COP27: Neue Risiken, neue Opportunitäten

Ein Jahr nach der COP26 ist die Dringlichkeit größer, die Risiken sind höher, und was Zahlen angeht sind aus Milliarden nun Billionen geworden. Hier ist, wonach wir Ausschau auf der laufenden Conference of Parties 27 Ausschau halten.

Leslie Norton 09.11.2022
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COP27

Es war ein Jahr mit katastrophalen Überschwemmungen in Pakistan, Waldbränden in Europa und Dürren auf der ganzen Welt - all das die jüngsten Folgen der globalen Erwärmung.

In den USA hat der Hurrikan Ian, wie UN-Generalsekretär António Guterres im Oktober feststellte, „eine brutale Mahnung geliefert, dass kein Land und keine Wirtschaft gegen die Klimakrise immun ist“.

Dies sind die Probleme, mit denen die Welt konfrontiert ist, wenn sich die Nationen in Sharm El Sheikh, Ägypten, zum Klimagipfel COP27 versammeln. Dieser wurde Ende letzter Woche eröffnet.

Dies ist derselbe Gipfel, auf dem sich die Nationen vor 12 Jahren trafen, um das Pariser Abkommen zur Eindämmung des Klimawandels zu unterzeichnen. Seitdem ist eine Reihe nationaler Zusagen eingetreten, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto Null zu senken (der Atmosphäre so viel Kohlenstoff zu entziehen, wie man zuführt). Das zielt darauf ab, die globalen Temperaturen auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu halten und so die schlimmsten Auswirkungen der globalen Erwärmung zu verhindern.

Um das Ziel der Netto-Null zu erreichen, müssen Unternehmen und Nationen ihre Emissionen bis 2030 um 45% gesenkt haben. Bis dahin sind es nur noch sieben Jahre.

„Der Klimawandel ist kein potenzielles Risiko mehr, er ist eine Gewissheit“, sagte Annie Chor Joyce, Head of ESG bei Amundi US, kürzlich auf einer ESG-Konferenz von Reuters. Für Anleger wird der weltweite Schritt zur Reduzierung von CO2 zahlreiche Risiken und Chancen schaffen.

„Es ist wichtig, dass die Aussagen der COP27 die von COP26 erneut bestätigen, und kein Rückfall sind“, sagt Ian Simm, Geschäftsführer von Impax Asset Management.

Der letztjährige Gipfel führte zu Vereinbarungen zur Reduzierung von Kohlekraftwerken und Methanemissionen, zur Eindämmung der Entwaldung und zur Finanzierung von Bemühungen der Entwicklungsländer zur Bekämpfung der globalen Erwärmung.

„Es war ein Erfolg wegen der Dynamik, die es um das Erreichen von Netto-Null bis 2050 geschaffen hat“, sagt Hortense Bioy, Global Director of Sustainability Research bei Morningstar.

Dieses Momentum wird in diesem Jahr schwieriger als gewöhnlich zu erreichen sein. Der Krieg Russland in der Ukraine verursachte Lebensmittel- und Energieknappheit, die die Preise für fossile Brennstoffe in die Höhe schnellen ließen. Solche Komplikationen könnten ein Grund dafür sein, dass sich eine Reihe wichtiger Führungskräfte gegen die Teilnahme an dem Gipfel entschieden haben , darunter BlackRock-CEO Larry Fink und Citigroup-CEO Jane Fraser.

„Meine Bedenken im Zusammenhang mit der COP27 sind, dass sich viele CEOs von Banken und Vermögensverwaltern zurückgezogen haben“, sagt Anya Solovieva, Global Commercial Lead für Klimalösungen bei Morningstar Sustainalytics.

Schwerpunkte bei der COP27:

  • Hoffnungen auf politischen Fortschritt sind lau

Die Unterzeichner der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ), einer Gruppe führender Finanzinstitute, die sich der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft verschrieben haben, haben erklärt, dass ihre Verpflichtungen von staatlichen Maßnahmen zur Einführung politischer Änderungen abhängig sind. „Wenn die Regierungen nicht liefern, werden die GFANZ-Unterzeichner auch nicht liefern“, sagt Bioy. Und Thomas Kuh, globaler Leiter der ESG-Strategie für Morningstar-Indizes, stellt fest, dass Pensionsfonds auf der ganzen Welt darauf drängen, den Klimawandel anzugehen , teilweise durch ESG-Daten, -Tools und -Anlagepraktiken. „Asset Owner suchen nach einer Reihe wichtiger Akteure im gesamten ESG-Ökosystem, um Veränderungen voranzutreiben“, so Kuh.

  • Klimagerechtigkeit ist jetzt Mainstream

Entwicklungsländer wollen ein Abkommen über finanzielle Hilfen für klimabedingte Verluste und Schäden. Auf der letztjährigen COP in Glasgow einigten sich reiche Nationen darauf, einen „Dialog“ zu diesem Thema aufzunehmen. Da in diesem Jahr eine afrikanische Nation die COP27 ausrichtet, wird deutlicher betont, warum es im Interesse der Investoren ist, sich auf Klimagerechtigkeit zu konzentrieren, sagt Elizabeth Small, Leiterin der Politik von CDP North America, einer gemeinnützigen Organisation, die ein globales Offenlegungssystem für Umwelteinflüsse organisiert.

Jacqueline Novogratz, CEO von Acumen, einem globalen Risikokapitalfonds, der sich mit globaler Armut befasst, fügt hinzu: „Unsere Erwartung Nr. 1 ist es, die Armen in die Klimadiskussion einzubeziehen. Zu viele dieser Gespräche lassen die Armen völlig aus.“

  • Keine Klimagerechtigkeit ohne Biodiversitätsgerechtigkeit

Biodiversität ist eng mit Klimagerechtigkeit verbunden. Am 7. Dezember veranstaltet die UNO eine Biodiversitätskonferenz in Montreal. Biodiversität ist von entscheidender Bedeutung, weil die Wirtschaftstätigkeit so stark von der Natur abhängt: Die Welt lebt von Reis, Mais und Weizen. „Das ist eine enorme Abhängigkeit von einer relativ schmalen Basis, die widerstandsfähig gegen Schädlinge ist“, sagt Simm. „Es liegt in unserem unmittelbaren Interesse, dass Biodiversität in der Nahrungs- und Landwirtschaftskette vorhanden ist.“

  • Die Wasser- und Holzkrise wird nicht einfach verschwinden

Wasser und Entwaldung gehörten zu den Schlüsselthemen des letztjährigen Gipfels. Carole Laible, CEO von Domini Impact Investments, sagt: „Ich persönlich würde mir wünschen, dass in unberührten Wäldern keine Straßen mehr gebaut werden.“

Was das alles für Investoren bedeutet

All diese Überlegungen schaffen eine Reihe von Risiken und Chancen für Anleger. „Das gesamte Projekt der Dekarbonisierung ist die größte beabsichtigte Umgestaltung der Wirtschaft“, sagte Paul Bodnar, Global Head of Sustainable Investing bei BlackRock, kürzlich auf einer Konferenz.

In einem Interview mit Morningstar stellt Deirdre Cooper, die den Vanguard Global Environmental Fund VEOIX verwaltet, fest, dass die Welt derzeit mehr als 600 Milliarden US-Dollar pro Jahr in die Klimafinanzierung investiert. „Wenn wir zu einem Netto-Null-Szenario übergehen, muss diese Zahl 4 bis 6 Billionen US-Dollar betragen.“

Tatsächlich hat der Russland-Ukraine-Konflikt die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit der Energieeffizienz gelenkt. "Es ist ein starkes Signal an alle, Energie zu sparen. Die Möglichkeiten zur Energieeffizienz waren noch nie so gut", sagt Simm.

Der US Inflation Reduction Act von 2022 sieht beispielsweise Steuergutschriften für US-Unternehmen in den Bereichen erneuerbare Energien, Elektroautos und Energieeffizienz vor. Das hilft beim Mainstreaming dessen, was einst als alternative Energie bezeichnet wurde. Das neue Gesetz „setzt uns in die Lage, kostengünstige, gut sichtbare Energiesysteme zu liefern, die zu einer Renaissance der Fertigung beitragen werden“, sagt Cooper von Vanguard.

Und die Analysten von Morningstar helfen Ihnen dabei, die Risiken und Chancen des Klimawandels zu verstehen. Jon Hale, Director of Sustainability Research bei Morningstar, hat kürzlich eine Liste von 5 Fonds und ETFs vorgelegt, die vom Inflation Reduction Act profitieren könnten.

Bioy stellt auch fest, dass Fonds, die Klima-Benchmarks verfolgen, ein außerordentliches Wachstum erfahren haben und bestehende konventionelle und nachhaltige Fonds in vollwertige Klimafonds umgewandelt werden. Eine Möglichkeit, sicherzustellen, dass Ihr Fonds den Klimawandel angeht, sind die neuen Impact-Metriken von Morningstar.

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sowie in unserer Themen-Seite "Nachhaltiges Investieren"

 

Für Journalisten 

hat Morningstar eine Seite zur COP27 eingerichtet (auf Englisch) 

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Über den Autor

Leslie Norton  ist bei Morningstar Editorial Director für Nachhaltigkeit