‚Schlechte Investments zu vermeiden ist wichtiger, als gute zu finden‘

Ein Interview mit Jens Hansen, Fondsmanager des globalen Aktienfonds ValueInvest Lux Global, der in diesem Jahr den Morningstar Award für den besten globalen Aktienfonds gewonnen hat. 

Natalia Wolfstetter 10.03.2016
Facebook Twitter LinkedIn

Der ValueInvest Lux Global (Morningstar Analyst Rating ‚Bronze‘) sticht durch seine defensiven Qualitäten hervor. Diese haben dazu beigetragen, dass der Fonds 2016 Gewinner der Kategorie ‚Globale Aktien‘ bei den Morningstar Fund Awards wurde. Wir sprachen mit dem langjährigen Fondsmanager Jens Hansen.

Herr Hansen, woraus ergeben sich die defensiven Charakteristika Ihres Fonds, die auch seit dem turbulenten Start dieses Jahres erkennbar sind?

Jens Hansen: Wir konzentrieren uns darauf, Kapitalerhalt und hohe stabile Renditen für die Anleger zu erreichen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, investieren wir hauptsächlich in Qualitätsunternehmen mit stabilen Erträgen und geringem Verschuldungsgrad. Dabei achten wir darauf, diese Unternehmen mit einer ausreichenden Sicherheitsmarge zu unserem ermittelten Fair Value erwerben zu können. Wir nutzen für die Bewertung der Unternehmen branchenspezifisch ermittelte Risikoprämien, die wir regelmäßig überprüfen.

Besonders wichtig ist aber vor allem die Arbeit im Team. Jeder von uns fünf Portfoliomanagern hat ein Vetorecht, wenn Unternehmen in das Portfolio aufgenommen werden sollen. Manchmal entgeht uns so ein vielversprechendes Investment. Wichtiger als ein gutes Investment zu tätigen, ist aber schlechte Investments zu vermeiden. Unser Motto lautet: Vorsicht ist eine Tugend und die Rendite ist das Ergebnis. 

2015 war besser, als man es von einem defensiven Ansatz erwarten würde?

2015 war keine Ausnahme. Wir waren größtenteils in ertragsstabile Unternehmen investiert,  die zwar im Laufe des Jahres etwas teurer wurden, aber solide Renditen erwirtschafteten und weiteres Aufwärtspotenzial aufwiesen. Einige unserer Unternehmen, die sich durch hohe Ertragsstabilität auszeichnen, konnten sowohl organisch als auch durch Akquisitionen sehr hohe Wachstumsraten erzielen. Der höchste Performancebeitrag kam von den Unternehmen aus den Branchen Nahrungsmittelherstellung, Nahrungsmitteleinzelhandel, Haushaltsprodukte und Gesundheitswesen.

Die positive Marktentwicklung und die noch höhere Rendite des Fonds haben die defensiven Qualitäten des Fonds 2015 etwas überdeckt. Aber genau diese Eigenschafen haben sich im stürmischen dritten Quartal 2015 ausgezahlt, als der MSCI World ca. 9% verlor und der Fonds lediglich 2%. Ein wesentlicher Teil der Outperformance wurde in diesem dritten Quartal erwirtschaftet. 

2016 ist  das gleiche Muster wie im dritten Quartal 2016 sichtbar. Per Ende Februar konnte der Fonds die seit Jahresbeginn währende Abwärtsbewegung des Marktes mit einer Fondsrendite von minus 1,5% gegenüber einer Marktrendite von minus 6,8% weitestgehend vermeiden.

Inwieweit passt das hohe Engagement in defensiven Konsumwerten zur Bewertungssensitivität des Ansatzes? Nehmen Sie höhere Bewertungen als in der Vergangenheit in Kauf? Zumindest scheinen das die Bewertungskennzahlen der Holdings im Portfolio anzudeuten?

Wir konzentrieren uns immer auf die Bewertung. Lassen Sie es mich so sagen: Wir kaufen so viel Qualität wie möglich, ohne dabei die Bewertung und die Einhaltung der Sicherheitsmargen zu vergessen. Wenn wir für einen Moment unsere eigene Bewertungsmethode außer Acht lassen und uns die Gewinnrenditen auf Niveau der EBITA-Margen anschauen, ist die Gewinnrendite des Portfolios seit Anfang 2015 von 7,5% auf 7,3% gesunken, während die Gewinnrendite des gesamten Aktienmarktes um 0,1% auf 7,1% gestiegen ist. Mit einer Gewinnrendite des Portfolios, die 0,2% über dem Markt liegt, und sich aus einem Portfolio von Unternehmen ergibt, die deutlich höhere Ertragsstabilität und höhere Profitabilität aufweisen als der Gesamtmarkt, sehen wir unseren Fonds als deutlich attraktiver bewertet als den Markt. Es ist nicht schwer, die Gewinnrendite des Portfolios durch eine Neuinvestition etwas zu erhöhen – schwieriger ist es, die Gesamtqualität des Portfolios zu erhalten.

Haben Sie dennoch neue Unternehmen ins Portfolio aufgenommen?

Im ganzen Jahr kein neues Unternehmen in das Fondsportfolio aufzunehmen, war eine aktive Entscheidung. Obwohl es durchaus interessante Anlagemöglichkeiten gab, waren die Kandidaten in puncto Qualität dem bestehenden Portfolio unterlegen, oder sie wiesen nicht die für uns notwendige Sicherheitsmarge auf.

Und Sie sehen beispielsweise Hormel, einen der größten Performancelieferanten im letzten Jahr, nicht als mittlerweile zu teuer an?

Hormel ist der zehntgrößte Nahrungsmittelhersteller in den USA und eine unserer Top Holdings. Hormel hat den Sektor Basiskonsum mit einem Kursgewinn von über 70% in 2015 deutlich geschlagen und ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch die Ertragskraft  größerer Qualitätsunternehmen hin und wieder vom Markt übersehen wird. Die Akquisition des Bio-Nahrungsmittelherstellers Applegate hatte einen positiven Effekt auf die Kursentwicklung, da auch US-Konsumenten immer stärkeren Wert auf gesunde Ernährung legen. Trotz des starken Kursanstiegs bietet Hormel noch immer reichlich Aufwärtspotenzial.

Ertragsstabilität ist für Sie ein wichtiges Kriterium. Wie passt hier Adidas ins Bild?

Adidas ist ein gutes Beispiel für unsere langfristige Strategie. Ende 2014 und Anfang 2015 haben wir die bis dato kleine Position aufgestockt. Adidas litt unter der Situation in Russland und hatte Probleme im Golfsegment. Positive Nachrichten gab es keine. Wenn es bei einer so starken Marke wie Adidas nur noch negative Nachrichten und Analystenkommentare gibt, kann es eine Kaufgelegenheit sein. Nach unserer fundamentalen Analyse erfüllte das Unternehmen weiterhin unsere strengen Auswahlkriterien und bot erhebliches Aufwärtspotenzial. Nun mussten wir noch warten und das hat in diesem Fall gar nicht so lang gedauert. Der Kurs von Adidas stieg 2015 über 60% und bereitet uns auch 2016 Freude, nachdem entschieden wurde, dass der bei Henkel sehr erfolgreiche Kaspar Rorstedt die Führung des Unternehmens übernimmt.   

Wodurch ergibt sich die recht hohe Gewichtung in Japan, die der Fonds traditionell hat? Spielt die überraschende Zinssenkung der Bank of Japan für Sie eine Rolle?

Zunächst einmal ist es wichtig, nicht zu viel Notiz von den Aktionen der Zentralbanken zu nehmen. Die Maßnahmen der Zentralbanken zerstören im Allgemeinen Wert mit ihren verheerenden QE-Programmen. Es wird ein künstlich niedriger "Risikofreier Zins" geschaffen, der zu Beeinträchtigungen bei der Kapitalallokation führt. Deshalb sind wir schon vor einiger Zeit dazu übergegangen, in unserer Bewertungssystematik die aktuellen Zinssätze durch einen längerfristigen (höheren) risikofreien Zinssatz zu ersetzen. Die Antwort ist also Nein; die Handlungen der Bank of Japan haben keinen Einfluss auf unsere Sichtweise auf Japan. Unsere Allokation in Japan (und allen anderen Ländern) ist das Ergebnis eines disziplinierten, analytisch-orientierten Bottom-up-Anlageprozesses, der sich auf die grundlegende Solidität der Unternehmen und die Bewertung der eingebetteten Risiken konzentriert. Grundsätzlich haben wir keine Beschränkungen in Bezug auf die Länderallokation, allerdings wollen wir unser Engagement in Japan in unserem globalen Portfolio unter 20% zu halten, um Klumpenrisiken zu vermeiden. Zudem bieten wir einen reinen Japan Fonds an.

Die japanischen Unternehmen, die für das globale Portfolio in Frage kommen, stehen für einen Platz im Fonds im Wettbewerb mit allen anderen globalen Unternehmen. Es gibt keine Top-Down-Länderallokation.

Vielen Dank für das Gespräch.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Natalia Wolfstetter  ist Director Fund Analysis bei Morningstar