Krisensichere Portfolios braucht der Anleger

Nach einer starken Rally zum Anfang des Jahres werden die Märkte wieder turbulenter. Nach den schlechten Erfahrungen der letzten Jahre suchen viele Investoren Schutz vor volatilen Märkten. In einer neuen Serie analysieren wir die verschiedenen Risikomanagement-Ansätze bei Aktienportfolios

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Nach der Finanzkrise und der Pleite von Lehman Brothers wurden so genannten Tail Risks – das hohe Risiko, das unvorhersehbare Ereignisse mit sich bringt – von Investoren in ein ganz anderes Licht gerückt. Nicht antizipierbare Risiken haben in der Portfoliokonstruktion einen immer höheren Stellenwert bekommen.

Was ist ein Tail-Risk?

Was aber genau ist ein Tail Risk? An dieser Stelle kommen wir um einige Erläuterungen aus der Finanzmathematik und Statistik nicht herum, aber keine Sorge: sie sind trivialer, als man als Laie vermuten könnte. „Tails“ bezeichnen die schmalen Enden einer Normalverteilung von Renditen. Generell nimmt man in der klassischen Finanzmathematik an, dass Renditen „normal“, sprich: symmetrisch verteilt sind. Eine Normalverteilung von numerischen Daten ist ein statistisches Verteilungsmodell. In Bezug auf eine Investition stellt die Normalverteilung die Wahrscheinlichkeiten dar, welche Renditen über einen bestimmten Anlagezeitraum erzielt werden bzw. wie sie verteilt sind.

Die folgende Graphik zeigt, dass bei einer Normalverteilung der Großteil der Rendite sich um die Durchschnittsrendite herum abspielt. Extreme Ereignisse haben eine geringe Wahrscheinlichkeit und sind am äußeren Teil der Verteilung angesiedelt – das sogenannte „Tail“.

Idealerweise sollten Investoren ihr Portfolio so konstruieren, dass Renditen so selten wie möglich ganz Links in der Verteilung erzielt werden, ohne gleichzeitig das Potenzial nach oben – also die rechte Seite der Verteilungskurve, zu beschränken.

Das Problem ist jedoch, dass in der Idealwelt der Finanzmathematiker die Voraussetzung für Risikomodelle in der Regel eine Normalverteilung der Portfoliorendite bzw. die Rendite des Finanzinstruments vorausgesetzt wird. Und dieses Vorgehen scheitert  leider an der Realität. Schwerwiegende Finanzkrisen werden in der Theorie als höchst selten bezeichnet. Gegenbeispiele gibt es allerdings viele. Kostprobe gefällig? Anfang des Jahrtausends platzte die Technologieblase, Argentinien wurde zahlungsunfähig, vor fünf Jahren ereilte uns die große globale Finanzkrise, die dann vor zwei Jahren die Europäische Schuldenkrise auslöste. Im gleichen Jahr erschütterten der Tsunami und die Reaktorkatastrophe von Fukushima Japan.

Anders ausgedrückt: Extreme Ereignisse, oder auch Tail-Risk-Events, kommen häufiger vor, als es von der Statistik vorgesehen ist. Schätzungen zufolge gab es in den letzten drei Jahrzehnten alle 3-5 Jahre Schocks am Finanzmarkt.  Solche Schocks führen bei der Normalverteilung zu „fat tails“. Wenn man also von Tail Risks spricht, dann heißt das nichts anderes, als dass man als Anleger hohe Risiken als höchst wahrscheinliche Gefahren für die Gesundheit seines Portfolios einkalkulieren muss. Unsere idealtypische Kurve in blau müsste als korrigiert werden, um der höheren Wahrscheinlichkeit von starken Verlusten Rechnung zu tragen(siehe Graphik oben).

Daher ist es folgerichtig ratsam, sich gegen solche Risiken abzusichern. Da kein Investor eine Glaskugel hat, sollten sich alle, die ihr Portfolio gegen Extremereignisse schützen wollen, systematische Absicherungsstrategien näher ansehen.  Es gibt einige Strategien, wobei jede ihre eigenen Vor- und Nachteile hat. In einer recht ausführlichen Artikelserie werden wir uns die wichtigsten Absicherungsstrategien im Detail analysieren – bleiben Sie als dran!

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Über den Autor

Gordon Rose, CIIA, CAIA,

Gordon Rose, CIIA, CAIA,  war von 2011 bis 2014 Fondsanalyst bei Morningstar.