Das Morningstar Sustainability Rating: Die Methodologie im Überblick

Mathematische Formeln schrecken viele Investoren und Berater ab. Wir erklären hier in einfachen Worten, wie die Berechnung des neuen Morningstar Sustainability Ratings funktioniert.

Michael Haker 17.03.2016
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Zum  Abschluss unserer Erläuterungen zum neuen Morningstar Sustainability Ratings gehen wir detaillierter auf die Berechnung ein. (Lesen Sie hier die Einführung sowie Teil I und Teil II der Erläuterungen im Frage-Antwort-Format.) Ein wesentlicher Bestandteil des Ratings ist es, das Nachhaltigkeitsprofil auf Branchenebene so zu normieren, sodass höchst unterschiedliche Branchenprofile vergleichbar gemacht werden können. Das erfolgt unter Anwendung eines statistischen Verfahrens, mit der so genannten Z-Transformation, mit der – grob gesagt – Abstände vergleichbar gemacht werden. Doch der Reihe nach.

Diversifizierte Fonds investieren typischerweise nicht nur in Aktien innerhalb einer Branche, ja sie legen auch über unterschiedliche Asset-Klassen an. Für die Berechnung des Morningstar Sustainability Ratings bringt das die Notwendigkeit, ein vergleichbares Bewertungsmass über eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Investmentvehikel in ebenso unterschiedlichen Universen zu schaffen. Wesentlich dabei ist, dass sich die einzelnen Bewertungen in einem vergleichbaren Kontext bewegen müssen. Das stellt sicher, dass nicht Äpfel mit Birnen vergleichen werden.

Je nach Sektor sind verschiedene Einflussfaktoren auf das ESG-Rating von unterschiedlicher Relevanz. Der Grund dafür ist, dass sich die Sektoren, in denen Unternehmen agieren, fundamental unterscheiden. So sehen sich Firmen im Energiesektor vollkommen anderen Herausforderungen hinsichtlich Umwelt oder Gesetzgebung ausgesetzt als Unternehmen der Finanzbranche. Aus diesem Grund müssen die Bewertungskriterien für die ESG Scores je nach Branche angepasst werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der identische ESG-Score für zwei Unternehmen, die aus unterschiedlichen Sektoren stammen, nicht zwangsläufig das Gleiche bedeutet. Ein ESG Score von, sagen wir, 60, den das Analysehaus Sustainalytics einem Versorger zuweist, ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit einem  ESG Score von 60 für einen Versicherer. Wir sprechen hier vom so genannten „Raw Score“, also vom Rohwert, den es für unser Rating zu normieren gilt.

Um nun diese unterschiedlichen Werte zu vereinheitlichen und sie zum Zwecke der Vergleichbarkeit auf eine gemeinsame Skala zu bringen, werden diese Rohwerte mittels der so genannten Z-Transformation normiert.

Die Z-Transformation des ESG-Scores

Die Z-Transformation ist eine allgemeine Vorgehensweise in der Statistik, die wir weiter unten etwas genauer erläutern. Im Falle der ESG-Scores berechnen wir einen Z-Wert für jedes Unternehmen innerhalb seines jeweiligen Sektors. Er kann entweder null, einen positiven oder negativen Wert annehmen. Der Z-Wert sagt im Grunde aus, wie weit der ESG-Score eines Unternehmens über oder unter dem Durchschnitt vergleichbarer Unternehmen liegt. Beim Z-Wert handelt es sich um ein Abstandsmass und es ist über alle Unternehmen vergleichbar, unabhängig von ihrer Sektorzugehörigkeit. Denn die Aussage des Z-Wertes beschränkt sich darauf, ob ein Unternehmen einen über- oder unterdurchschnittlichen ESG Score hat. Bei einem Wert von null liegt der ESG-Score exakt im Durchschnitt.

Für die Berechnung der Portfolio-ESG-Werte kalkulieren wir zunächst den normalisierten ESG-Score. Dazu werden die Z--Werte der Unternehmen mit 10 multipliziert, im Anschluss wird 50 addiert. Das bedeutet, dass Unternehmen mit einem normalisierten ESG-Score von 50 dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe entsprechen; mit Werten größer als 50 liegen sie über, mit Werten unter 50 unter dem Durchschnitt.

Alle normalisierten ESG-Scores werden nun entsprechend ihres Anteils im Portfolio gewichtet. Die Summe daraus ergibt den Portfolio ESG Score. Hiervon wird nun in einem nächsten Schritt der Portfolio Controversy Score abgezogen. Er drückt aus, ob und inwiefern ESG-bezogene Vorkommnisse und –Kontroversen den ESG-Score mindern. Es handelt sich also um „Strafpunkte“, die in unsere Portfoliobewertung einfliessen. Der Portfolio Sustainability Score resultiert aus dem Portfolio ESG Score abzüglich des Portfolio Controversy Scores.

Damit ein Fonds letztlich ein Portfolio Sustainability Rating erhält, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen auf Ebene des Portfolios: mindestens 50% der Holdings müssen über einen ESG Score von Sustainalytics verfügen. Zum anderen auf Ebene der Morningstar Kategorien. Hier  müssen mindestens zehn Fonds in einer Kategorie ein Morningstar Sustainability Score haben. Nur dann können innerhalb dieser Kategorie auch Ratings vergeben werden.

Wir bewerten zum Start unseres Ratings rund 20.000 Fonds weltweit. Diese Fonds decken mehr als die Hälfte des verwalteten Vermögens in Publikumsfonds (einschliesslich ETFs) ab.

Hier finden sie das vollständige Methodologiedokument in Englischer Sprache zum Download.

Die Z-Transformation kurz erklärt

Die z-Transformation ist eine statistische Methode, um Variablen zu standardisieren. Dies ist etwa dann sinnvoll, wenn mehrere Variable unterschiedliche Spannweiten oder Grössenordnungen haben; also wenn sie eine unterschiedliche Verteilung aufweisen. Mittels z-Transformation können diese Variablen zu einem gemeinsamen Score zusammengefasst werden. Sie kommt auch bei der Faktoren- oder Clusteranalyse zum Einsatz, bei der beispielsweise Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Gruppen über mehrere Variablen errechnet werden. Eine praktische Anwendung wäre beispielsweise in der Marktforschung, wo mittels Clusteranalyse bestimmte Kundentypen charakterisiert werden können, um zielgruppenspezifisches Marketing zu betreiben. Die allgemeine Z-Transformation erfolgt mittels der Formel:

Zscore 

x = Wert der Variable (hier der Sustainalytics ESG-Score für Unternehmen)

μ = durchschnitt (ESG-Durchschnitt vergleichbarer Unternehmen)

σ = Standardabweichung (ESG-Score Standardabweisung innerhalb der Vergleichsgruppe)

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Über den Autor

Michael Haker  Michael Haker ist Research Editor bei Morningstar.