‚Wir meiden zyklische Branchen.’

Der Comgest Growth Asia ex Japan wurde vor etwa einem Jahr aufgelegt. Auf eine längere Historie kann der nach gleichem Muster gemanagte und in Frankreich vertriebene CG Nouvelle Asie zurückblicken. Wir sprachen mit dem Fondsmanager Chakara Sisowath über die asiatischen Aktienmärkte.

Natalia Wolfstetter 01.08.2007
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Wird es wesentliche Unterschieden zwischen den beiden Fonds geben?

Nein. Für die Aktienauswahl setzen wir bei Comgest auf einen Teamansatz. Unser Asien-Team hat 10 Mitglieder, die eine Empfehlungsliste mit Aktien zusammenstellen. Jeder Fondsmanager wählt Titel aus dieser Liste aus und entscheidet über deren konkrete Gewichtung. Wir müssen uns also im Team darauf einigen, welche Unternehmen wir kaufen wollen. Werte, die nicht auf der Liste stehen, kommen nicht in Frage.

Worauf kommt es Ihnen besonders an, wenn Sie ein Unternehmen fürs Portfolio auswählen?
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br> Wir suchen nach Unternehmen, die in gewisser Weise einzigartig sind, sei es in Bezug auf ihre Produkte, Dienstleistungen, den Markennamen oder die eingesetzte Technologie. Es sollte sich um etwas handeln, was andere nicht haben. Diese Unternehmen sind oft in Branchen mit hohen Markteintrittsbarrieren tätig. D.h. es sollte für Wettbewerber sehr schwierig sein, mit diesen Unternehmen gleichzuziehen.

Wir suchen nach gut prognostizierbarem, nachhaltigem Gewinnwachstum. Unsere Gewinnmodelle beruhen auf einem Horizont von 5 Jahren. Wenn die Daten positiv sind, lassen wir Aktien auch länger im Portfolio. Manche halten wir seit 7-8 Jahren.

Wie relevant ist dann die Benchmark, der MSCI AC Asia ex Japan?

Die Benchmark spielt für die Aktienauswahl keine Rolle. Sie dient vor allem als Vergleichsmaßstab. Wir achten nicht auf die Länder- oder Branchengewichtungen im Index. Manchen Branchen bleiben bei uns außen vor. Wir investieren fast nie in Banken, Immobilienaktien, Fluglinien, Schiffs- oder Bergbau. Dies liegt daran, dass die zukünftige Entwicklung zyklischer Unternehmen schwer einzuschätzen ist. Und Unternehmen mit Massenprodukten haben nicht die Alleinstellungsmerkmale, die sie vor dem Wettbewerb abschirmen.

Gibt es Beschränkungen mit Blick auf die Marktkapitalisierung?

In Asien versuchen wir, Unternehmen mit einem Börsenwert unter 1 Mrd. US-Dollar Marktkapitalisierung zu meiden. Dabei betrachten wir den tatsächlich gehandelten Börsenwert. Dieser ist entsprechend geringer, wenn zum Beispiel die Gründerfamilie eines Unternehmens viele der Aktien hält und diese nie handelt.

Das Portfolio war in den letzten Jahren zunehmend in großkapitalisierten Unternehmen investiert?

Ja, das stimmt. Wir haben in letzter Zeit verstärkt in Telekomwerte und Versorger investiert, und diese gehören nach Marktkapitalisierung zu den größten Unternehmen in Asien (ohne Japan). Mid Caps sind zudem teilweise zu teuer geworden. Ein weiterer Grund liegt in der rückläufigen Risikoneigung an den Märkten. In einem volatileren Umfeld behaupten sich Standardwerte tendenziell besser.

Welche Branchen sind im Portfolio besonders vertreten?

Wir mögen Telekomwerte, z.B. China Mobile, den größten Mobilfunkanbieter in China. Dort ist die Abdeckung mit Mobiltelefonen noch relativ niedrig. China Mobile gewinnt weiterhin Kunden hinzu und operiert in einer Branche mit hohen Eintrittsbarrieren. In China gibt es nur zwei große Mobilfunkanbieter, während in den USA oder Europa der Wettbewerb viel intensiver ist. In Asien dagegen gilt Telekommunikation generell als strategischer Bereich. Der Aufbau der Netzwerke hat Priorität. In Europa oder den USA liegt die Abdeckung dagegen bei fast 100%. Hier geht es nicht mehr um die Versorgung per se, sondern um möglichst geringe Kosten. Die Regulierungsbehörden sind daher daran interessiert, für mehr Wettbewerb zu sorgen, um niedrigere Kosten zu erreichen. In Asien achten sie eher darauf, die Konkurrenz in Grenzen zu halten, damit die Unternehmen genug verdienen, um die Versorgung ausbauen zu können.

Könnte China Mobile in Zukunft nicht mehr Konkurrenz von den chinesischen Festnetzanbietern bekommen, sobald die Regierung sich zu einer Umstrukturierung des Telekommarktes entschließt?

Ja, das ist möglich. Dennoch glauben wir, dass China Mobile als Marktführer einen großen Vorsprung vor der Konkurrenz hat. Das Unternehmen hat eine starke Stellung in wichtigen chinesischen Provinzen und der Gesamtmarkt, den es zu verteilen gibt, wächst weiter.

Im Portfolio ist die Gewichtung an Finanzwerten vergleichsweise niedrig. Sie sprachen davon, keine Banken zu halten. Einer der größten Werte im Fonds ist der koreanische Versicherer Samsung Fire & Marine. Warum Versicherer ja, Banken nicht?

Es ist aufgrund fehlender Informationen über Kreditportfolios, notleidende Kredite und Abschreibungsbedarf sehr schwierig, die Gewinnentwicklung von Banken einzuschätzen. Viele Banken haben zudem einen großen Eigenhandel, so dass es schwierig ist, auf Sicht von 5 Jahren zu einer vernünftigen Bewertung zu kommen.

Dennoch investieren wir in Finanzdienstleister, z.B. Kreditkartenunternehmen, mit denen man auf wachsende Konsumausgaben setzen kann. Daneben mögen wir Versicherer. Wir beobachten in Asien eine wachsende Mittelschicht, die nun auch vermehrt Versicherungen und andere Finanzdienstleistungen nachfragt. Samsung Fire & Marine ist der größte Sachversicherer in Korea, dem Land mit der breitesten Mittelschicht in der Region. Das Unternehmen verfügt über 30.000 Vermittler, wodurch die Markteintrittsbarrieren für andere Wettbewerber sehr hoch sind. Zudem stehen auf dem koreanischen Markt einige Deregulierungsmaßnahmen an, die den Markt für Lebensversicherungen auch für Sachversicherer öffnen werden und umgekehrt. Wir glauben, dass Samsung Fire & Marine dafür gut positioniert ist, da es bereits über Erfahrungen mit ähnlichen Versicherungsprodukten verfügt. Zudem wird das Cross-Selling von Finanzprodukten erleichtert werden. Dies begünstigt natürlich die Anbieter mit den größten Vertriebsnetzwerken am meisten.

Wo werden Sie sonst noch fündig?

Wir halten einige Werte aus dem Technologiebereich, die wir aber eher als verarbeitende Industrie bezeichnen würden. Intellectual Property (geistiges Eigentum) ist zwar nicht die Stärke vieler asiatischer Technologiekonzerne, sie sind aber sehr gut in der Fertigung.

Aus dem Energiebereich ist China Oilfield Services unter den größeren Positionen vertreten, eine Ausnahme von unserer Regel, das Thema „Rohstoffe“ zu meiden. Wir glauben aber, dass dieses Unternehmen weniger an den Ölpreisen hängt als an den Explorationsbudgets der Ölkonzerne. Diese sind deutlich gestiegen. China Oilfield bietet Dienstleistungen im Bereich der Exploration, Förderung und des Transports von Öl an.

Ein weiterer größerer Wert im Portfolio ist Resorts World aus Malaysien. Das Land wird gut geführt, profitiert von steigenden Preisen für Rohstoffe (Palmöl) und die Währung ist unserer Meinung nach unterbewertet. Resorts World betreibt Hotel- und Freizeitanlagen - auch dies ein Unternehmen, das von steigenden Einkommen in Asien profitiert.

Vor 10 Jahren brach die Asienkrise aus. Halten Sie es für möglich, dass sich eine solche Krise wiederholt, wenn auch vielleicht nicht in den gleichen Ländern?

Nein, davon gehe ich nicht aus. Die Krisenländer hatten damals mit hohen Zahlungsbilanzdefiziten zu kämpfen, die Fremdwährungsreserven waren niedrig, viele Unternehmen waren im Ausland hoch verschuldet. Als dann die Wechselkurse einbrachen, konnten diese Unternehmen ihre Schulden nicht mehr bedienen. Mittlerweile ist es aber so, dass die meisten asiatischen Länder Zahlungsbilanzüberschüsse und hohe Währungsreserven aufweisen. Die Unternehmen selbst haben Restrukturierungen hinter sich, sie sind weniger verschuldet und haben sich zunehmend auf ihre Kerngeschäftsbereiche besonnen. Ein gutes Beispiel ist Korea. Dort hatten die Unternehmen 1997 eine Quote von Fremdkapital zu Eigenkapital von 400%. Diese ist auf 120-150% gesunken. Die Eigenkapitalrentabilität ist gestiegen.

Das heißt nicht, dass die Märkte nicht stark schwanken können. Größere Probleme in den USA (z.B. eine Subprime-Krise) würden nicht spurlos an den regionalen Märkten vorbeigehen. Aber dies sollte nicht von Dauer sein. Die US-Nachfrage ist zwar weiterhin sehr wichtig für Asien, aber die Binnenkonjunktur, der Handel innerhalb der Region und mit den anderen Schwellenmärkten gewinnen immer mehr an Bedeutung.

In China ist die Rede von einer Aktienmarktblase. Welche Auswirkungen könnte ein Platzen der Blase auf die anderen asiatischen Börsen haben?

Tatsächlich sieht es an den chinesischen Inlandsmärkten (A-Aktien) nach einer Überhitzung aus. Allerdings haben fast nur einheimische Anleger Zugang zu A-Aktien. Ausländer halten nur 1-2%. Daher würde es im Fall einer Korrektur für ausländische Investoren nicht zu hohen Verlusten kommen, die sie zu Verkäufen an anderen asiatischen Märkten veranlassen könnten.

Es gibt andere Risiken in China (feste Wechselkurse, geringe Zinsen auf Sparguthaben, der Investitionsboom und die Schwächen im Finanzsystem). Doch da die Regierung die Zinsen, Wechselkurse und das Finanzsystem kontrolliert, kann sie im Fall einer Krise schnell handeln, um den Schaden zu begrenzen. Da Kapitalkontrollen bestehen und der Renminbi nicht frei konvertierbar ist, kann es auch nicht zu einer von internationalen Investoren ausgelösten Krise wie 1997/98 kommen. Falls es in China zu einer Krise kommt, würden sich die Auswirkungen auf andere asiatische Märkte, zumindest kurzfristig, in Grenzen halten.

Der Vergleichsindex ist für ihre Aktienauswahl weniger wichtig. Könnten Sie dennoch erklären, warum der Originalfonds (CG Nouvelle Asie) teilweise hinter seinem Vergleichsindex liegt (z.B. 2004/2005), ihn in anderen Jahren aber deutlich übertrifft (z.B. 2006)?

Unsere Fonds liegen generell hinter der Benchmark, wenn die Märkte stark steigen. Wir bevorzugen Unternehmen hoher Qualität mit stabilen Gewinnen. In Aufschwungphasen sind aber vor allem die risikoreicheren High-Beta-Werte gefragt. In Seitwärtsbewegungen oder schwierigen Märkten schneiden wir besser ab, da Investoren in einem solchen Marktumfeld stärker auf Qualität achten. Auf lange Sicht zahlt sich diese Strategie aus.

Danke für das Gespräch.

Dieses Interview erschien ursprünglich in der Zeitschrift Going Public.

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Über den Autor

Natalia Wolfstetter  ist Director Fund Analysis bei Morningstar