Lehman, Merrill, AIG und der Staat

Nach den Turbulenzen um Lehman, Merrill und AIG kommt nun der Staat als letzte Rettung. Welche Fonds hatten diese Aktien im Gepäck?

Simon Nöth 19.09.2008
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Die Finanzmarktkrise nimmt kein Ende. Das hatte man zumindest noch Anfang der Woche geglaubt. Nach der Verstaatlichung von Fannie Mae und Freddie Mac vor zwei Wochen hatten Anleger auf eine Beruhigung der Märkte gehofft. Die neuen Hiobsbotschaften um Lehman Brothers, Merrill Lynch und American International Group (AIG) zerstörten erst einmal die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Finanzkrise. Merrill Lynch verkaufte sich selbst für 50 Mrd. US-Dollar an die Bank of America und der ehemals weltweit größte Versicherungskonzern AIG geht zu 80% an den Staat, um im Gegenzug einen dringend benötigten Kredit von 85 Mrd. US-Dollar zu bekommen. Die Ereignisse schienen sich zu überschla

gen, als berichtet wurde Morgan Stanley befände sich mit Wachovia und der China Investment Corporation in Verhandlungen. Obwohl Morgan Stanley nach eigenen Angaben über genügend Eigenkapital und Liquidität verfüge, würde man mit diesem Schritt den „Short-Sellern“ vorbeugen und damit eine möglichen Abwärtsspirale zu verhindern.

Die Auswüchse und der Staat

Die Finanzkrise selbst führt zu seltsamen Auswüchsen. Die Stammaktien von Volkswagen notierten zu Beginn der Woche teilweise um 200 Euro und sind bis dato um 35% gestiegen. Der Grund liegt nicht nur am verringerten Free Float durch die Aktivitäten von Porsche. Lehman Brothers hat auf fallende Kurse des Wolfsburger Autokonzerns gesetzt. Durch das „Short Selling“ wurden Aktien verkauft, die sie noch gar nicht besessen hatten. Lehman Brothers musste, um die Verluste zu begrenzen, die Positionen glatt stellen und deshalb VW-Stämme kaufen. Die Umsätze waren in den vergangenen Tagen fast fünfmal so hoch wie in den Wochen zuvor.

Die Auswirkungen der Finanzkrise mit der Wall Street als Epizentrum spürten Anleger überall auf dem Globus. Innerhalb einer Woche verloren alle bedeutenden Indizes wie der S&P 500, der DJ 600 und der DJ Global Titans beträchtlich an Wert. Die Kurse an der russischen Börse, die noch im Frühjahr der Finanzmarktkrise zu trotzen schien, gaben wegen der Korrektur am Rohstoffmarkt und der politischen Unsicherheit in den letzten Wochen überproportional nach. Der Handel wurde an der russischen Börse über die letzten Tage bis heute ausgesetzt.

In Großbritannien und den USA griffen die Aufsichtsbehörden der Börsen ein. In England ist das „Short Selling“ auf Finanzinstitute bis Ende des Jahres untersagt, während Spekulanten in den USA bis Oktober die Aktien von Finanzinstitute nicht mehr „Leerverkaufen“ dürfen. Die Wiedergeburt der internationalen Börsen wurde jedoch von dem Vorhaben der US-Regierung ausgelöst, die unverkäuflichen Vermögenswerte aus den Bilanzen der Finanzinstitute in eine eigens dafür geschaffene Gesellschaft zu bündeln.

Die Aktien von Lehmen Brothers, AIG und Merrill Lynch sind im Vergleich zum Vormonat um 99%, 87% und 9% eingebrochen. Auch Morgan Stanley oder Washington Mutual, deren Zukunft noch in den Sternen steht, verloren binnen eines Monats 41% und 27% an Wert. Die Kursverluste wären ohne das Vorhaben von Finanzminister Henry Paulson und des Zentralbank Vorsitzenden Ben Bernanke weitaus schärfer ausgefallen.

Lehman, AIG und Merrill in den Fonds

Der Versicherungskonzern AIG galt als einer der Big Player der globalen Wirtschaft. Entsprechend war er auch noch vor eineinhalb Jahren in den wichtigen Indizes vertreten. Im DJ Global Titans 50 kam er damals auf 2,1%, während per Ende August nur noch 0,75% des Portfolios ausmachte. Auch im DJ Industrial Average, dem bekanntesten Index, war er im Frühjahr 2007 noch mit 3,6% vertreten, während er vor Ende August noch 1,52% stellte.

Die Aktien der beiden ehemals selbständigen Investmentbanken und des einst weltgrößten Versicherungskonzern finden sich deshalb auch in diversen Portfolios wieder. Ganz vorne stehen Sektorfonds mit Schwerpunkt Finanzwerte. Danach folgen US-Standardwerte Fonds und auch in global anlegenden Fonds finden sich die drei Aktien wieder.

Schwerpunkt Aktien Finanzen:

Bei den in Deutschland zugelassen Fonds führt der Davis Financial Fund die Liste an. Ende Juni war er mit 7,3% in AIG und Merrill zusammen investiert. In den letzten drei Monaten verlor der Fonds 12%.

Danach folgt der Sektorfonds BlackRock World Financials , der in AIG und Lehmann noch Ende April mit 4,5% engagiert war. Im letzten Monat verlor der Fonds 10% an Wert.

Schwerpunkt Aktien USA:

Für Fonds mit Schwerpunkt US-Aktien, liegt der BAWAG P.S.K. Amerika Blue Chip Stock ganz vorne. Per Ende Juni belief sich der Anteil von den drei Titeln auf zusammen 7,6%. Die Aktie von Merrill Lynch war Ende August noch mit 4,4% gewichtet.

An zweiter Stelle folgt der Legg Mason US Large Cap Growth . Auch in diesem Portfolio kamen die drei Finanzaktien Ende Juni auf 6,4%. Innerhalb der letzten Woche verlor das Portfolio 7% an Wert während seine Kategorie Aktien US Standardwerte Growth 6% einbüßte. Neben den eben genannten Fonds, sind auch weitere US-Fonds von Legg Mason in den Titel bis mindestens Ende Juni engagiert gewesen.

Schwerpunkt Aktien Global:

Ebenso wurden die Aktien in globale Portfolios gekauft. Der AB Global Growth Trend veranlagte die drei Finanzwerte Ende Juli noch mit 3% am Portfolio. Im letzten Monat verlor der Fonds 11% an Wert, wohingegen die Vergleichsfonds Globale Standardwerte Growth um 9% nachgeben. Am gestrigen Donnerstag gewann der Fonds allerdings 4% an einem Tag.

Im Raiffeisen Global Fundamental Aktie hatten die drei Titel Ende Juli noch zusammen ein Gewicht von 2,9%. Die Performance des Raiffeisen-Fonds bleibt für den vergangenen Monat mit -12,5% stark hinter der Kategorie Globale Standardwerte Value mit -8,1% zurück.



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Über den Autor

Simon Nöth  ist Fondsanalyst bei Mornigstar