Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien: Wie reagierten britische Aktien?

Die Aktien von Rolls-Royce führten die Londoner Aufwärtsbewegung an, da das Unternehmen eine besondere Ausnahmeregelung für seine Triebwerke und Teile in Anspruch nahm.

Christopher Johnson 12.05.2025
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Collage-illustratie van een vrachtschip, vlaggen van de V.S., het V.K. en de E.U. en volatiliteitssymbolen.

Die Reaktion des britischen Aktienmarktes auf das am Donnerstag verkündete Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien war uneinheitlich, mit einigen eindeutigen Gewinnern wie den Luft- und Raumfahrtunternehmen Melrose Industries MRO und Rolls-Royce RR. Am Freitag waren viele dieser Aktien weitgehend unverändert.

Einzelheiten der Vereinbarung wurden am Donnerstagnachmittag bekannt. Demnach werden die Zölle für einige britische Exporte wie Autos, Stahl und Aluminium gesenkt oder ganz aufgehoben. Außerdem versprach Präsident Donald Trump für die Zukunft eine “Vorzugsbehandlung” bei Pharmazeutika.

Rolls-Royce war der offensichtliche Nutznießer, weil Howard Lutnick, der US-Handelsminister, erklärte, dass die Triebwerke und Flugzeugteile des Unternehmens nun zollfrei aus dem Vereinigten Königreich in die USA exportiert werden können.

Trotz eines Kurseinbruchs Anfang April im Zuge eines Abverkaufs an den Weltmärkten stiegen die Aktien des Unternehmens in diesem Jahr um fast 35%, werden aber nach Einschätzung von Morningstar immer noch als unterbewertet angesehen. Das im Vereinigten Königreich börsennotierte Unternehmen konzentriert sich ausschließlich auf Luft- und Raumfahrt, aber die berühmte Luxusautomarke befindet sich im Besitz des deutschen Automobilkonzerns BMW, dessen Aktien in den letzten fünf Tagen um rund 5% stieg.

Die Aktien des Luft- und Raumfahrtunternehmens Melrose, der Muttergesellschaft von GKN Aerospace, stiegen innerhalb von fünf Tagen um 7% auf 470 Pence. Sie liegen aber immer noch deutlich unter der Fair Value-Schätzung von Morningstar von 800 Pence.

Wichtige Morningstar-Kennzahlen für Rolls-Royce Holdings RR.

Analystin: Loredana Muharremi

- Morningstar Rating: ★★★★

- Fair Value-Schätzung: GBX 960,00

- Economic Moat: Schmal

- Sektor: Industrie

- Forward-Dividendenrendite: 0,78%

Die britischen Autoexporte in die USA werden von bisher 25% auf 10% gesenkt, wobei die Höchstmenge auf 100.000 Fahrzeuge begrenzt wurde. Der frühere Zoll von 25% auf britische Stahl- und Aluminiumwaren wurde abgeschafft.

Eines der britischen Unternehmen, das von den Zolländerungen am stärksten betroffen sein wird, ist Jaguar Land Rover (JLR), ein Hersteller von hochwertigen Fahrzeugen und Geländewagen, die weltweit in Märkte wie die USA exportiert werden. Da sich das Unternehmen im Besitz des indischen Mischkonzerns Tata befindet und nicht an der britischen Börse notiert ist, war die Reaktion der Anleger schwer einzuschätzen. Die Aktien von Aston Martin Lagonda AML, dem größten börsennotierten britischen Automobilwert und Hersteller von Luxusfahrzeugen, stiegen am Donnerstag stark an und legten innerhalb von fünf Tagen 10% zu.

Premierminister Sir Keir Starmer sagte am Donnerstag im Automobilwerk von JLR in Solihull: “Die historische Vereinbarung ist ein Gewinn für die britische Wirtschaft und die britischen Arbeitnehmer und sichert Tausende britische Arbeitsplätze in Schlüsselsektoren wie der Automobilherstellung und der Stahlindustrie.”

Wie wird sich das Handelsabkommen auf europäische Automobilaktien auswirken?

Rella Suskin, Aktienanalystin bei Morningstar, sagte, dass das Geschäft den britischen Automobilherstellern nicht weiterhilft: “Britische Autohersteller haben eine minimale Präsenz in den USA ... und sie haben einen Deal akzeptiert, der das Risiko minimiert, kurzfristig umstrukturieren oder verkleinern zu müssen (oder zu überleben), um den Preis, das zukünftige Aufwärtspotenzial zu begrenzen.”

“Die britischen Autohersteller haben nur einen sehr geringen Anteil am US-Markt - ihr derzeitiger Anteil ist durch die Zollanpassung nun etwas geschützt. Wenn sie ihren Anteil vergrößern wollen, dann zu ähnlichen Bedingungen wie die Europäer (höhere Zölle), so dass der Status quo erhalten bleibt.”

Europäische Automobilwerte gehörten am Donnerstag zu den größten Gewinnern, wobei Stellantis SLTAM um fast 5% zulegte. Ruskin wies den Gedanken zurück, die Gewinne seien darauf zurückzuführen, dass Anleger auf ähnliche Vorzugsbedingungen für europäische Automobilhersteller hofften, deren Aktien von den Zöllen betroffen sind.

“Meiner Ansicht nach sind die Auswirkungen des britischen Abkommens auf die europäischen Automobilhersteller vernachlässigbar”, sagte sie und fügte hinzu, dass die Folgen für die Industrie auf der Basis der einzelnen Unternehmen bewertet werden müssten.

Was haben die größten Unternehmen des Vereinigten Königreichs zu den Zöllen gesagt?

Im Mittelpunkt der jüngsten Gewinnsaison standen die Auswirkungen der Zölle auf die Rentabilität der Unternehmen und die Aussichten für den Rest des Jahres. Viele globale Unternehmen haben ihre Prognosen für das gesamte Geschäftsjahr zurückgenommen, wie z. B. ARM Holdings.

Bereits vor der Ankündigung des Handelsabkommens am 9. Mai erhielten Anleger Einblicke in die Überlegungen der größten britischen Unternehmen zum Umgang mit Zollrisiken.

Konsumgüterriese Unilever ULVR sagte, dass die Auswirkungen der Zölle auf die Rentabilität des Unternehmens voraussichtlich “begrenzt und überschaubar” sein werden.

Ein Unilever-Sprecher fügte hinzu: “Wir sind uns bewusst, dass das makroökonomische Umfeld, die Währungsstabilität und die Verbraucherstimmung weiterhin unsicher sind, und wir werden unsere Pläne bei Bedarf flexibel anpassen.”

Die auf Asien fokussierte Bank HSBC HSBA rechnet im ersten Quartal mit einem Anstieg der erwarteten Kreditverluste um 200 Mio. USD auf 900 Mio. USD, was auf “erhöhte Unsicherheit und eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten aufgrund geopolitischer Spannungen und höherer Handelszölle” zurückzuführen ist.

HSBC sagte: “Eine weitere Eskalation der Zölle und Handelsspannungen könnte zu einem Rückgang des Handelsvolumens, der Investitionen, der Verbraucherausgaben und letztlich zu einem schwächeren globalen BIP-Wachstum führen. Auch die Lieferketten könnten durch ein fragmentiertes Handelsumfeld erneut unter Druck geraten, was die Inflation wieder ansteigen lassen könnte”.

Paul Soriot, Vorstandsvorsitzender von AstraZeneca AZN, dem größten Unternehmen Großbritanniens, erklärte, dass sich die starke Wachstumsdynamik des Unternehmens im Jahr 2025 fortgesetzt habe.

Er spielte auch auf den Plan von AstraZeneca an, einen Teil seiner Produktionskapazitäten zu verlagern, um den schlimmsten Auswirkungen der Handelszölle von Präsident Donald Trump entgegenzuwirken.

Konkurrent GSK GSK sagte, das Unternehmen sei gut gerüstet, um mit etwaigen Zöllen umzugehen, die Präsident Donald Trump auf Arzneimittel erheben könnte. Das war, bevor das Handelsabkommen angekündigt wurde.

In einem Telefongespräch mit den Medien sagte CEO Emma Walmsley: “Was die Zölle betrifft, so starten wir aus einer Position der Stärke. Offensichtlich gibt es hier noch einige Unwägbarkeiten. Wir beobachten die Entwicklung sehr genau, aber wir sind gut vorbereitet und arbeiten schon seit einiger Zeit daran, die Situation zu meistern und mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln abzufedern.”

Das Unternehmen will auch künstliche Intelligenz einsetzen, um Geld zu sparen und sich vor den schlimmsten Auswirkungen der Zölle zu schützen. So soll die Technologie beispielsweise die Beschaffung verbessern und KI dabei helfen, ineffiziente Praktiken zu finden.

James Gard hat zu dieser Geschichte beigetragen


Der Autor/Autorin oder die Autoren besitzen keine Aktien der in diesem Artikel erwähnten Wertpapiere. Informieren Sie sich über die Redaktions-Richtlinien von Morningstar.

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Über den Autor

Christopher Johnson  ist Datenjournalist bei Morningstar.