USA. Das sind Unternehmen, die das Netzwerk von Pipelines zur Verfügung stellen, und deren Geschäft nicht unmittelbar vom Ölpreis abhängt, sondern von der Menge von Öl und Gas, die durch die Leitungen fliesst.

Der Bund Future steht heute bei 165 Punken. Gibt es einen guten Grund, nicht den Bund short zu gehen?

Nun, wir sind mit Blick auf Durationsbeitrag von Euro-denominierten Obligationen negativ, also wir haben eine Shortposition, die bei minus 0,1% liegt. Das ist zwar minimal, aber das Wesen des M&G Optimal Income besteht darin, in Obligationen zu investieren. Es ist kein Long/Short-Fonds. Eine neutrale Position wäre für uns, ein Drittel der Fondsgelder in Staatsobligationen zu investieren, und da würden Bunds einen ordentlichen Anteil ausmachen. Von dieser Position sind wir sehr weit weg. Die Bewertung deutscher Staatsobligationen ist unattraktiv, und das drückt sich durch die negative Duration aus.

Das haben sehr viele Fondsmanager auch vergangenes Jahr gesagt. Tatsächlich haben die zehnjährigen deutschen Staatsobligationen 2015 einen Total Return von 1,7% gemacht. Wird sich das angesichts der derzeitigen Volatilität nicht auch 2016 wiederholen?

2015 gab es eine Häufung ausserordentlicher Ereignisse. Im Grunde waren die Märkte über lange Strecken im Risk-off Modus. Im Sommer sorgte das Griechenland-Referendum für Unruhe, dann kamen die Turbulenzen nach der Renmimbi-Abwertung und schliesslich brachen der Ölpreis und die Preise anderer Rohstoffe ein. Da haben die Investoren sichere Häfen gesucht und sind in Bunds und Treasuries geflüchtet.

Auch die ersten Wochen des neuen Jahres sind sehr stark Marktsentiment getrieben...

Aber dieses Spiel wird nicht ewig weitergehen. Der Markt ist heute noch irrational, aber das wird nicht immer so bleiben. Es gibt vor allem mit Blick auf die USA einen Disconnect zwischen der Realität und dem Gefühl der Krise. Wir gehen davon aus, dass die gefühlte Gefahr einer globalen Rezession nicht aufrecht zu erhalten sein wird. Dafür sind die Fundamentaldaten zu stark.

Die Fragen stellten Michael Haker und Ali Masarwah

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich