Der Unterschied zwischen der annualisierten und der durchschnittlichen Rendite

Die annualisierte Rendite zeigt, wie schwer es ist, Verluste wieder wettzumachen.

Karen Wallace 26.09.2011
Facebook Twitter LinkedIn

Frage: Die langfristen Renditen werden von Morningstar als ‚annualisierte‘ Renditen dargestellt. Ist die annualisierte Rendite dasselbe wie die durchschnittliche Rendite?

Antwort: Die kurze Antwort lautet ja. Doch handelt es sich hier um eine bestimmte Art des Durchschnitts, bei der die Art der Berechnung eine wesentliche Rolle spielt.

Ein einfaches Beispiel soll dies verdeutlichen. Ein Investor legt 1000 EUR per 1. Jan. 2008 in einen Fonds an. Nehmen wir an, der Fonds verlor in diesem Jahr 37%. Dann erholten sich die Märkte und der Fonds erzielte eine Rendite von 26,5% im Jahr 2009. 2010 verlief ebenfalls recht gut und der Fonds konnte eine Rendite von fast 15% erzielen. Wie hoch ist die annualisierte Rendite in diesen drei Jahren? Und vor allem: Ist die Fondsanlage mehr wert als vor drei Jahren?

Man mag versucht sein, die drei Renditen zu addieren und dann durch drei zu teilen, um die durchschnittliche annualisierte Rendite zu ermitteln (-37%+26,5%+15%/3). Das ergäbe eine durchschnittliche Rendite von 1,5%. Nimmt man 1000 EUR und 1,5% pro Jahr, ergibt sich ein Wert von 1046 EUR. Das ist nicht umwerfend, aber akzeptabel. Dennoch zeigt der Depotauszug des Investors per Ende 2010 einen Depotwert von 920 EUR an. Also 80 EUR weniger, als der Investor ursprünglich angelegt hat. Wie erklärt sich das?

Das einfache arithmetische Mittel (Durchschnitt) ist zur Kalkulation von Investmentrenditen nicht geeignet. Für eine einfache Zahlenreihe funktioniert der einfache Durchschnitt sehr gut, solange die Zahlen unabhängig voneinander sind. Als Beispiel diene ein Investmentteam, das aus drei Spezialisten besteht. Der Portfoliomanager verwaltet einen Fonds seit 30 Jahren. Er wird von zwei Analysten unterstützt, die sieben bzw. acht Jahre Erfahrung haben. Das Team kann auf eine durchschnittliche Erfahrung von 15 Jahren verweisen, was dem arithmetischen Durchschnitt der drei Personen entspricht.

Für die Kalkulation von Investmentrenditen muss man das geometrische Mittel verwenden, da die Renditen in Zusammenhang stehen.

Für das oben genannte Beispiel ergibt sich Folgendes: Im Jahr 2008 verlor der Fonds 37%. Von den ursprünglichen 1000 EUR sind nur noch 630 EUR übrig. 2009 war ein gutes Jahr und der Fonds erzielte eine Rendite von 26,5%. Bezogen auf 630 EUR ergibt dies einen Wert von 795,95 EUR per 31.12.2009. Dann gewann der Fonds weitere 15% im Jahr 2010. Bezogen auf 795,95 EUR ergeben das rund 920 EUR per Ende 2010. Die annualisierte Rendite über drei Jahre fällt mit -2,86% weniger erfreulich, dafür aber akkurater, aus.

Um das geometrische Mittel eines Investments zu berechnen, addiert man eine eins zu allen Renditen hinzu, um positive Werte zu erhalten, also 1+(- 0,37)= 0,63 für das Jahr 2008, 1+0,265 = 1,265 für das Jahr 2009 und 1+0,15 = 1,15 für das Jahr 2010. Dann multipliziert man diese Werte und nimmt die N-te Wurzel aus dem Produkt aus n Zahlen (N=Anzahl der Jahre, für die die Annualisierung erfolgen soll). Für das Beispiel ergibt sich zur Kalkulation des geometrischen Mittels folgende Formel: (0,63 * 1,265 * 1,15) potenziert mit 1/3 – 1.

Das Beispiel zeigt Folgendes: Verliert ein Investment die Hälfte an Wert, muss es sich verdoppeln, um seinen ursprünglichen Betrag wiederzuerlangen. Verluste sind daher sehr gefährlich. Deshalb bezieht das Morningstar Rating für Investmentfonds das von uns entwickelte Risk Rating mit ein. Letzteres berücksichtigt Schwankungen nach unten stärker als Schwankungen nach oben. Es basiert auf der Erwartungsnutzentheorie, die besagt, dass Investoren bereit sind, auf einen Teil ihrer potentiellen Gewinne verzichten, um potentielle Verluste zu begrenzen.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Karen Wallace  Karen Wallace is an editor with Morningstar.