Finanzmärkte unterschätzen laut SGKB-Ökonom Zinsentwicklung

Zürich (awp) - Die Finanzmärkte gehen derzeit gemäss den Kapitalmarktzinsen davon aus, dass die Notenbanken nicht mehr sehr stark an der Zinsschraube drehen werden. Laut Thomas Stucki, Chief Investment Officer der St. Galler Kantonalbank (SGKB) und Nationalbankexperte, liegen sie damit falsch.

awp 24.11.2022
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Inflation"Der Markt unterschätzt die Hartnäckigkeit der Inflation", sagte Stucki am Donnerstag an einem Medienanlass. Es werde Monate dauern, bis die die sinkenden Rohstoffpreise bei den Konsumentenpreisen ankämen. Zudem würden viele Unternehmen derzeit versuchen, die Preise zu erhöhen. Und es drohten in Europa und den USA Lohn-Preis-Spiralen.

"Die Geldpolitik wird daher bis Mitte 2023 noch restriktiver", prognostiziert Stucki. Und Zinssenkungen, wie sie mache Marktteilnehmer erhoffen, sieht er bis Ende 2023 keine - weder in den USA, noch in der Eurozone oder der Schweiz.

Grosser Zinsschritt im Dezember


Konkret erwartet Stucki für die Schweiz, dass die SNB den Leitzins im Dezember um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent anheben wird. Und bis Mitte 2023 sei mit weiteren Anhebungen auf 2 Prozent zu rechnen. Eine erste Senkung sei erst gegen Ende 2024 zu erwarten.

Die SNB habe wegen der ansonsten hohen Zinsdifferenz zur Eurozone gar keine Wahl, als ebenfalls an der Zinsschraube zu drehen, so Stucki. Darüber sei sie wohl aber nicht unglücklich. "Sie kann sich damit ein Polster für schlechtere Zeiten schaffen, denn Negativzinsen will sie bestimmt nicht mehr."

Hoffnungsschimmer für Aktienmarkt


Für die Aktienmärkte könnte wiederum die Hoffnungen auf sinkende Zinsen, wie dies im Verlauf des Jahres 2023 der Fall sein dürfte, ein positiver Impulsgeber sein.

Stucki glaubt denn auch an ein Comeback der Aktien im nächsten Jahr. Wann es wieder aufwärts gehe, sei aber schwierig abzuschätzen. Es werde aber wohl eher im ersten als im zweiten Semester der Fall sein.

Voraussetzungen dafür seien neben der Aussicht auf nicht mehr weiter steigende Zinsen eine nachlassende Teuerung, positivere Ausblicke der Unternehmen und höhere Gewinnschätzungen der Analysten.

Tendenziell empfiehlt die SGKB, dann eher auf die nicht mehr so hoch bewerteten Mid- und Small-Caps zu setzen. Bei den Sektoren stünden eher defensive im Vordergrund. Auch der Finanzsektor, abgesehen der Banken, sei eine Überlegung wert. Und auf den Radar gehörten bald auch erste Zykliker, etwa Grundstoffanbieter wie Sika oder Givaudan.

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