Brauchen Fondsmanager mehr Freiheiten?

Sind vermögensverwaltende Ansätze überlegen? Sollten Fonds die Barquote aktiver steuern?

Natalia Wolfstetter 19.03.2009
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Fonds, die sich während der Krise einigermaßen halten konnten, haben oft eines gemeinsam: Die Fondsmanager hatten in erheblichem Umfang in Kasse oder andere defensive Anlagen umgeschichtet. Das Lob von Anlegern und Medien ist ihnen nach einen katastrophalen Börsenjahr wie 2008 sicher. Ein Aktienmanager, der „lediglich“ seine Benchmark schlug, aber voll investiert geblieben ist, erntet oft Unverständnis oder bestenfalls ein müdes Lächeln. - 33% statt -35%? Das ist den meisten Investoren wenig Trost.

In Zeiten wie diesen schlägt die Stunde der so genannten vermögensverwaltenden Ansätze. (Unabhängig davon, dass ihnen durch die Abgeltungssteue

r noch zusätzlich eine Sonderkonjunktur beschert wird, da Umschichtungen innerhalb eines Fonds nicht von der Steuer betroffen sind.) Was ist aber mit vermögensverwaltend gemeint? Recht unterschiedliche Fondskonzepte schmücken sich mit diesem Etikett: der traditionelle Mischfonds, neuerdings auch als Multi-Asset-Fonds bezeichnet, der in verschiedene Anlageklassen (Aktien, Renten, Immobilien, Rohstoffe usw.) investiert und dabei mehr oder weniger große Freiheiten bei deren Gewichtung hat. Ein Aktienfonds, der die Investitionsquote auch auf 0% reduzieren kann. Fonds, die Absicherungsstrategien einsetzen. Lebenszyklusfonds, mit denen Fondssparer ihre Investments auf den Anlagehorizont abstimmen können. Diese Liste ließe sich sicherlich weiter fortsetzen. Gemeinsamer Aufhänger ist der Versuch des Kapitalerhalts oder zumindest der Verlustbegrenzung in schwierigen Marktphasen.

Sind solche Ansätze zwangsläufig besser als konventionelle, benchmarkorientierte Fonds? Nicht immer. Wir bei Morningstar meinen, dass hier vieles in einen Topf geworfen wird.

Viele Fondsmanager denken in relativen Renditen. Sie investieren in die Anlageklasse, die ihnen durch ihren Referenzindex vorgegeben ist und versuchen, diesen durch gezielte Einzeltitelauswahl zu übertreffen. Motto: Was drauf steht, ist auch drin. Schließlich haben Anleger mit dem Fondskauf eine bewusste Wahl für die zugrunde liegende Anlageklasse getroffen. Sie entscheiden selbst, ob sie darüber hinaus (auf Festgeldkonten oder in Geldmarktfonds) Kasse halten möchten. Die Aufgabe der Asset Allocation (Festlegung auf die grundlegenden Anlageklassen) fällt demnach dem Anleger selbst bzw. in dem meisten Fällen seinem Finanzberater zu. Finanzberater übernehmen für ihre Kunden auch die Umschichtungen. Würden nun auch die Fondsmanager umschichten oder die Barquote erhöhen, würde das die Dinge verkomplizieren. Der Überblick und die Kontrollmöglichkeiten würden schnell verloren gehen. In einem solchen System bieten sich daher Fonds an, die in ihrer Anlageklasse immer voll investiert bleiben.

In vermögensverwaltenden Fonds delegiert der Anleger die Asset Allocation an den gewählten Fonds(manager). Dieser soll aufgrund seiner Markteinschätzung entscheiden, welche Anlageklassen gerade attraktiv sind. Solche Einschätzungen können auf fundamentaler Analyse beruhen, auf quantitativen Indikatoren oder technischen Signalen (Trendfolgemodelle).

Für jede Marktlage die passende Positionierung? Klingt gut, wenn es denn so einfach wäre. Nicht jeder Fondsmanager nutzt seine Freiheiten weise. Märkte sind schwer zu prognostizieren. Investiert zu sein, ist mit Risiken verbunden. Nicht investiert zu sein aber ebenso, auch wenn dies überraschen mag. Wer nicht im Markt ist, kann den Aufschwung verpassen oder läuft ihm hinterher. Wer mit angezogener Handbremse fährt, ist im Abschwung gut dran, wird aber auch in positiven Märkten nicht zu den ersten gehören. Das kann langfristig nachteilig sein. Manche empirischen Untersuchungen kommen zum Schluss, dass einfache Buy-and-Hold-Strategien (Kaufen & Halten) aus den genannten Gründen auf lange Sicht die besseren Ergebnisse liefern (mehr dazu hier). Verständlicherweise werden sich viele Anleger dennoch mit weniger Renditepotential zufriedengeben, solange sie dadurch ruhiger schlafen können. Vermögensverwaltende Fonds haben zudem den Vorteil, dass sie dem Anleger alles unter einem Dach bieten können. Man muss nicht mehr ein ganzes Depot unterschiedlicher Fonds im Auge behalten. Auf der Strecke bleibt jedoch die Diversifizierung über mehrere Manager. Zudem müssen Anleger darauf achten, einen Fondsmanager zu wählen, der seine Expertise über mehrere Marktzyklen unter Beweis stellen konnte, und das idealerweise in öffentlich zugänglichen Fonds und nicht nur anhand von Rückrechnungen (Backtests). Wer will schon einer Eintagsfliege auf den Leim gehen.

Eindeutige Kommunikation gefragt

Letztendlich gilt es, bereits bei der Auswahl des Fonds zu definieren, was man sich vom Fondsmanager erwartet – sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten. Man sollte sich genau erklären lassen, was das Fondsmanagement darf und was nicht. Der Verkaufsprospekt führt dabei nicht immer weiter, da er maximale Anlagegrenzen nennt, die in der Praxis nicht ausgereizt werden. Grundsätzlich kann ein weniger flexibler Fonds ebenso eine Rolle im Depot spielen wie ein Produkt mit vermögensverwaltendem Anspruch. Auf die konkreten Bedürfnisse des Anlegers kommt es an.

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Über den Autor

Natalia Wolfstetter  ist Director Fund Analysis bei Morningstar